Sonntag, 3. Juli 2011

Gut 200 Katholiken, denen ihre Kirche am Herzen liegt, diekutierten in St. Barbara über deren Weg aus der Krise und in die Zukunft




Wenn Katholiken sich in einer Kirche versammeln, wird in der Regel gebetet. Als sich am Dienstagabend gut 200 Katholiken in der Dümptener Barbarakirche versammeln, wird auch gebetet. Doch der Zweck der Zusammenkunft, zu der Katholiken- und Diözesanrat eingeladen haben, ist, mit der Kirche ins Gebet zu gehen. Zwei Stunden diskutieren Menschen, die sich in der Kirche engagieren und beheimatet fühlen darüber, wie ihre Kirche wieder anziehender, lebendiger und glaubwürdiger werden kann. Dass trotz hochsommerlicher Temperaturen so viele Menschen zum Kirchendialog gekommen sind, werten der Katholikenratsvorsitzende Wolfgang Feldmann und Stadtdechant Michael Janßen als ein gutes Zeichen dafür, dass "Kirche und Glauben den Menschen noch am Herzen liegen".






Was aber auffällt, ist das Fehlen ganz junger Gesichter. "Ich fühle mich hier schon als jung", sagt eine Frau in den Vierzigern. Für einen katholischen Vater aus Selbeck lautet die entscheidende Zukunftsfrage seiner Kirche: "Was wird unsere Jugend glauben und wie können wir die Fundamente unseres Glaubens auf sie übertragen?" Hans-Theo Horn aus Saarn sieht sie Kirchenkrise vor allem als "Glaubens- und Glaubwürdigkeitskrise." Er wünscht sich nicht nur einen Papst, der sich davon überzeugen lässt, dass es auch ein Priesteramt ohne Zölibat und eine Kommunion mit wiederverheirateten Geschiedenen geben kann, sondern auch "eine Kirche, in der es mehr um Begegnung als um Mitgliedschaft geht." Niederschwellige City- und Jugendkirchen sind für ihn das pastorale Gebot der Stunde.Applaus bekommt Gerda Kaufmann aus als Speldorf, als sie "mehr Chancen und eine stärkere Mitwirkung der Frauen in der Kirche" fordert und später auch zu bedenken gibt, ob man konfessionell gemischten Familien nicht auch die gegenseitige Teilnahme an Kommunion und Abendmahl gestatten sollte. "






Die Ökumene wird nicht wirklich vorangetrieben", beklagt auch Kolpingbruder Theo Niess aus Heimaterde. Applaus bekommt er, als er transparentere Entscheidungsprozesse und mehr Mitwirkungsrechte der Laien fordert, sei es bei der Wahl eines Bischofs oder bei der Entscheidung über die Umstrukturierung von Gemeinden."






Die Kirche muss die Menschen stärker mitnehmen und einbinden. Außerdem brauchen die Kirchenvorsteher der Gemeinden mehr Handlungsfreiheit", glaubt Rolf Hohage aus Saarn. Eine Frau aus der Broicher Gemeinde Herz Jesu ist davon überzeugt, dass ihre Kirche nur bestehen kann, wenn sie sich "zu einer ganz anderen Offenheit gegenüber den Jugendlichen" durchringt, "um diese mitzunehmen und für den Glauben zu begeistern.""So geht es auf keinen Fall weiter", sagt der Dümptener Grundschulrektor Andreas Illigens mit Blick auf den Priestermangel und eine katholische Jugendarbeit, "die vor die Hunde zu gehen droht", weil sie keine Impulse mehr durch das aufgelöste Katholische Jugendamt bekommt.






Wie Illigens glauben viele Diskussionsteilnehmer, dass der akute Seelsorgermangel in der katholischen Kirche nur dann aufgelöst werden kann, wenn die Kirche künftig auch verheiratete Männer und Frauen zum Priesteramt zulässt und darüber hinaus auch qualifizierten Laien mehr Seelsorgeaufgaben zutraut.Jochen Schulte aus Stadtmitte warnt beim Thema Seelsorge davor, die alten und kranken Menschen in Kliniken und Altenheim zu vergessen, die nicht mehr zur Kirche kommen können. Kritisch sieht er den Rückzug seiner Kirche aus Kindertagesstätten, durch die Schließung ihres Jugendamtes oder durch die Einsparung ihrer Öffentlichkeitsarbeit, weil sie dadurch die Chance verliere, auch kirchenferne Menschen anzusprechen.






Überhaupt zweifelt er, "ob unsere Kirche den Stresstest in Sachen Nächstenliebe überall bestehen würde." Auch Meinolf Demmel aus Styrum glaubt, dass die katholische Kirche nur durch das aktive Vorbild ihrer Gläubigen: "Guck mal, wie die miteinander umgehen" wieder an Glaubwürdigkeit gewinnen kann, sei es durch lokale Bibelkreise, Gemeindefeste oder auch konkrete Alltagshilfen im eigenen Wohnviertel. Der Saarner Hohage sagt es so: "Wenn wir auf die Menschen zugehen und ihnen zeigen, dass wir uns darüber freuen, dass sie da sind, kommt unsere Kirche auch wieder in die Gänge."




"Wir erwarten schon eine nachhaltige Resonanz auf unsere Vorschläge und Anregungen", machte der Vorsitzende des Katholikenrates, Wolfgang Feldmann, mit Blick auf die Ergebnisse des Kirchendialogs am Dienstag in St. Barbara deutlich. Diesen Dialog sieht der aus Mülheim stammende Vorsitzende des Diözesanrates, Luidger Wolterhoff, der die Veranstaltung moderierte, als "ein wichtiges Transportband, um unseren Dialog mit den Bischöfen zu gestalten."Der Katholikenratschef Feldmann nutzte den Kirchendialog in St. Barbara auch dazu, um die Gründung eines Fördervereins anzukündigen, der die Arbeit der katholischen Ladenkirche am Kohlenkamp absichern soll.






Dieser Beitrag erschien am 30. Juni 2011 in der NRZ

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