Montag, 29. Dezember 2014

Die in Mülheim geborene Regina Greefrath hat sich "nicht gegen eine Familie, sondern für das Kloster entschieden"


Regina Greefrath (2. von links), hier bei den Saarner Klostergesprächen
im November 2014
„Im Moment schwebe ich noch auf Wolke Sieben“, sagt Regina Greefrath. Man könnte meinen, dass die junge Frau, die vor 31 Jahren in Mülheim das Licht der Welt erblickte, von ihrer Hochzeit und den Flitterwochen spricht. Doch ihr Ordenskleid, das dem Besucher nur den Blick in ihr Gesicht freigibt, spricht dagegen.

Doch ist der Vergleich mit der Hochzeit und den Flitterwochen ist gar nicht so abwegig. Denn im Oktober hat sie als Augustiner Chorfrau ihre ewigen Gelübde abgelegt. Damit ist sie als Ordensfrau, wenn man es poetisch ausdrücken möchte, eine Braut Christi.

„Mein Lebensplan sah lange so aus, dass ich mit Kindern arbeiten und einen Mann und Kinder haben wollte“, erzählt Greefrath, die seit ihrer ewigen Profess Schwester Maria Regina heißt. Ihr erster Plan hat sich erfüllt. Heute unterrichtet sie als Lehrerin an der Essener BMV-Schule, die von ihrem Orden getragen, wird Religion und Spanisch. Doch ihr zweiter Lebensplan wird sich, wie es aussieht, nach der endgültigen Entscheidung für ein Leben als Ordensfrau nicht mehr erfüllen. „Ich habe mich nicht gegen eine Familie, sondern für das Kloster entschieden“, betont Greefrath.

In ihrer derzeit 13-körpfigen Ordensgemeinschaft, in der sie mit 31 Jahren die jüngste Schwester ist, fühlt sie sich „wie in einer Familie, in der man seine Talente einbringen kann und mit Menschen zusammenlebt, die ihre Ecken und Kanten haben.“ Der durch Gebet und Arbeit geregelte Alltag gibt ihrem Leben Struktur und Dynamik. Er beginnt um 6.05 Uhr mit der Laudes und einer heiligen Messe und endet mit der Komplet um 20.45 Uhr. Danach zieht sie sich in ihre Privaträume zurück. Die bestehen aus einem jeweils zehn Quadratmeter großen Schlaf- und Arbeitszimmer.

Ein großer Teil ihres Klosterlebens spielt sich als Lehrerin in der Klosterschule und in den Gemeinschaftsräumens des Klosters ab. Bis vor zwei Jahren war die BMV-Schule, die sie selbst als Schülerin besucht hat, ein reines Mädchen-Gymnasium. Dann wurden auch Jungs aufgenommen. „Die Jungen haben unsere Schule bereichert, das Schulleben aber auch turbulenter gemacht. Dabei ist auch schon mal die eine oder andere Lampe mit einem Fußball abgeschossen worden“, erzählt Schwester Maria Regina mit einem Augenzwinkern.

Doch wie wurde aus der ehemaligen Klosterschülerin mit pädagogischen und familiären Ambitionen eine Klosterfrau, die fünfmal täglich betet und die Heilige Schrift studiert oder religiöse und biblische Texte hört. „Das ist schwer zu erklären“, räumt sie ein. Antworten auf diese Frage liefert ihr Leben. Ein katholisches Elternhaus und ein lebendiges Gemeindeleben, an dem sie unter anderem als Meßdienerin mitwirkte, gaben ihr erste religiöse Impulse. Dann folgte während der Pubertät eine religiöse Entfremdung. „Zwischen 13 und 15 fand ich Predigten und Gottesdienste einfach nur doof.“ Erst als sie sich im Vorfeld ihrer Firmung mit Gleichaltrigen und Älteren wieder über den christlichen Glauben austauschte und darüber nachdachte, „wurde mir klar, dass mir Gott doch etwas zu sagen hatte.“ Sie lernte bei Besinnungstagen das Ordensleben der Augustiner Chorfrauen kennen und erlebte, „dass Nonnen ganz normale Menschen sind und dass ihre Lebensform Sinn macht.“

 Doch für sich selbst sah sie damals noch keine Perspektive als Ordensfrau, auch wenn sie bei einer Taize-Fahrt (2001) erstmals das Gefühl hatte, „dass man im gemeinsamen Gebet mit Gott in einen Dialog treten und von ihm getragen werden kann.“ Erst ihr Theologiestudium und ihre Erfahrungen als Pilgerin auf dem Jakobsweg (2007) ließen in ihr den Wunsch wachsen, als Ordensfrau zu leben. „Jeder Mensch geht seinen ganz eigenen Weg zu Gott, den noch kein Mensch vor ihm beschritten hat“, zitiert sie aus der Erinnerung einen Satz, den sie an der Wand einer Pilgerherberge gelesen hatte und der sie anfeuerte, mit ihrem Postulat (ab 2009) den Eintritt ins Ordensleben zu wagen, „weil ich das Gefühl hatte, dass da noch mehr für mich drin war.“ Sie hat diesen Schritt bis heute nicht bereut, weil sie ihr Leben als Ordensfrau und Lehrerin in der Gemeinschaft der Augustiner Chorfrauen, „als eine gute Mischung aus Kontemplation und Aktion“ empfindet. Dabei räumt sie ein, dass sie auch nach ihrer ewigen Profess, ebenso, wie nach einem Eheversprechen bei einer Hochzeit nicht sagen kann, „ob das, was ich versprochen und mir vorgenommen habe, auch immer so funktionieren wird.“ Aber sie glaubt heute fest daran und sieht das Kloster als einen Ort, „an dem ich als junge Frau nicht eingesperrt bin, sondern glücklich sein und meine Fähigkeiten entfalten kann.“

Zur Person


1983 wurde Regina Greefrath in Mülheim geboren. 2003 machte an der Essener BMV-Schule ihr Abitur und studierte anschließend in Münster und Madrid katholische Theologie und Spanisch. 2013 kehrte sie als Lehrerin an ihre alte Schule zurück. Dort unterrichtet Greefrath als eine von drei Ordensfrauen. Die meisten der 80 Lehrkräfte sind also keine Ordensmitglieder. Die BMV-Schule wird zurzeit von 1188 Schülerinnen und Schülern aller Konfessionen, Religionen und Weltanschauungen besucht. Dennoch verpflichten sich alle Schüler zur Teilnahme am katholischen oder evangelischen Religionsunterricht. In ihrer Ordensgemeinschaft, die 2015 eine neue Postulantin aufnehmen werden, kümmert sich Schwester Regina unter anderem um die Sakristei und die Facebookseite der Klostergemeinschaft, deren älteste Mitschwester 86 Jahre alt ist. Die Augustiner Chorfrauen sind derzeit mit Niederlassungen in Essen, Paderborn, Elisabethen bei Salzburg und Bratislava (Slowakei) ansässig. Alle Ordensfrauen verzichten mit ihrem Eintritt ins Kloster auf ihr Privatvermögen. Ihr Lebensunterhalt wird aus der gemeinsamen Klosterkasse bestritten. Weitere Informationen im Internet unter: www.bmv-essen.de


Dieser Text erschien am 27. Dezember 2014 in der Neuen Ruhr Zeitung

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

100 Plus

Wenn man 100 Jahre alt wird, wie das der Mülheimer Jurist Raymund Krause jetzt geschafft hat, kann man was erzählen. In seinem Falle ist es ...