Sonntag, 23. Dezember 2018

Schlag nach bei Schmidt


So einen wie Helmut Schmidt, einen Krisenmanager, da sind sich Hans Meinolf (Jahrgang 1930) und Günter Weber (Jahrgang 1935) einig, könnte ihre Partei und ihr Land auch heute gut gebrauchen.

Wenn man die beiden Sozialdemokraten danach fragt, warum die SPD unter ihrem Kanzler Helmut Schmidt bei den Bundestagswahlen 1976 und 1980 mehr als 40 Prozent der Stimmen gewinnen konnte, während bei der Bundestagswahl gerade noch auf etwas mehr als 20 Prozent kam und bei aktuellen Meinungsumfragen nur noch mit 15 Prozent gehandelt wird, müssen der ehemalige SPD-Fraktionschef Meinolf und der ehemalige Landtagsabgeordnete Weber nicht lange nach Antworten suchen. „Helmut Schmidt war ein kluger und welterfahrener Krisenmanager, dem es nicht um Gesetze, sondern um die Menschen ging“, erinnert sich Alt-Bürgermeister Weber, der Schmidt bei einer Tagung des Seeheimer Kreises in der Evangelischen Akademie Tutzing persönlich kennenlernte. „Helmut Schmidt hatte eine starke Präsenz“, sagt Weber. Mit einem Augenzwinkern erzählt er, davon, dass der Kanzler nach seiner Rede seine Zuhörer wissen ließ: „Ich wünsche keine dummen Fragen!“

Wie Schmidt tickte, macht Weber daran fest, wie er als Innensenator 1962 bei der Hamburger Sturmflut agierte. „Da überschritt er einfach seine Kompetenzen und nutzte seine Kontakte zur Bundewehr, um sich an Bord eines Huberschraubers erst mal einen Überblick der Situation zu verschaffen und anschließend die Rettungsaktionen von Bundeswehr, Feuerwehr und Polizei zu koordinieren.“ Beeindruckt hat Weber auch, dass Schmidt, der Journalisten gerne als „Wegelagerer“ bezeichnet habe, nach dem Ende seiner Kanzlerschaft als Mit-Herausgeber der Wochenzeitung Die Zeit selbst in den Journalismus wechselte „und auch als bereits war dazuzulernen, weil ihm die Redaktion seine Monologe und seine 12-Seiten-Manuskripte nicht durchgehen ließ.“

Der ehemalige Mannesmann-Betriebsratschef Hans Meinolf erinnert sich gerne an die Betriebsversammlungen, bei denen Schmidt als Minister wie als Kanzler in den 70er Jahren vor mehreren 1000 Mannesmännern sprach. „Wir mussten diese Versammlungen einmal in der Stadthalle und einmal in der Luftschiffhalle am Flughafen organisieren, weil die Unternehmensleitung den Sozialdemokraten Schmidt nicht im Betrieb sehen wollte, sich aber anschließend gerne mit ihm im Betriebskasino mit ihm traf“, berichtet Meinolf. Mit Wehmut erinnert sich Meinolf an den verregneten 30. September 1982, als er bei einer Solidaritätskundgebung für den vor Ablösung stehenden Kanzler vor Mitgliedern der SPD-Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen in Bonn sprach. „Auch als Kanzler hat Schmidt nie aus den Augen verloren, dass die SPD eine mit den Gewerkschaften verbundene Arbeitnehmerpartei war, die Politik für die hart arbeitenden Menschen in unserem Land machen wollte und machen musste. Schmidt hätte sich nie wie seine sozialdemokratischer Nachfolger Gerhard Schröder als Genosse der Bosse gesehen und dargestellt.“ 


Helmut Schmidt wurde am 23. Dezember 1918 in Hamburg geboren. Sein Vater Gustav arbeitete sich vom Hafenarbeiter zum Volksschullehrer hoch. Schmidt besuchte die reformpädagogische Lichtwerkschule und studierte später Volkswirtschaft. Als Wehrmachtsoffizier nahm er am 2. Weltkrieg teil und heiratete seine Jugendliebe Hannelore (Loki) Glaser. Mit ihrem Lehrerinnen-Gehalt ermöglichte seine Frau Loki Helmut Schmidt nach dem Krieg sein Volkwirtschaftsstudium und damit den Beginn seiner beruflichen und politischen Karriere, die in der Hamburger Stadtverwaltung und als Vorsitzender des Sozialistischen Studentenbundes begann. 1953 zog Schmidt erstmals für die SPD in den Bundestag ein. 1961 wurde zum Hamburger Innensenator berufen. Während der Großen Koalition (1966-1969 führte er die SPD-Bundestagsfraktion. Nach der Bildung der sozialliberalen Koalition (1969) wechselte er als Minister für Verteidigung, Wirtschaft und Finanzen ins Bundeskabinett. Nach dem Rücktritt Willy Brandts trat er 1974 dessen Nachfolge als Bundeskanzler an. Seine Amtszeit wurde von der Öl- und Wirtschaftskrise, von der Nato-Nachrüstungsdebatte und vom Terror der RAF beherrscht. Nach dem Ende seiner Kanzlerschaft war Schmidt ab 1983 Mit-Herausgeber der Hamburger Wochenzeitung die Zeit. Fünf Jahre nach seiner Frau Loki starb Helmut Schmidt im Jahr 2015.

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