Samstag, 8. September 2012

Erinnerung an eine große Wahrheitssucherin: Vor 70 Jahren wurde Edith Stein von den Nazis ermordet

Was sehen wir, wenn wir das Lebensbild von Edith Stein betrachten, die mit ihrer Schwester Rosa vor 70 Jahren in den Gaskammern von Auschwitz ermordet wurde?


Wir sehen eine kluge Frau, die nach der Wahrheit suchte? Dass sie diese am Ende in Gott fand, war Ergebnis eines beeindruckenden Lebensweges, der am 12. Oktober 1891 in Breslau begann und am 9. August 1942 in Auschwitz endete.

In eine jüdische Familie hinein geboren, wurde ihre Kindheit von einer streng religiösen Mutter geprägt. „Ich wusste schon in den ersten Lebensjahren, dass es viel wichtiger ist, gut als klug zu sein“, erinnert sich Stein später.

Doch das Kind ist gut und klug. Es sucht schon früh nach eigenen Antworten auf die Frage nach dem Sinn des Lebens. Ihre Suche lässt die junge Edith am Glauben zweifeln und zur Atheistin werden. „Ich habe mir das Beten ganz bewusst und aus freiem Entschluss abgewöhnt“, schreibt sie damals.

Nach dem Abitur 1911 studiert sie in Breslau, Göttingen und Freiburg Deutsch, Geschichte, Psychologie und Philosophie. Es sind die Erfahrungen ihres Philosophiestudiums bei Edmund Husserl und des Ersten Weltkrieges, die der Atheistin einen neuen Blick auf Gott und die Religion eröffnen. Sie hält sich an Husserl: „Der menschliche Verstand soll offen sein für das Empfangen der Wahrheit aus den Dingen“ und an Immanuel Kant: „Habe Zutrauen, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen.“ In einem Seminar setzt sich die Studentin mit dem Vater unser auseinander. Sie arbeitet als Rot-Kreuz-Schwester an der Ostfront. Als 1917 ihr Studienkollege Adolf Reinach fällt, beeindruckt sie die christliche Zuversicht seiner Witwe Anna, dass mit dem Kreuzestod Jesu das Leben endgültig über den Tod gesiegt habe.

Die endgültige Hinwendung zum christlichen Glauben vollzieht sie im Herbst 1921, nachdem sie die Biografie der Karmelitin Theresa von Avila gelesen und für sich erkannt hat: „Das ist die Wahrheit.“ Edith lässt sich gegen den Willen ihrer jüdischen Mutter am Neujahrstag 1922 taufen und wird Katholikin. Schon damals will sie Karmelitin werden, vollzieht diesen Schritt aber mit Rücksicht auf ihre Mutter erst 1933.

Im Lebensbild der Edith Stein sehen wir auch den langen Weg zur Gleichberechtigung der Frauen. Obwohl die promovierte Philosophin im In- und Ausland viel beachtete Vorträge hält, bekommt sie keine Chance, sich an einer Universität zu habilitieren und Professorin zu werden. Statt dessen gibt sie Volkshochschulkurse, unterrichtet bei den Dominikanerinnen in Speyer und wird 1932 Dozentin am Münsteraner Institut für wissenschaftliche Pädagogik.

Wir sehen in Edith Steins Lebensbild auch, wohin Extremismus und Rassismus führen können. Nach ihrer Machtübernahme sehen die Nazis in der katholischen Christin, die auch ihre Schwester Rosa vom christlichen Glauben überzeugt hat, vor allem die Jüdin. Edith Stein verliert ihre Dozentenstelle und erkennt, wohin Hitlers Politik führt.

Ihr Appell an Papst Pius XI., in einer Enzyklika die im Nazi-Deutschland beginnende Verfolgung der Juden zu verurteilen und die Juden in Schutz zu nehmen, bleibt ungehört, weil der Vatikan 1933 mit Hitler ein Reichskonkordat aushandelt, das die katholische Kirche in Deutschland vor staatlichen Übergriffen schützen soll.

Trotz dieser Enttäuschung geht Stein weiter den Weg, den sie als richtig erkannt hat. 1934 wird aus Edith Stein die Karmelitin Schwester Teresa Benedikta vom Kreuz. Sie ahnt schon damals, dass sie auch als Konvertitin von der Judenverfolgung nicht verschont bleiben wird.

Die Ordensfrau, die sich als Mädchen das Beten abgewöhnt hatte, schreibt 1936 das Gedicht: „Erhör, o Gott, mein Flehen und hab auf mein Beten acht“, das später als Lied Nr. 302 ins Gotteslob Eingang findet. Außerdem verfasst sie ein Buch über die Theologie des Kreuzes, das allerdings unvollendet bleiben wird.

1939 flieht die Karmelitin aus Köln nach Echt in Holland, wo inzwischen auch ihre Schwester Rosa bei den Karmelitinnen lebt. Doch Holland wird 1940 von der Wehrmacht besetzt. Und ausgerechnet der Protest der niederländischen Bischöfe gegen die Verfolgung der Juden führt im August 1942 zur Verhaftung und Deportation der Geschwister Stein. Edith Stein wird 1987 selig und 1988 heilig gesprochen.

Dieser Beitrag erschien am 9. August 2012 im Ruhrwort

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