Viele kennen ihn noch als Leiter der Wilhelm-Busch-Förderschule. Nicht erst im Ruhestand, aber jetzt verstärkt ist der 66-jährige Pädagoge unter die Buchautoren gegangen. Aktuell arbeitet er an einem Buchprojekt. Thema: Depressionen bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Wie er zu diesem heißen Eisen kam und was er mit seinem Buch erreichen will, erklärt er mir in einem Gespräch, das ich für die NRZ führte.
Wie kamen Sie als Pädagoge zum Bücherschreiben?
Ich habe immer schon gerne geschrieben und inzwischen sechs Titel zu verschiedenen Themen veröffentlichen können. Als Pädagoge, wie als Buchautor ist die Werteerziehung mein Hauptanliegen, weil ich sehe, dass in unserer Gesellschaft die Werte den Bach runtergehen.
Und wie sind Sie zum Thema Depressionen gekommen?
Den Anstoß gab der Selbstmord von Robert Enke. Das hat mich sehr nachdenklich gemacht. Warum nimmt sich ein Mensch sein Leben, der die höchste sportliche Akzeptanz erreicht hat und mit seiner Frau, Kindern und Tieren auf einem Bauernhof leben konnte. Der Tod seiner zweijährigen Tochter konnte seinen Suizid allein nicht erklären. Doch dann habe ich im Nachrichtenmagazin Der Spiegel ein Interview mit Enkes Vater, einem Psychiater, gelesen. In diesem Interview wurde deutlich, dass die Angst zu versagen in Enkes Leben ein ganz großer Faktor war. Er hatte einen sehr hohen Anspruch an sich und mir wurde klar, dass viele Menschen deshalb depressiv werden, weil sie überhöhte Ansprüche an sich stellen und damit nicht klar kommen und so an sich selbst scheitern. Bei meinen weiteren Recherchen habe ich dann herausgefunden, dass vier Millionen Deutsche derzeit als depressiv gelten und die Depression inzwischen zur Volkskrankheit Nummer Eins geworden ist. Der Altersschwerpunkt dieser Erkrankung liegt bei den 30- bis 45-Jährigen, verschiebt sich aber immer mehr zu den 18- bis 25-Jährigen.
Und wie kommen Jugendliche und junge Erwachsene bei ihrem Projekt ins Spiel?
Ich habe Zeitungsanzeigen aufgegeben und so bereits vier Gesprächspartner gewinnen können, die zwischen 18 und 30 Jahre alt sind und mit denen ich auch schon gesprochen haben. Ich bin diesen vier sehr dankbar, dass sie sich zur Verfügung gestellt und geöffnet haben. Alle mussten die Barriere überspringen, über ihre Depression zu sprechen. Doch am Ende haben sich alle für das Gespräch bedankt und waren froh darüber, sich geöffnet zu haben. Jetzt würde ich für mein Buch gerne noch mit acht weiteren Jugendlichen und jungen Erwachsenen über ihre Depression sprechen. Natürlich sollen die Interviews an einem neutralen Ort geführt und alle Persönlichkeitsmerkmale im Buch anonymisiert dargestellt werden. Betroffene, die an einem Gespräch interessiert sind, bitte ich, sich bei mir zu melden. Ich werde in Kürze auch noch mal mit einem Psychiatrie-Professor sprechen, um mein Buch auch fachlich und inhaltlich fundiert schreiben zu können.
Warum ist es so schwer, Gesprächspartner zu diesem Thema zu finden?
Depressionen sind ein Tabuthema. Darüber spricht man nicht. Und wer sich outet, befürchtet Nachteile im Beruf oder Hänseleien in der Schule.
Was möchten Sie mit Ihrem Buch erreichen?
Menschen sollen sich informieren und erkennen, dass Depressionen kein Randthema unserer Gesellschaft sind, sondern jeden treffen können, vom Hilfsarbeiter bis zum Hochschullehrer. Ich möchte natürlich auch herausarbeiten, welche Hilfen man in Anspruch nehmen kann. Es geht mir auch darum, Betroffenen Mut zu machen, offensiver mit ihrer Depression umzugehen und sich nicht in eine Ecke drängen zu lassen, in die sie nicht gehören.
Warum erkranken auch immer mehr junge Leute an Depressionen?
Ursache dafür können Störungen in der frühen Kindheit, Verlustängste und tatsächliche Verluste von nahestehenden Personen sein. Aber auch Alkohol- oder Drogenprobleme können zu Depressionen führen. Da gibt es ganz unterschiedliche Verursacher.
Sehen Sie auch soziale Ursachen für die jugendliche Depression?
Ganz sicher. Viele Jugendliche sehen ihre Perspektivlosigkeit in einer Gesellschaft, in der der Neoliberalismus immer stärker um sich greift. Sie fühlen sich überflüssig. Und das ist für Depressionen der ideale Nährboden.
Was bleibt dagegen zu tun?
Unsere Gesellschaft muss humaner werden. Niemand darf ausgegrenzt werden. Alle müssen am gesellschaftlichen Leben teilhaben können. In diesem Zusammenhang muss erwähnt werden, dass ein Leben mit Hartz IV menschenunwürdig ist. Außerdem gibt es für die Jugendlichen der Generation Praktikum kaum noch unbefristete Arbeitsverträge. Ich hoffe, dass Politik und Wirtschaft diese Misere erkennen und dafür sorgen, dass sich gesellschaftlichen Verhältnisse ändern.
Wer sich Wilhelm Schröder als Gesprächspartner für sein neuestes Buchprojekt rund um die junge Depression zur Verfügung stellen möchte, kann ihn unter der Rufnummer: 0178/232 55 35.
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