Sonntag, 21. Februar 2010

Närrische Nachlese: Jung und Jeck in Geberlaune - Der Rosenmontag mit den Kindertollitäten


Frohsinn kennt keinen Frost. Denn die Jecken haben ja die Sonne im Herzen. Das gilt auch für Kinderprinz Mirko Schuster und Kinderprinzessin Sandy Matuszczak (beide 14) sowie ihre Pagen Chiara Driesch (9) und Rene Reiße (11). Dennoch wollen sie und ihre Adjutanten Gabi und Hermann Josef Hüßelbeck an diesem schneeweißen, eiskalten Rosenmontag kleidungstechnisch kein Risiko eingehen.

Natürlich können sie nicht auf ihr rot-weißes Ornat aus Samt und Seide verzichten, das sie als Tollitäten ausweist und auf ihre Gesellschaft, den Mülheimer Carnevals Club Rot-Weiß, hinweist. Doch was man darunter anzieht, sieht ja keiner. Die Kindertollitäten setzen auf lange Strumpf- und Unterhosen, Jogginghosen, mehrere Pulloverschichten und Stulpen. Schließlich soll niemand beim Kammellewerfen, hoch oben auf dem Kinderprinzenwagen, kalte Füße bekommen oder eine Erkältung als Andenken an den Rosenmontagszug behalten.
So gut eingepackt, kann die Kälte kommen. Die Probe aufs Exempel haben die Kindertollitäten am Sonntag gemacht, als sie beim Kinderkarnevalszug in Ratingen mitgefahren sind, ehe sie in der Speldorfer Wagenbauhalle ihren von den Eltern gebauten Kinderprinzenwagen beladen haben.

Doch bevor Chiaras Vater Dietmar Driesch die Kindertollitäten im Prinzenmobil zum Aufstellplatz an der oberen Kaiserstraße chauffiert, dürfen sich alle bei einem Prinzenfrühstück, zu dem der Musikzug der KG Blau Weiß in den Altenhof eingeladen hat, erst mal stärken. Die Kindertollitäten werden sich später, nach dem Rosenmontagszug, mit einem Auftritt und ihrem Piratentanz beim Rosenmontagsball der Blau Weißen revanchieren.
Doch erst mal gilt es für Kinderprinzen und Pagen die Frühstücksrisiken auszuschalten, die Kakao, Marmelade und Wurst für die Ornate mit sich bringen. Mit Fettfleck und Kakao auf der Prinzenkluft zum Rosenmontagszug? Das muss nicht sein. Der närrische Hofstaat hat mit Prinzenlätzchen, die MCC-Tanztrainerin Margot Rudolph spendiert hat, bestens vorgesorgt. Auch Zugleiter Ulrich Pütz schaut beim Rosenmontagsfrühstück der Blau Weißen vorbei. Plötzlich klingelt sein Handy: "Draußen schneit es. Der Rosenmontagszug wird doch abgesagt", scherzt jemand. Darüber können die Jecken im Saal gar nicht lachen.

Kurz vor 13 Uhr verlassen die Kindertollitäten satt und sauber den Altenhof, um das Prinzenmobil zu besteigen. Normalerweise dürfen zu diesem Zeitpunkt keine Fahrzeuge mehr die Kaiserstraße passieren. Doch das Prinzenmobil ist nicht irgendein Auto. Deshalb wird es sofort freundlich durch die Straßensperren gewinkt. Ein Gefühl von Staatsbesuch. Damit es nicht zu staatstragend wird, legt Adjutant und Ex-Prinz Hermann-Josef noch schnell eine Karnevals-CD ein: "Da ist der Dieter da...Jetzt geht’s los. Wir sind nicht mehr aufzuhalten...Ich bin so stolz der Prinz von Mülheim zu sein", erklingen die jecken Töne mit Lokalkolorit, Marke Blue Moon und Thomas Straßmann. Man will ja schließlich in Stimmung kommen.
Obwohl es eigentlich bis zum Aufstellplatz des Kinderprinzenwagen mit der Zugnummer 17 nicht allzu weit ist, muss sich Fahrer Dietmar erst mal hinter einem Lastwagen des Roten Kreuzes einordnen, der im Schritttempo die an der Kaiserstraße wartenden Zugwagen abfährt und mit Wurfgut ausstattet. Adjutant Hermann-Josef, der nicht nur im Karneval, sondern auch beim Roten Kreuz ehrenamtlich aktiv ist, kurbelt das Fenster herunter und ruft seinen Kollegen zu: "Ist doch schön, wenn man euch auch mal arbeiten sieht." Derweil hat Prinzessin Sandy Verwandtschaft entdeckt: "Guckt mal, mein Opa als Scheich."
Kurz vor dem Zugstart um 14.11 Uhr heißt es am Kinderprinzenwagen: "Bitte einsteigen." Vorher verleiht das Kinderprinzenpaar noch schnell ein paar Orden an verdiente Zugteilnehmer wie etwa Wolfgang Thommessen vom Technischen Hilfswerk oder Achim Schultenbaumer, der den Zugwagen des Kinderprinzenpaares mit seinem Traktor zieht. Die sportlichste Ordensverleihung des Tages übernimmt Pagin Chiara. Assistiert von ihrem Vater, steigt sie auf Kupplung zwischen Traktor und Kinderprinzenwagen, um Spike einen überdimensionalen Kinderprinzenorden umzuhängen. Der Pinguin aus Pappmaché ist das Maskottchen des Kinderprinzenwagens. Dessen Kernbereich ist ein großes Herz mit einer Krone, aus dem Prinz Mirko und Prinzessin Sandy später werfen, was das Zeug hält.
Das haben wir ja auch so bestellt," scherzen sie, als sich plötzlich und rechtzeitig zum Zugstart die Sonne blicken lässt. "Das liegt bestimmt daran, dass ich gestern meine Spaghetti alle aufgegessen habe", vermutet Pagin Chiara. Und dann wird es ernst. Tausende von Jecken am Straßenrand wollen Kamelle und Co. Während das Kinderprinzenpaar aus seiner erhöhten Kronenkuppel wirft, muss sich der restliche Hofstaat den Platz darunter teilen. Der ist äußerst gering. Denn der gesamte Wagen ist ein rollendes Warenlager, in dem nicht nur Kamelle, sondern auch Plüschbären, Bälle, Handytaschen, Chipstüten, Popcorn und vieles mehr massenhaft mitfahren. Obwohl die gesamte Besatzung des Kinderprinzenwagens beim Werfen alles gibt und nicht knausert, bleibt nach 3,6 Kilometern Zugstrecke noch manches übrig.
So etwas ist selten auf den Wagen des Rosenmontagszuges. Die geleerten Pappkartons und Plastiksäcke werden auf der Schloßbrücke mit vereinten Kräften über die Wagenbrüstung in einen großen Müllcontainer der Mülheimer Entsorgungsgesellschaft gehievt, Nach ihrem Ausstieg an der Stadthalle sind sich Mirko, Sandy, Chiara und Rene einig: "Es war toll, aber leider viel zu schnell vorbei."

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