Montag, 28. September 2009

Gewonnen und doch verloren: Eine Nachbetrachtung zur Mülheimer Bundestagswahl







Auch den Bundestagswahlabend verbrachte ich bei den Verlierern. Bei den Sozialdemokraten, die sich im VHS-Raum C12 versammelt hatten, herrschte eine Stimmung, wie bei einer Familie, die gerade von einer Todesnachricht ereilt worden ist. Der Bundestagsabgeordnete Anton Schaaf ahnte schon vor der ersten Prognose, "dass wir nicht als Gewinner aus dieser Großen Koalition herausgehen werden."

Nachdem die erste Hochrechnung seine Partei bei nur noch 22 Prozent sah, sprach er von einem "Drama". Auch SPD-Chef Frank Esser machte aus seiner Enttäuschung, die ihm ohnehin ins Gesicht geschrieben stand, keinen Hehl: "Ich hatte schon mit einem Ergebnis um die 29/30 Prozent gerechnet", gab er zu. Und Fraktionschef Dieter Wiechering brachte das schlechteste Nachkriegsergebnis der SPD schlicht auf den Nenner: "Das ist ein schwarzer Tag für die SPD." Da half es auch nicht mehr viel, dass Vize-Partei-Chef Matthias Kocks darauf hinwies, "das wir in Mülheim immer noch 13 Prozent über dem Bundestrend liegen." Denn voll im Bundestrend lagen die Mülheimer Stimmenverluste der SPD.

Bei den Zweitstimmen verlor sie 12 Prozent und landete bei nur noch 35 Prozent. Der einzige Lichtblick des Abends war die Tatsache, dass Anton Schaaf mit 41 Prozent der Stimmen sein Direktmandat, das er bereits 2002 und 2005 gewonnen hatte, erneut gewinnen konnte und damit, erneut in den Bundestag einziehen wird. "Opposition ist Mist, weil man keinen Einfluss mehr hat und nichts mehr für die Bürger erreichen kann", räumt er ein. Obwohl Schaaf deutlich über dem Zweitstimmenergebnis seiner Partei lag, musste er bei seinen Erststimmen ein Minus von 11 Prozent hinnehmen.

Bürgermeisterin Renate aus der Beek und Fraktionschef Wiechering, waren sich einig, dass sich die Bundespartei jetzt in der Opposition inhaltlich und personell erneuern muss. Das kann aus Wicherings Sicht nur durch Geschlossenheit und Bürgernähe erreicht werden, in dem die SPD mit den Bürgern diskutiere und langfristig über Stadt und Land auch wieder im Bund erstarke.

Eine Achterbahn der Gefühle erlebten an diesem Wahlabend in der Volkshochschule auch die Christdemokraten. Ihr Kandidat Andreas Schmidt konnte sich zwar über eine schwarz-gelbe Regierungsmehrheit im Bund freuen und mit gut 32 Prozent der Stimmen ein achtbares Erststimmen-Ergebnis holen und den Abstand zu Anton Schaaf auf unter zehn Prozent drücken. Dennoch verlor er am Ende sein Bundestagsmandat, weil die Landesliste der CDU aufgrund der an Rhein und Ruhr zahlreich gewonnenen Direktmandate nur bis Platz 19 zog und nicht bis zu Schmidts Listenplatz 26. Damit scheidet der 52-jährige Rechtsanwalt nach 19 Jahren, in denen er zeitweise Fraktionsgeschäftsführer der Union und zuletzt Vorsitzender des Rechtsausschusses war aus dem Parlament aus.

Dennoch behält Mülheim mit Ulrike Flach von der FDP eine Abgeordnete aus dem künftigen Regierungslager. Die 57-jährige Diplom-Übersetzerin zog auf Listenplatz 6 der NRW-Lieberalen nach 1998, 2002 und 2005 erneut in den Bundestag ein. Auch in Mülheim gehörte die FDP mit gut 13 Prozent der Zweit- und gut 8 Prozent der Ersstimmen zu den Wahlgewinnern. Grüne und Linke erzielt jeweils 9,5 Prozent der Zweit- und 7 bis 8 Prozent der Erststimmen, hatten aber keine Chance ihre Bewerber Tim Gisbert und Nina Eumann über die Landesliste ins Parlament zu schicken.

Die detaillierten Ergebnisse der Mülheimer Bundestagswahl finden Sie auch auf der Internetseite der Stadt: http://www.muelheim-ruhr.de/

(Die oben zu sehenden Fotos stammen aus dem Bilddienst des Deutschen Bundestages.)




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