Manchmal geht die Geschichte seltsame Wege. In den letzten Kriegstagen des Frühjahres 1945 soll der Unteroffizier Rudolf Steuer die für den Vormarsch der amerikanischen Truppen strategisch wichtige Schloßbrücke sprengen.
Er kommt diesem Befehl seiner militärischen Vorgesetzten nicht nach und entgeht nur knapp dem Kriegsgericht. Die Stadt dankt es Steuer, in dem sie ihm nach dem Krieg beim Wiederaufbau seines Hauses hilft.
Fast 15 Jahre später wird die Schloßbrücke in zwei Etappen am 21. und am 28. Februar 1960 dann doch gesprengt. Warum? Weil das von 1909 bis 1911 errichtete Bauwerk, das seiner Zeit an die Stelle der 1844 erbauten Kettenbrücke getreten war, den modernen Verkehrsströmen nicht mehr gewachsen ist. An zwei aufeinander folgenden Sonntagen lässt Sprengmeister Bohnenkamp, jeweils um kurz nach neun Uhr, sein Signalhorn ertönen und legt den Schalter um. Er muss Präzisionsarbeit leisten, damit die Detonation von vier Zentnern Sprengstoff im Zentrum der Stadt nicht zu einem Desaster wird. Vom Stadtbad aus dokumentieren Pressefotografen und Kameraleute seine heikle Mission. Hinter den Sicherheitsabsperrungen der Polizei drängen sich viele Schaulustige, die ebenfalls mit ihrer Fotoapparat ein Bild von diesem denkwürdigen und unheimlichen Ereignis mit nach Hause nehmen wollen. Bohnenkamp bewältigt seine schwierige Aufgabe im Fokus der Öffentlichkeit und kann anschließend zahlreiche Glückwünsche entgegennehmen, weil er seinen Sprengstoff für die Brücke auf mehr als 2100 Sprenglöcher verteilt, die mit einer Zeitverzögerung von jeweils einer einunddreißigstel Sekunde nacheinander detonieren. So wird eine Explosion mit einer verheerenden Druckwelle vermieden. Stattdessen versinken die Steinmassen der alten Schloßbrücke in der Ruhr und sorgen für enormen Wellengang. Nach den beiden Sprengungen müssen Baggerschiffe Tage lang Schutt aus der Ruhr holen. Doch die Sprengtechnik hat sich bewährt. Bei beiden Teilsprengungen kommt niemand zu Schaden. Auch Fenster zerbersten in der 300 Meter großen Sperrzone nicht. Nur in einem nahe gelegenen Schaufenster wird nach der Detonation ein Sprung festgestellt.
Die ausgesprochen vorsichtige Sprengtechnik ist besonders wichtig, da neben der alten bereits die neue Schloßbrücke Formen angenommen hat. Sie wird seit Dezember 1959 für den Verkehr genutzt. Nach der Sprengung der alten Schloßbrücke müssen auch deren Pfeiler schrittweise durch kleinere Sprengungen beseitigt werden. Erst nach der Schaffung neuer Brückenfundamente kann die neue Schloßbrücke im September 1960 auf ihre endgültige Position „geschoben“ und anschließend wieder für den Verkehr in beide Fahrtrichtungen freigegeben werden.
Dieser Text erschien am 21. Februar 2010 in der NRZ
Er kommt diesem Befehl seiner militärischen Vorgesetzten nicht nach und entgeht nur knapp dem Kriegsgericht. Die Stadt dankt es Steuer, in dem sie ihm nach dem Krieg beim Wiederaufbau seines Hauses hilft.
Fast 15 Jahre später wird die Schloßbrücke in zwei Etappen am 21. und am 28. Februar 1960 dann doch gesprengt. Warum? Weil das von 1909 bis 1911 errichtete Bauwerk, das seiner Zeit an die Stelle der 1844 erbauten Kettenbrücke getreten war, den modernen Verkehrsströmen nicht mehr gewachsen ist. An zwei aufeinander folgenden Sonntagen lässt Sprengmeister Bohnenkamp, jeweils um kurz nach neun Uhr, sein Signalhorn ertönen und legt den Schalter um. Er muss Präzisionsarbeit leisten, damit die Detonation von vier Zentnern Sprengstoff im Zentrum der Stadt nicht zu einem Desaster wird. Vom Stadtbad aus dokumentieren Pressefotografen und Kameraleute seine heikle Mission. Hinter den Sicherheitsabsperrungen der Polizei drängen sich viele Schaulustige, die ebenfalls mit ihrer Fotoapparat ein Bild von diesem denkwürdigen und unheimlichen Ereignis mit nach Hause nehmen wollen. Bohnenkamp bewältigt seine schwierige Aufgabe im Fokus der Öffentlichkeit und kann anschließend zahlreiche Glückwünsche entgegennehmen, weil er seinen Sprengstoff für die Brücke auf mehr als 2100 Sprenglöcher verteilt, die mit einer Zeitverzögerung von jeweils einer einunddreißigstel Sekunde nacheinander detonieren. So wird eine Explosion mit einer verheerenden Druckwelle vermieden. Stattdessen versinken die Steinmassen der alten Schloßbrücke in der Ruhr und sorgen für enormen Wellengang. Nach den beiden Sprengungen müssen Baggerschiffe Tage lang Schutt aus der Ruhr holen. Doch die Sprengtechnik hat sich bewährt. Bei beiden Teilsprengungen kommt niemand zu Schaden. Auch Fenster zerbersten in der 300 Meter großen Sperrzone nicht. Nur in einem nahe gelegenen Schaufenster wird nach der Detonation ein Sprung festgestellt.
Die ausgesprochen vorsichtige Sprengtechnik ist besonders wichtig, da neben der alten bereits die neue Schloßbrücke Formen angenommen hat. Sie wird seit Dezember 1959 für den Verkehr genutzt. Nach der Sprengung der alten Schloßbrücke müssen auch deren Pfeiler schrittweise durch kleinere Sprengungen beseitigt werden. Erst nach der Schaffung neuer Brückenfundamente kann die neue Schloßbrücke im September 1960 auf ihre endgültige Position „geschoben“ und anschließend wieder für den Verkehr in beide Fahrtrichtungen freigegeben werden.
Dieser Text erschien am 21. Februar 2010 in der NRZ
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