Die
Weltpolitik betrifft auch Mülheim. Das machte Oberbürgermeister, Marc Buchholz,
am Freitag bei einer Feierstunde im Ratssaal deutlich. 25 Aktive der 1992 von
Dagmar van Emmerich ins Leben gerufenen Initiative Tschernobyl-Kinder wurden von
Buchholz mit einer Urkunde und mit einem Eintrag ins Gästebuch der Stadt für
ihr humanitäres Engagement geehrt.
Jürgen Skotschke, der seit 2022 an
der Spitze der Tschernobyl-Initiative steht, ließ mit einer Fotoshow den seit
30 Jahren geleisteten Einsatz für die Menschen in Weißrussland Revue passieren.
Zwei Drittel der atomaren Verstrahlung traf 1986 zwei Millionen Menschen in
Weißrussland. In der 45.000-Einwohner-Stadt-Zhodino, 60 Kilometer östlich von
der Hauptstadt Minsk und im
2000-Einwohner-Ort Dobryn, das 260 Kilometer östlich von Minsk und damit nahe
der ukrainischen Grenze liegt, hat die Unterstützung der Tschernobyl-Initiative
für die dort lebenden Menschen segensreich gewirkt. Neben vielen
Freundschaften, die seit 1992 entstanden sind, stehen die Förderung mehrerer
Schulen, einer Sozialstation, Fortbildung, Einzelfallhilfen sowie die Gründung
und Förderung eines inklusiven Jugendzentrums und einer inklusiven Werkstatt auf
der Haben-Seite der Initiative Tschernobyl-Kinder Möglich wurde all das durch
bürgerschaftliches Engagement in unserer Stadt. Denn hier arbeiten Ehrenamtliche
im Tschernobyl-Laden am Kohlenkamp 2. Sie verkaufen (werktags von 10 bis 15-
und samstags von 10 bis 13 Uhr) dort für kleines Geld Gutes aus zweiter Hand,
dass ihnen Menschen gespendet haben. So kommt ein Euro für die guten Taten der
Initiative Tschernobyl-Kinder zum anderen.
Bis 1990
waren Weißrussland und die Ukraine Teil der Sowjetunion. Seit der russische
Präsident Putin am 24. Februar 2022 den Angriffskrieg auf die Ukraine begonnen
hat, sind Russlands Verbündeter Weißrussland und die Ukraine Kriegsgegner.
„Wir haben
darüber diskutiert, ob ich das Grußwort des weißrussischen Botschafters, in dem
er sich für die humanitäre Hilfe der Initiative Tschernobyl-Kinder bedankt,
vorlesen soll“, räumt Oberbürgermeister Buchholz ein. Dass er sich dafür
entschieden hat, begründet er mit dem Hinweis, „dass wir uns einen baldigen
Frieden und eine positive Veränderung der geopolitischen Lage wünschen, die
humanitäre Hilfe für die Menschen in Weißrussland und in der Ukraine möglich
macht.“ Für Buchholz hat die Reaktor-Katastrophe in Tschernobyl unser Leben
ebenso nachhaltig verändert, wie die islamistischen Terroranschläge des 11.
September 2001.
Der
44-jährige IT-Fachmann Oliauzimir Malkowich, seine Mutter Galina Malkowich, die
weißrussische Lehrerin Swetlana Kosiecka, die aus der Ukraine stammende Elena Briel
und die aus Usbekistan stammende Irina Borosaja verbindet ihr Engagement in und
mit der Tschernobyl-Initiative. Für sie gilt: „Politik ist Politik. Und
Menschen sind Menschen.“
Auch der
Vorsitzende der Initiative, Jürgen
Skotschke, ist überzeugt, „dass wir als Vertreter einer
zivilgesellschaftlichen Hilfsorganisation mehr für die Menschen in Weißrussland
und in der Ukraine erreichen können, als es Politiker könnten. Allerdings weist er darauf hin, „dass wir derzeit
aufgrund der internationalen Sanktionen gegen Weißrussland derzeit weder Geld-
noch Sachspenden dorthin bringen können.“
Deshalb schickte die Initiative Tschernobyl-Kinder e.V. im
November 2022 mehr als 900 „Schuhkartons
der Hoffnung“, gut gefüllt mit gespendeten Dingen, die man fürs Über-Leben
braucht, nicht nach Weißrussland, sondern über die polnischen Partnerstadt
Opole (Oppeln) in deren ukrainische Partnerstadt Iwano-Frankiwsk.
Damals packte auch OB Buchholz mit an und ließ sich von Jürgen Skotschke als Mitglied für
die Initiative Tschernobyl-Kinder werben. Tatsächlich konnte Skotschke nach dem Festakt im
Ratssaal neue Mitglieder begrüßen, die ihm im Vorbeigehen einen Aufnahmeantrag
in die Hand drückten. „Sobald das möglich ist, werden wir unsere Hilfe für die
Menschen im weißrussischen Zhodino und in Dobryn wieder aufnehmen. Wir sind
aber auch bereit, uns in das neue Städtepartnerschaftsdreieck zwischen Mülheim,
Oppeln und Iwano- Frankiwsk einzubringen“, betont Jürgen Skotschke.
Für Oliauzimir
Malkowich, der 1993 zu den ersten Tschernobyl-Kindern gehörte, die bei den van
Emmerichs und anderen Mülheimer Gasteltern einen Erholungsurlaub erlebten und
im Bonner Kinderkrankenhaus gegen ihre aus der atomaren Verstrahlung
resultierenden Krebserkrankung behandelt wurden, ist es heute noch wie ein
Wunder, „dass ich mithilfe so vieler sozial engagierter und guter Menschen in
Deutschland meine Krankheit überleben und meinen Horizont erweitern konnte.“
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen