Samstag, 3. August 2019

Mit dem Taxi durch die Innenstadt

Es gibt Menschen, denen muss man einfach dankbar sein. Denn sie zeigen einem, dass man abenteuerliche Dinge erleben kann, die man nicht für möglich gehalten hätte. So ein Mensch begegnete Mutter und mir gestern in Person eines Taxifahrers, der uns nach dem Einsteigen und der Angabe unserer Zieladresse mit der Frage überraschte: „Wie soll ich denn dahinfahren?“ Diese Frage überraschte uns umso mehr , als der Taxifahrer sie im Angesicht seines Navigationsgerätes stellte. Statt die Zieladresse in sein Navigationsgerät einzugeben, wollte er uns eine Route schmackhaft machen, die uns durch die halbe Stadt geführt hätten. Auch wenn ich Verständnis dafür habe, das längere Fahrten für Taxifahrer lukrativer sind als kürzere und die Verkehrsführung in der Innenstadt legendär ist, ging mir dieser Geschäftssinn doch etwas zu weit. Denn Start und Ziel der Taxi Fahrt lagen in der Stadtmitte.
Gott sei Dank bin ich ortskundig und konnte den gar nicht so gut orientierten Mann hinter dem Steuer durch die Straßen der Innenstadt lotsen, so dass uns der Aufschlag für eine unfreiwillige Stadtrundfahrt erspart blieb. Dafür, dass er meine Rollator-gestützte Mutter und mich vor unserer Haustür auf der Schlossstraße absetzen sollte, hatte der unfreundliche Taxifahrer kein Verständnis. „Den Strafzettel bezahlen Sie!“, ließ er mich wissen. Ich willigte ein, um unseren Start nicht noch weiter hinauszuzögern. Auch wenn ich dem Taxifahrer, der keine Werbung für seine Dienstleistung machte, schon für sein unfreundlichen Ton und seine ignorante Inkompetenz gerne einen Strafzettel ausgestellt hätte. Als Innenstadt-Bewohner sehe ich täglich immobile Menschen, die selbstverständlich von ihren hoffentlich freundlicheren Taxifahrern vor der Arztpraxis oder vor ihrer Haustür abgesetzt werden und nicht zu unnötigen und schmerzenden Umwegen gezwungen werden. Immerhin konnten wir uns mehr schlecht als recht darauf einigen, dass der überforderte Taxifahrer Mutter, mich und ihren Rollator am Übergang zwischen Wallstraße und Kohlenkamp absetzte, so dass es bis zur Haustür nur noch einige erträgliche Meter weit war. Dem Taxifahrer wünschten wir gute Fahrt und gute Besserung. Und uns wünschten wir auf den letzten Metern unseres Heimweges bei der nächsten Taxifahrt einen freundlicheren und kompetenteren Taxifahrer wie wir ihn in Mülheim schon oft kennengelernt haben. 

Dieser Text erschien in der Neuen Ruhrzeitung vom 3. August 2019

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