Freitag, 28. Januar 2011

Ein Gespräch über die Lust und die Last des Neuanfangs mit dem arbeitssuchenden Wojciech Brzeska



"Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne, der uns beschützt und der uns hilft zu leben." So hat es der Dichter Hermann Hesse in seinem "Stufen"-Gedicht geschrieben. Doch wie steht es um den Zauber des Neuanfangs, wenn man sich, wie Wojciech Breszka wenn man sich eine neue Arbeitsstelle suchen muss, weil man seinen Arbeitsplatz verloren hat. Für die NRZ sprach ich mit Brzeska über die Lust und Last des Neuanfangens in schwerer Zeit.


Wie haben Sie den Wechsel ins neue Jahr erlebt?
Der Verlust des Arbeitsplatzes ist schon ein einschneidendes Erlebnis, vor allem wenn man diese Erfahrung gleich zweimal in kurzer Zeit machen muss und das unverschuldet und aus rein betriebsbedingten Gründen. Was mir den Abschied von meiner Arbeitsstelle etwas erträglicher gemacht hat, waren die sehr herzlichen Solidaritätsbekundungen meiner Arbeitskollegen, die mir gezeigt haben, das es nicht an mir lag und das meine Arbeit sehr geschätzt wurde. Es tut gut, wenn man in so einer schwierigen Umbruchsituation merkt, dass Menschen an einen denken und mitfühlen.

Ist es schwer, sich nach so einem Rückschlag für einen Neuanfang zu motivieren?
Ich bin ein gläubiger Christ. Und das macht mich auch in dieser Situation gelassen, weil ich weiß, dass auch mein beruflicher Lebensweg durch Gott vorbestimmt ist und ich auch jetzt nicht ins Leere fallen werde. Denn ich weiß einen starken Verbündeten an meiner Seite und kann meine Sorgen so auch an eine höhere Instanz weitergeben.
Sie erleben das Wechselbad zwischen Arbeitsplatzverlust und Arbeitsplatzsuche nicht zum ersten Mal. Gibt Ihnen das so etwas wie Routine?
Ich bin heute etwas ruhiger als beim ersten Mal. Aber von Routine würde ich nicht sprechen. Denn dafür sind Arbeitsplatzverlust und Arbeitssuche eine zu ernste Angelegenheit. Aber ich werde schon durch die Erfahrung gestärkt, dass es schon einmal in meinem Leben mit dem beruflichen Neuanfang geklappt hat. Und ich bin zuversichtlich, dass es diesmal auch wieder gut ausgeht.


Haben Sie in Ihrer Situation für das neue Jahr so etwas wie gute Vorsätze?
Ich war damals nicht passiv. Und ich werde es jetzt auch nicht sein. Mein erster Vorsatz ist es, alles daran zu setzen eine Folgestelle zu bekommen, damit meine Arbeitssuche nicht zu lang wird und ich bald wieder mit beiden Beinen im Berufsleben stehen. Außerdem möchte ich die Kontakte zu meinen ehemaligen Kollegen aufrechterhalten oder wieder auffrischen. Darüber hinaus möchte ich 2011 wieder mehr Sport machen und so etwas für meine Gesundheit tun. Ich denke da zum Beispiel ans Schwimmen und ans Fahrradfahren. Denn ich bin als Schreibtischtäter in den letzten Jahre sehr unsportlich geworden.


Im richtigen Leben muss man sich auch abstrampeln, um voranzukommen. Was gibt Ihnen neben Ihrem Glauben die Kraft dazu?
Ich bin ein optimistischer Mensch. Hinzu kommt meine Familie, die mir Kraft gibt und mir immer wieder zeigt, dass sie sich mit meiner Situation auseinandersetzt und mir vor Augen führt, dass es nicht an mir gelegen hat, dass ich jetzt wieder meinen Arbeitsplatz verloren habe.

Sie haben aber als Familienvater auch eine materielle Verantwortung. Setzt Sie das bei der Arbeitssuche unter Druck?
Ich empfinde diese Verantwortung als einen gewissen Druck, aber auch als eine Motivation beim beruflichen Neubeginn und habe die Zuversicht, dass mir meine 14-jährige Berufserfahrung helfen wird rasch einen neuen Arbeitsplatz zu finden.

Könnten Sie sich vorstellen, auch ganz neu in einem neuen Beruf anzufangen?
Warum nicht, wenn der neue Beruf meinen Vorstellungen und Werten entspräche. Ich musste mich schließlich auch in meinem bisherigen Arbeitsleben immer wieder in neue Bereiche einarbeiten. Ich sehe den Neuanfang auch als Chance.

Empfinden Sie ihre unfreiwillige Freizeit als Arbeitssuchender als Last?
Man muss die Tage bewusst strukturieren und darf die Dinge nicht auf die lange Bank schieben. Man darf nicht auf Arbeitsangebote warten, sondern muss selbst aktiv nach ihnen suchen und auf sie zugehen. Ich habe aber nicht das Gefühl, dass meine Zeit als Arbeitssuchender langsamer vergeht. Es macht manchmal auch Spaß, mehr Zeit für Dinge zu haben, die man im Haus erledigen muss und für die man während der Berufstätigkeit keine Zeit hatte.

Sie haben mit Ihrer Übersiedelung von Polen nach Deutschland schon einmal neu angefangen. Hilft Ihnen diese Erfahrung bei ihrem jetzigen Neuanfang?
Das war damals eine ganz andere Situation, weil es eine freiwillige und bewusst getroffenen Entscheidung war. Das war für meine Frau und mich kein Abenteuer und kein Sprung ins kalte Wasser.

Zur Person: Wojciech Brzeska wurde 1965 im polnischen Sosnowiec geboren und studierte nach dem Abitur in Krakau und Kattowitz Germanistik. 1988 entschloss er sich zusammen mit seiner Frau nach Westdeutschland zu übersiedeln. 1995 schloss er an der Universität Essen ein Magister-Studium der Fächer Germanistik und Theologie ab. Anschließend absolvierte er an der TÜV-Akademie des Rheinlandes in Düsseldorf eine Zusatzausbildung als PR-Journalist und war von 1996 bis 2006 für die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der katholischen Stadtkirche und der Caritas zuständig. Nach der Auflösung der katholischen Presseabteilung wechselte er 2007 zur Mülheimer Sozialholding, die die städtischen Altenheime betreibt. Hier war er bis Ende 2010 als PR-Referent und als Assistent der Geschäftsführung tätig. Brzeska ist Vater einer 15-jährigen Tochter.
Dieser Text erschien am 19. Januar 2011 in der NRZ

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