Freitag, 26. Februar 2021

Bedingt dienstbereit

Service ist nicht gleich Service. Das lernte ich jetzt bei meinem jüngsten Bankbesuch. Ich wollte nur mal eben mein Sparbuch durchlaufen lassen und schauen, ob sich in der Zwischenzeit eine wunderbare Geldvermehrung ergeben hätte. Als mich die Zahlen in meinem Sparbuch auf den Boden der fiskalischen Tatsachen zurückholten, war ich nicht enttäuscht. Enttäuschend fand ich nur, dass ich nach geraumer Zeit in der ersten Warteschlange vor dem Service-Schalter von der Bank-Mitarbeiterin zum Kassenschalter verwiesen wurde: mit dem Satz abgefertigt wurde: “Sie wollen nur ihr Sparbuch durchlaufen lassen? Dann müssen Sie zur Kasse gehen!” Während ich ihrer wenig serviceorientierten Aussage irritiert Folge leistete und mich in die nächste Warteschlange vor dem Kassenschalter eingereihte, hatte ich das Gefühl, dass der Service-Schalter meiner Bank nicht das hält, was seine Name verspricht. Schade, dass die Kollegin am Serviceschalter sich ihre Dienstauffassung vor die Dienstleistung stellte. Hatte ich als Kunde zu viel verlangt, mein Sparbuch von ihr durchlaufen und so aktualisieren zu lassen?

Als Mitarbeiterin einer Bank, die ihre Kunden dazu aufruft: “Wenn es um’s Geld geht” den Weg zu ihr zu finden, hätte sie vielleicht eine Sekunde lang daran denken können, dass auch die Zeit der Kunden Geld  wert ist. Vielleicht ist die Service-Kollegin noch in der Zeit ausgebildet worden, als ihre Bank ein städtisches Amt war, in dem man vom Amts Wegen in bester Beamten-Manier erst mal die Zuständigkeit prüfen musste, ehe man zur Tat schritt. Wie schön, dass der Busfahrer der Ruhr-Bahn, der mich zu meinem nächsten Termin bringen sollte, eine Sekunde länger als nötig seine Bustüre offen hielt, um mir eine weitere Wartezeit zu ersparen. Danke, Herr Kollege, fürs Mitdenken und Mitfühlen. Das schloss an diesem Tag mein Service-Defizit und versöhnte mich mit der Menschheit. Gut, wenn man Menschen begegnet, die ihren Dienst am Mitmenschen und ihn nicht nur nach Vorschrift leisten.


aus der NRZ vom 22.02.2021

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Wo die Kumpel zuhause waren

  Der Mülheimer Bergbau ist Geschichte. 1966 machte mit Rosen Blumen gelle die letzte Zeche dicht Punkt Mülheim war damals die erste Bergbau...