Sonntag, 26. Oktober 2025

Apropos Stichwahl

 Mülheimer Stichwahlen haben es in sich. Das zeigte sich auch bei der jüngsten Stichwahl, mit der Oberbürgermeister Marc Buchholz knapp und im zweiten Anlauf im Amt bestätigt worden ist.  Wie schon die erste OB-Stichwahl im September 1999, zeigte diese Stichwahl: Bei einer Wahl kommt es auf jede Stimme an, die gut abgegeben und gezählt werden will.

Denn wie schon anno '99 stand das endgültige Wahlergebnis auch diesmal erst nach einer Nächzählung fest. Und wie vor 26 Jahren konnten sich die Sozialdemokraten auch diesmal nur kurzfristig als Wahlsieger fühlen und feiern. War am 26. September 1999 der sozialdemokratische Stadtverordnete Thomas Schröer mit 33 Stimmen Vorsprung zum Wahlsieger und damit zum Oberbürgermeister ausgerufen worden, so hatte Mülheims SPD-Chefin Nadia Khalaf am 28. September 2025 auch nur kurzfristig Freude an ihrem 67-Stimmenvorsprung, der ihr die Wahl zur dritten Mülheimer Oberbürgermeisterin verhieß.

Damals wie heute waren die Christdemokraten, 1999 mit ihrem Kandidaten Dr. Jens Baganz und 2025 mit dem Amtsinhaber Marc Buchholz die glücklichen Gewinner. Dabei fiel ihr, im zweiten Anlauf, amtlich festgestellter Vorsprung mit 2025 mit 201 Stimmen deutlicher aus als bei der ersten OB-Direktwahl, als der Jurist Jens  Baganz nach der Nachzählung am Ende mit einem Plus von 58 Stimmen als erster direktgewählter Oberbürgermeister Mülheims feststand. "Das war eine Achterbahn der Gefühle, die man niemandem wünscht", hat sich der inzwischen bei den Grünen politisch aktive Baganz vor der jüngsten Stichwahl an den Wahlkrimi des Jahres 1999 erinnert.

Mit der Direktwahl des Oberbürgermeister wurde das nordrhein-westfälische Kommunalwahlrecht demokratischer, weil die wahlberechtigten Bürgerinnen und Bürger jetzt über die hauptamtliche Stadt- Rats- und Verwaltungsspitze mitbestimmen konnten, wie das außerhalb unseres 1946 von den Briten gegründeten Bundeslandes, bereits seit Jahrzehnten der Fall war.

Dass es bis 1999 eine vom Rat der Stadt gewählte Doppelspitze gab, die aus einem ehrenamtlichen Oberbürgermeister und einem hauptamtlichen Oberstadtdirektor gab und damit die Spitzen von Stadt, Rat und Verwaltung personell getrennt waren, war dem Vorbild der britischen Kommunalverfassung, die die britische Militärregierung im Rahmen ihrer Reeducation 1946 in ihrer Besatzungszone einführte, zu der auch Mülheim an der Ruhr gehörte.

Apropos Stichwahl. Stichwahlen kannten die Mülheimer auch schon zu Kaisers Zeiten. Auch damals wurde der Oberbürgermeister vom Stadtparlament gewählt, das sich aber auf der Basis eines steuerzensusbasierten und damit undemokratischen. Dreiklassenwahlrechtes gewählt wurde. Wie seit 1999 waren Mülheims Oberbürgermeister auch bis 1945 hauptamtliche Stadtoberhäupter, Ratsvorsitzende und Verwaltungschefs.

Doch wer zwischen 1871 und 1918 als Abgeordneter in den Deutschen Reichstag einziehen wollte, musste in seinem Wahlkreis die absolute Mehrheit der Stimmen gewinnen, die damals allerdings ausschließlich von den mit 21 Jahren volljährigen Männer abgegeben werden konnten. Das Frauenwahlrecht sollte erst 1918 mit der Weimarer Republik eingeführt werden. Man(n) staunt noch heute über diese späte Demokratisierung der Politik, die inzwischen Oberbürgermeisterinnen, Ministerinnen, Ministerpräsidentinnen und Bundeskanzlerinnen hervorgebracht hat. Denn ohne Frauen ist keine Stadt und kein Staat zu machen.

Das sah man(n) bis 1918 aber anders und sah sich mit dem allgemeinen und freien Reichstagswahlrecht schon an der Spitze des demokratischen Fortschritts. Dieses absolute Mehrheitswahlrecht, wie es heute noch in Frankreich praktiziert wird, führte im Mülheimer Wahlkreis der Kaiserzeit zu Stichwahlentscheiden, die in der Regel von nationalliberalen Kandidaten gewonnen wurden.

