Donnerstag, 5. März 2015

Erneut deutlich mehr Kirchenaustritte

Die Zahl der Kirchenaustritte ist auch im Jahr 2014 deutlich angestiegen. Das geht aus den Zahlen des Amtsgerichtes und der Stadtkirchen in Mülheim hervor. Danach verließen im vergangenen Jahr 601 Katholiken und 675 Protestanten ihre Kirche. Zum Vergleich: 2013 verzeichnete die katholische Stadtkirche nur 413 und die evangelische Stadtkirche 362 Austritte.

Die Ursachen für den deutlichen Anstieg der Kirchenaustritte seien, so der evangelische Superintendent Helmut Hitzbleck und der katholische Stadtdechant Michael Janßen vor allem finanziell begründet. Die beiden Pfarrer und ihre Dümptener Kollegin Gundula Zühlke aus dem evangelischen Kreissynodalvorstand weisen in diesem Zusammenhang auf die 2013 vom Gesetzgeber novellierte Besteuerung von Kapitalerträgen hin.

Seit Anfang 2014 müssen Banken ihre Kunden darüber informieren, dass der neunprozentige Kirchensteueranteil an ihren Zinseinkünften automatisch an das Finanzamt und von dort an die Kirchen abgeführt wird, wenn sie dieser Praxis nicht ausdrücklich beim Bundeszentralamt für Steuern widersprechen und ihre Kapitalertragssteuern, wie bisher selbstständig im Rahmen ihrer Einkommensteuererklärung angeben. „Viele haben deshalb irrtümlich geglaubt, dass es sich um eine zusätzliche Kirchensteuer handelt, was ja definitiv nicht der Fall ist,“ sagt Janßen. Pfarrerin Zühlke räumt ein: „Da haben wir als Kirche einen Fehler gemacht, weil wir das den Menschen nicht gut genug erklärt haben und sich so viele überfallen fühlten.“

Für die Banken ist das „Mehrarbeit, zu der wir vom Gesetzgeber verpflichtet sind“, betont Sparkassensprecher Frank Hötzel. Er macht aber auch deutlich, dass Kapitalertragssteuern und damit der entsprechende Kirchensteueranteil nur dann fällig werden, wenn Kunden mehr als 801 Euro Zinsen pro Jahr bekommen. Wer weniger Zinseinnahmen hat, muss aber nur dann keine Kapitalertragssteuern zahlen, wenn er über seinen Bankberater einen Freistellungsauftrag erteilt hat.
Hötzel geht davon aus, dass die 75 000 Sparkassenkunden ein Spiegelbild der Mülheimer Stadtgesellschaft darstellen. Von den rund 168 000 Mülheimern sind heute nur noch 49 000 Mitglied der Evangelischen und knapp 52 000 Mitglied der katholischen Kirche. Zwar hat es in den vergangenen Jahren auch Kircheneintritte in Mülheim gegeben, beispielsweise im Jahr 2013 bei den Katholiken 23 und bei den Protestanten 119. Für 2014 liegen derzeit nur Zahlen vom Evangelischen Kirchenkreis vor, der 90 neue Mitglieder aufgenommen hat. Aber diese Zahlen fallen nicht ins Gewicht im Vergleich zu den Austritten. Nur noch gut 60 Prozent der Mülheimer gehören heute einer der beiden großen christlichen Kirchen an.

Dieser Text erschien am 15. Januar 2015 in der Neuen Ruhr Zeitung

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Wo die Kumpel zuhause waren

  Der Mülheimer Bergbau ist Geschichte. 1966 machte mit Rosen Blumen gelle die letzte Zeche dicht Punkt Mülheim war damals die erste Bergbau...