Ein Jahrzehnt später ging 1985 auch die Siemens-Kraftwerkunion unter die Brunnenstifter und ließ Rasche am Rathausmarkt einen 3,35 Meter hohen Brunnen aus Muschelkalkstein und Bronze bauen, der im Volksmund nur Dröppelminna heißt und dessen scheibenförmige Wasserfontäne an den Turbinen- Generatorenbau der Firma Siemens erinnern soll.
Während die beiden Rasche-Brunnen in der Innenstadt allgemein als Kunst im öffentlichen Raum anerkannt und akzeptiert werden, dürfte der auf dem heutigen Synagogenplatz und vor der Alten Post stehende Hajek-Brunnen das wohl umstrittenste Kunstwerk der Stadt sein. Schon vor seiner Einweihung im Juli 1977 wurde der bunte Betonbrunnen, der später vielen Skatern als Trainingsparcours dienen sollte von seinen Gegnern buchstäblich geteert und gefedert. Auch eine Unterschriftenaktion der Jungen Union konnte das von der Sparkasse gestiftete und von Otto Herbert Hajek geschaffene und urheberrechtlich geschützte Kunstwerk 2001 nicht zu Fall bringen. „Auch in diesem Brunnen drückt sich mit dem Zeitgeist der 70er Jahre die Historie der Stadt aus“, sagt der stellvertretende Museumsdirektor Gerhard Ribbrock. Der Kunsthistoriker, der von seinem Arbeitsplatz in der Alten Post jeden Tag auf den Hajek-Brunnen schaut, hat sich eingehend mit der Mülheimer Brunnenkunst beschäftigt und einen unter anderem für Schulen gedachten Diavortrag zu diesem Thema erstellt.
Aus Ribbrocks Sicht sind Brunnen Kunstwerke, zu denen er die Ende der 90er Jahre geschaffenen Spielbrunnen auf der Schloßstraße ausdrücklich nicht zählt, „attraktive Erholungsorte, die das Stadtbild strukturieren und mit ihrem neutralen Anreiz die Gedanken spazieren gehen lassen.“
Umso mehr bedauert der Kunsthistoriker, „dass heute im städtischen Haushalt aufgrund der Finanznot keine Mittel mehr für Kunst im öffentlichen Raum vorhanden sind.“ Wie man mit einem Brunnen auch Stadtgeschichte erzählen kann, sieht Ribbrock an dem Brunnen auf dem Kurt-Schumacher-Platz, der zu dessen Einweihung, Mitte der 80er Jahre, vom Bildhauer Wolfgang Liesen geschaffen wurde und auf einer aus 40 Bronze- und Granit-Reliefs zusammengesetzten Stadtsäule Stationen der Mülheimer Geschichte darstellt. Schloss Broich, Petrikirche und Kloster Saarn sind dort ebenso zu sehen wie in der Mülheimer Industrie schwer arbeitende Menschen, ein Gerichtstag aus dem Jahr 1093, aus dem Mülheims erste urkundliche Erwähnung stammt oder auch die spanischen Soldaten, die 1598 Schloss Broich eroberten und den Broicher Grafen Wirich ermordeten.
Nicht nur für Geschichte, sondern auch für Bürgersinn, steht der mit öffentlichen Fördergeldern und privaten Spenden in einer Gesamthöhe von rund 144.000 Euro wiederaufgebaute Kortum-Brunnen. Der neue Kortum-Brunnen mit der alten Jobssstatue, die über Jahrzehnte an der Friedrichstraße ein Schattendasein fristete, steht genau an der Stelle, an der 1939 der erste Kortum-Brunnen errichtet und im Juni 1943 von alliierten Bomben zerstört wurde. Die Initiative zum neuen Brunnen am alten Ort ging damals vom Verein der Freunde und Förderer der Altstadt um Horst van Emmerich aus.
Etwas kleiner, aber nicht weniger anschaulich erzählt auch der von Bonifatius Stirnberg aus Bronze geschaffene und 1984 auf dem Heißener Marktplatz aufgestellte Brunnen mit seinen Wasserrädern von der Tradition der Mülheimer Wassermühlen. Als historischen Hinweis auf Mülheims zentrale Lage am Handelsweg Hellweg verstand denn auch Otto Almstadt seinen aus Granit geschaffenen Brunnen, der 1989 als „Pferdewagen“ auf dem neugestalteten Berliner Platz aufgestellt wurde. Drei Jahre später sollte auch der nach dem kunstsinnigen Bundespräsidenten Theodor Heuss benannte Platz vor der Stadthalle, die 1957 von Heuss wiedereröffnet worden war, ein modernes Brunnenkunstwerk bekommen. Robert Schad nannte seine Stahlskulptur „Die Gruppe“ und wollte damit Stadthallenbesucher darstellen. Der Mülheimer Volksmund spricht bis heute nur von „Panzersperren“ und zeigt, dass sich auch der Brunnenkunst die Geister manchmal scheiden.
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