Nur bei der Reichstagswahl 1907 wurde mit dem Tischler Clemens Hengsbach ein Sozialdemokrat in den Reichstag gewählt. Kein Wunder. Denn erst ab 1906  erhielten Reichstagsabgeordnete Diäten. Bis dahin hatten sich nur gutbetuchte Wirtschafts- und Bildungsbürger die Ausübung eines Reichstagsmandates leisten können.

Sonntag, 21. September 2025

Ein Bild sagt mehr als 1000 Worte

Im Leben ist alles politisch, auch die Fotografie, zumal in Wahlkampfzeiten. Und so setzten die Mülheimer Fotografinnen und Fotografen Andreas Köhring, Marie Brüske, Frank Koch und Elisabeth Harbecke in diesen Tagen und Wochen des Mülheimer Kommunalwahlkampfes Kandidatinnen und Kandidaten für das Stadtparlament und für die Stadtspitze ins rechte Bild, je größer, desto besser.

Denn Wahlplakate wollen auch im schnellen Vorbeigehen und Vorbeifahren als Erinnerungsposten für den Wahltag unübersehbar sein. "Bei unseren Plakatfotos geht es weniger um politische Inhalte, als vielmehr um Sympathie, Reichweite und um den Wiedererkennungseffekt", sind sich die am Plakatstandort Klostermarkt befragten Foto-Profis mit Blick auf ihre Kunstwerke in Sachen Demokratie und Wahlwerbung einig.

Elisabeth Harbecke, die mit der Grünen (Umweltamtsleiterin) Ulrike Bresa erstmals eine OB-Kandidatin ins Bild gesetzt hat, ist überrascht, dass bei den Fotoshootings ihrer Kolleginnen und Kollegen auch eine Visagistin zum Einsatz gekommen ist. Sie selbst ist mit ihrer OB-Kandidatin durch die Innenstadt gegangen und ist am Torbogen in der Altstadt und am neu entstehenden Radweg auf der Kaiserstraße auf der Suche mach einer authentischen Foto-Location fündig geworden. Andreas Köhring und seine Kollegin Marie Brüske haben ihre OB-Kandidatin Nadia Khalaf von der SPD mit einer zuhörende Nachdenklichkeit ausstrahlenden Gesprächssituation im Stadtquartier Schloßstraße inszeniert.

Frank Koch verrät, dass er seinen OB-Kandidaten Peter Beitz und seine Mitbewerberinnen und Mitbewerber pragmatisch im Sinne einer individuellen Terminplanung zum Shooting in sein Fotostudio gebeten hat. Das Ziel ihres Wahlkampfes, das Rathaus bildet den computertechnisch geschaffenen Hintergrund ihres Gruppenportraits. Die Liberalen setzten auf ein Teamfoto ihrer Spitzenkandidatinnen und Kandidaten für den Rat. Im Instagram-Stil haben sie die Konterfeis ihrer Kandidaten und Kandidatinnen für das Stadtparlament mit deren farblich hervorgehobenen Namen versehen.

Unabhängig von der Frage, wer am Ende für wen, das politisch perfekte Bild abgibt, sind sich Köhring, Koch, Brüske und Harbecke am Ende der plakativen Bildbetrachtung in Wahlkampfzeiten darin einig, "dass uns Demokratie alle angeht und wir uns deshalb nicht nur mit Blick auf die Wahlplakate, ein Bild von den zur Wahl stehenden Kandidaten und Kandidatinnen machen sollten", um nach bestem Wissen und Gewissen eine gute Wahl für unsere Stadt und damit für uns alle treffen zu können.  

Freitag, 5. September 2025

Mülheimer Höhenflüge und Bruchlandungen

 Der größte Flughafen an Rhein und Ruhr liegt im Ruhrgebiet. Das war Mitte der 1930er Jahre Realität. In einer Zeit, in der das Fliegen noch der pure Luxus war, war der 1925 in Raadt eröffnete Flughafen Essen/Mülheim als Rhein-Ruhr-Flughafen Westdeutschlands wichtigster Flughafen. Von hier aus konnte man Ziele in Deutschland und Europa erreichen, wenn Geld kein Problem war. Doch auch für die Schönen und Reichen war das Fliegen damals so ein teurer Spaß, dass sich die Fluggäste vor ihrem Start ablichten ließen, um ihre Flugreise auch zu dokumentieren. Geld spielte auch für die Führer Nazi-Deutschlands keine Rolle. Zwischen 1933 und 1940 flogen deshalb auch Hermann Göring, Joseph Goebbels und Adolf Hitler hier ein, um ihre industriellen Unterstützer Kirdorf, Thyssen und Krupp zu besuchen, Ehrenbürgerschaften der Ruhrstädte entgegenzunehmen oder das NS-Parteivolk auf Linie zu bringen und zu halten.

