„Den Bergbau sollte man nicht vergessen. Denn davon hat die
Stadt mal gelebt“, findet Willi Bruckhoff. Der Bergmann, der von 1948 bis 1966
auf Mülheims letzter Zeche Rosenblumendelle einfuhr und 1984 auf Zeche
Zollverein in Rente ging, feiert am 15. Juli seinen 80. Geburtstag.
Seit 1978 führt Bruckhoff die Ortsgruppe der
Industriegewerkschaft Bergbau, der sich 1998 die örtlichen
Industriegewerkschaften für Chemie, Energie und Leder anschlossen. Bruckhoff
schätzt, dass 150 von 600 Mitgliedern aus dem Bereich Bergbau kommen. Die Zahl
der aktiven Bergleute, die heute auf Zechen in Marl oder Bottrop einfahren
schätzt er auf etwa 60.
„Solidarität.“ Das ist für Bruckhoff das wichtigste Erbe,
das der Bergbau, in dem einst bis zu 3000 Mülheimer arbeiteten, hinterlassen
hat. „Der Zusammenhalt war das Schönste, was wir unter Tage hatten. Das Wort
Kumpel kam nicht von ungefähr. Alle für einen und einer für alle. Das wurde von
Bergleuten gelebt“, erinnert sich Bruckhoff.
Dass es in unserer Gesellschaft heute immer weniger
„kumpelhaft“ zugeht und die Solidarität von vielen als Auslaufmodell angesehen
wird, sieht er als schlechtes Zeichen. „Heute sind die meisten Menschen nur mit
sich selbst beschäftigt und vielleicht noch an ihrer eigenen Familie und an ihrem
Urlaub interessiert“, bedauert Bruckhoff. Der ehemalige Betriebsrat, der wie
schon sein Großvater und sein Vater unter Tage gearbeitet hat und froh ist,
dass ihm die lebensgefährliche Steinstaublunge erspart geblieben ist, weist
darauf hin, dass Dinge, wie Tariflöhne, gesetzlicher Urlaub und betriebliche
Mitbestimmung nicht als Selbstverständlichkeiten vom Himmel gefallen sind,
sondern von Gewerkschaften erkämpft werden mussten.
Vor allem die Generation der Unter-50-Jährigen vermisst er
bei den Gewerkschaftstreffen, bei denen nicht nur über Politik, sondern auch
über Rentengerechtigkeit und barrierefreies Wohnen gesprochen wird. Noch
schwieriger ist es aus seiner Sicht, die Jahrgänge ab 1964 für ehrenamtliche
Vorstandsarbeit zu gewinnen.
Das macht dem 80-Jährigen, der in zwei Jahren sein Amt
aufgeben möchte, Sorgen. Denn noch ist ein Nachfolger oder eine Nachfolgerin
und damit die Antwort auf die Frage, wie es bei der örtlichen IGBCE weitergehen
soll, nicht in Sicht. So bleibt dem Jubilar nur ein Appell an die Solidarität
seiner Kollegen und ein Stoßgebet zur heiligen Barbara, der Schutzpatronin
aller Bergleute.
Dieser Text erschien am 15. Juli 2014 in der Neuen Ruhr Zeitung
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