Sonntag, 9. August 2009

Als die Weiße Flotte ein neues Flaggschiff bekam



Heute ist Sonntag. Wie wäre es da mit einer Bootstour de Ruhr? Die Weiße Flotte macht es möglich. Rund 85.000 Fahrgäste gönnen sich jährlich dieses Vergnügen. Doch der für die Weiße Flotte zuständige Geschäftsführer der städtischen Betriebe, Joachim Exner, wird wehmütig, wenn er zum Beispiel in das Jahr 1954 zurückschaut.

Damsls, genauer gesagt, am 2. August 1954 startete mit der Mülheim an der Ruhr das neue Flaggschiff der Weißen Flotte am Wasserbahnhof zu seiner Jungfernfahrt. Mitte der 50er Jahre, es war die Zeit des Wirtschaftswunders, zählte man bei der Weißen Flotte noch knapp 490.000 Fahrgäste pro Saison. Und die Flotte selbst bestand nicht, wie heute, aus vier, sondern aus ingesamt sieben Schiffen.

Ob solcher unternehmungslustiger Massen war das im Auftrag der Stadt für 200.000 Mark auf der Werft Clausen in Oberwinter am Rhein gebaute Schiff, das 300 Fahrgästen Platz bot, als Verstärkung der Weißen Flotte hoch willkommen. "Wir Mülheimer können uns beglückwünschen. Man fährt in diesem Schiff so geräuschlos und erschütterungsfrei, wie in einem Segelboot," lobte die Lokalpresse den Neuzugang der Flotte. Und Friedrich Freye, seines Zeichens Stadtkämmerer, Stadtdirektor und Chef der städtischen Betriebe in einer Person, gab bei der Jungfernfahrt der Mülheim seiner Hoffnung Ausdruck, dass das neue Flagschiff der Flotte möglichst bald zusätzliche Geschwisterschiffe bekommen möge. Und der damalige Oberbürgermeister Heinrich Thöne wünschte sich angesichts der Jungfernfahrt des stolzen Schiffes, "dass diese wertvolle Arbeit ein Werk des Friedens bleiben möge." Damit erinnerte er daran, dass einige Schiffe der Weißen Flotte während des Zweiten Weltkrieges von der Kriegsmarine zweckentfremdet und bei ihrem militärischen Einsatz zerstört wurden.

Betriebe-Chef Exner schätzt, das man heute für ein vergleichbares Motorschiff bis zu 750.000 Euro investieren müsste. Doch angesichts der aktuellen Fahrgastzahlen denkt man derzeit bei der Weißen Flotte nicht an Expansion, sondern an Bestandssicherung. Allein die Wartung der vier Flottenschiffe kostet die Betriebe der Stadt pro Jahr 80.000 Euro. Finanzierungsnöte kannte die Stadt 1954 offensichtlich nicht. Denn schon im Herbst 1954 wurde bei der Werft Clausen in Oberwinter ein neues Schiff in Auftrag gegeben, das im Frühsommer 1955 seine Jungfernfahrt auf der Ruhr erleben sollte.

Damit hatte sich der Wunsch von Friedrich Freye erfüllt, der auch zum Namensgeber des neuen Schiffes werden sollte. Doch die Jungfernfahrt des nach ihm benannten Schiffes erlebte Freye nicht mehr. Kurz nach seiner Pensionierung war er, 66-jährig, im Januar 1955 an den Folgen eines Herzinfarktes verstorben. Die Friedrich Freye schippert bis heute Ausflügler über die Ruhr, ebenso wie die alte Mülheim, die jetzt unter dem Namen Oberhausen fährt.

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