Lieber erinnern wir uns heute daran, dass in den 1980er und 1990er Jahren so prominente Zeitgenossen, wie Queen Elisabeth II., Carl Gustaf XVI. von Schweden, Papst Johannes Paul II. und Bundespräsident Roman Herzog von Amtswegen in Essen/Mülheim gelandet sind.

Auch die Zeppelin-Landungen der Jahre 1931 und 1939 waren echte Publikumsmagneten. So steil der Aufstieg des Flughafens Essen/Mülheim vor dem Zweiten Weltkrieg war, so steil war auch sein nachfolgender Abstieg. Aus dem Militärflughafen, der auch mithilfe unmenschlicher Zwangsarbeit ausgebaut wurde, machte die britische Militärregierung ab 1945 einen LKW-Parkplatz. 

Luftverkehr gab es in Essen/Mülheim erst wieder ab 1950. Der 1925 gegründete AERO-Club und die 1955 von Theo Wüllenkemper und Inge Bachmann gegründete Westdeutsche Luftwerbung machten es möglich. Wie in den 1930er Jahren wurde der Flughafen  Essen/Mülheim in den 1950er Jahren wieder zum Ausbildungsflughafen. Auch heute werden in Essen/Mülheim Pilotinnen und Piloten ausgebildet. 65 Prozent aller Flugbewegungen in Raadt sind heute Ausbildungsflüge. Obwohl mit Theo Wüllenkemper (WDL) und Kurt Conle (LTU) zwei Mülheimer Unternehmer im Zuge des westdeutschen Wirtschaftswundes auch ins Flugreisegeschäft einstiegen, muss die Nachkriegsgeschichte des Flughafens Essen/Mülheim als eine Geschichte der verpassten Chancen erzählt werden. Politische Grundsatzentscheidungen führten dazu, dass die ursprünglich kleineren Flughäfen der Landeshauptstadt Düsseldorf und des Bundeshauptstadt (Köln)Bonn zu Ungunsten von Essen/Mülheim ausgebaut wurden. In den 1950er Jahre vereitelten juristische und politische Wiederstände den Ausbau zum Forschungsflughafen. Essen/Mülheim war damals sowohl als Standort für das Luftfahrtbundesamt als auch als Sitz des heute in Köln ansässigen Deutschen Luft- und Raumfahrt-Zentrums im Gespräch. Neben den Flugschulen und dem AERO-Club sorgt heute vor allem die WDL, die seit 1972 Luftschiffe für Werbekunden und zu Rundenflügen aufsteigen lässt, dafür, dass der vor100 Jahren in Betrieb genommen worden ist, ein lebendiger Luftfahrtort bleibt und dank einer neuen Luftschiff- und Eventhalle auch zu einem beliebten Veranstaltungsort geworden ist. Mehr über den Flughafen Essen/Mülheim erfährt man unter anderem hier

Sonntag, 31. August 2025

Mülheim inklusive

 Folgt man den Statistikern von IT NRW, dann leben in Mülheim an der Ruhr rund 18.000 Menschen mit einer Behinderung. Die Dunkelziffer dürfte höher sein, da nur die Menschen gezählt werden, die als Inhaberin und Inhaber eines Schwerbehindertenausweises registriert sind.

"Wir sind nicht behindert. Wir werden behindert", sagt die neue Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Behindertenselbsthilfe und Chronisch Kranker, Ursula Busch. Rechtzeitig vor der Kommunalwahl ließen sich die Kandidatinnen und Kandidaten für das Oberbürgermeisteramt von der AGB im Rollstuhl durch die Innenstadt schieben und sich im Nachgang in einer Podiumsdiskussion zu ihren inklusionspolitischen Vorstellungen befragen. 

Ihr immer wieder zu hörender Erfahrungsbericht nach der Rollstuhlstadttour lautete: "Man sieht und erlebt die Stadt im Rollstuhl anders und man wird auch anders gesehen beziehungsweise schneller übersehen, weil man eben eine Etage tiefersitzt!"

Zu hohe oder zugeparkte Bordsteine und Bürgersteige, Einstiegs- und Ausstiegsprobleme beziehungsweise Unfallrisiken im öffentlichen Personennahverkehr, zu klein gedrucktes und zu umständlich formuliertes. All das und noch vielmehr kam bei der Diskussionsveranstaltung im Heißener Nachbarschaftshaus der Mülheimer Wohnungsbaugenossenschaft zur Sprache. Allein die Tatsache, dass es die AGB als Behindertenbeirat der aktuell 175.000 Einwohnerinnen und Einwohner zählenden Stadt Mülheim an der Ruhr bereits seit 1979 gibt und dass die AGB schon 1992 eine bis heute gültige Checkliste für barrierefreies Bauen erstellt hat, zeigt, dass das Thema Inklusion ein gesellschaftspolitischer Dauerbrenner ist und bleibt. 

