Montag, 16. März 2020

Theorie und Praxis

Heute geht alles schneller. Die Digitalisierung macht es möglich. In diesem Bewusstsein ging ich gestern zur Bank meines Vertrauens, um mal eben am Selbstbedienungsterminal einige Überweisungen auszuführen. Eigentlich ist das eine bequeme und schnelle Sache. Man gibt via Tatstatur und Computerbildschirm die Überweisungsdaten ein und schickt sie mit der digitalen Unterschrift der eigenen vierstelligen PIN-Nummer an den Empfänger, der den fälligen Betrag sofort auf seinem Konto hat, während man sich selbst schnell noch einen Überweisungsbeleg für die eignen Unterlagen ausdrucken kann. So einfach und schön ist der technische Fortschritt. Doch die Praxis sah gestern leider anders aus. Denn an den beiden Selbstbedienungsterminals meiner Bank bildeten sich lange Warteschlangen, weil zu viele Kunden zum Monatsanfang die gleiche Idee zur gleichen Uhrzeit hatten. Jetzt weiß ich, was der Satz meint: „Zeit ist Geld!“ Diese Einsicht wurde mir noch einmal verdeutlicht, als ich endlich an der Reihe war und ausgerechnet mein Selbstbedienungsterminal nach den ersten beiden Überweisungen und Ausdrucken die weitere Selbstbedienung verweigerte und mit dem Bildschirm-Hinweis: „Dieses Gerät ist nicht mehr betriebsbereit und wird heruntergefahren“, seine Arbeit einstellte. Während ich mich notgedrungen in die jetzt noch längere Warteschlange hinter dem einzig dienstbereit verbliebenen Selbstbedienungsterminal einreihte, kam eine alte Bekannte vorbei, die ihre Überweisung ganz klassisch in der von einer freundlichen Bankmitarbeiterin ausgedruckten Papierform erledigt hatte. Wie gesagt: Die Digitalisierung macht vieles einfacher und schneller, zumindest meistens und in der Theorie. In der Praxis kann man aber manchmal heilfroh sein, wenn es noch eine analoge Alternative, etwa in Person einer freundlichen Bankmitarbeiterin gibt, die einem den notwendigen Überweisungsträger ausdruckt, den man dann eigenhändig in den dafür vorgesehenen Bankbriefkasten werfen kann.

Dieser Text erschien am 3. März 2020 in der NRZ

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

 1929 als Gasbehälter errichtet, dient der 117 Meter hohe Gasometer in Oberhausen seit 30 Jahren als extravaganter Ausstellungsraum. Dieser ...