Die Diskussionsveranstaltung der AGB legte aus gutem Grund beim Thema Finanzen und Personal den Finger in die Wunde. Immerhin hat der Stadtrat der AGB erstmalig einen Einmalbetrag von 5000 Euro bewilligt. Doch zurzeit wird die ehrenamtlich arbeitende AGB vor allem durch die hauptamtlichen Personalprobleme im Gesundheitsamt der Stadt Mülheim an der Ruhr ausgebremst. Denn im Gesundheitsamt an der Heinrich-Melzer-Straße ist mit der Behindertenbeauftragten auch die Geschäftsstelle der AGB angesiedelt. Doch diese Geschäftsstelle ist aufgrund eines akuten Personalmangels nur zwei Stunden pro Woche besetzt. Ursprünglich wurden der hauptamtlichen Geschäftsführung der AGB acht Arbeitsstunden pro Woche zugestanden, was auch schon nicht gerade großzügig war.

Dienstag, 12. August 2025

Weise, aber nicht leise

Der Mann, der bei Bild Hans Esser war, rät seinem Publikum: "Leute lest Zeitung!" Der Journalist und Schriftsteller Günter Wallraff, der inzwischen zur Generation 80 Plus gehört, liest täglich fünf Zeitungen. Sagt er. Auch im digitalen Zeitalter ist das recherchierte und gedruckte Wort das beste Gegengift gegen Fake News und das beste Lebenselixier für eine funktionierende und wehrhafte Demokratie, deren gebildete und nicht nur an Wahlsonntagen aktive Staatsbürgerinnen und Staatsbürger sich kein X für ein U vormachen lassen. Bei der sommerlichen Sonntagsmatinee, zu dem das Theater an der Ruhr hält Wallraff, interviewt vom Schriftsteller Ralph Hammerthaler, einen Gottesdienst für die Gläubigen. Sein bildungsbürgerliches Publikum kennt ihn und schätzt ihn, ist als Fankurve in den Raffelbergpark gekommen und verschafft ihm so ein Heimspiel.

Ob als Unfreiwilliger bei der Bundeswehr, ob als freiwillig Gefangener der griechischen Militärdiktatur (1973), ob als Hans Esser bei der Bild (1977) oder als türkischer Arbeiter Ali bei Thyssen (1985): Wallraff, der auch noch mit mehr als 80 Jahren in Jeans, T-Shirt, Turnschuhen und Basecap, wie ein jugendlicher Rebell auftritt, sagt: "Jeder hat seine Möglichkeiten. Wir können die Welt nicht retten. Aber wir können Menschen helfen, die unsere Hilfe brauchen."

Aus seiner eigenen Biografie weiß er: "Auch wenn ich selbst ein Einzelgänger bin, weiß ich doch, dass wir nur gemeinsam etwas erreichen und unsere Gesellschaft besser machen können!" Dankbar ist er für die demokratische Gegenöffentlichkeit, die ihm immer wieder ein Forum gab und ihn den Rücken stärkte, wenn er von Prozessen seiner mächtigen Gegner überzogen, mit dem Rücken zur Wand stand.

Und auch als flotter Achtziger lässt ihn das Unrecht und die Unmenschlichkeit in unserer Gesellschaft nicht ruhen. Deshalb hat er jetzt das Thema Pflege im Visier. Seine Position ist klar: Mit der Pflege sollte kein Geld verdient werden. profitmaximierende Aktiengesellschaften haben in der sozialen Gemeinschaftsaufgabe Pflege nichts zu suchen. 

Trotz positiver Pflege-Beispiele sieht Wallraff in weiten Teil des realexistierenden stationären und ambulanten Pflegebetriebs Deutschland die Menschenwürde der Pflegebedürftigen und der Pflegenden als verletzt an. 

Freitag, 4. Juli 2025

Eine starke Frau

Zurecht ist sie oft mit der Albert-Schweitzer verglichen worden. Ihr Lambrene heißt Litembo und liegt in Tansania. Und für sie gilt auch Albert Schweitzers Satz: "Das schönste Denkmal, das wir uns setzen können, ist das in den Herzen unserer Mitmenschen." 

Jetzt ist Mülheimer Ärztin Dr Irmel Weyer im Alter von 98 Jahren verstorben. Von 1960 bis 1996 hat sie dort die vormalige Gesundheitsstation der Benediktinerinnen zu einem angesehenen Krankenhaus in kirchlicher Trägerschaft ausgebaut. Heute leiten sechs einheimische Ärzte in Litembo eine 320-Betten-Klinik. Ihre medizinische Ausbildung in England, Deutschland und Österreich verdanken sie Irmel Weyer und ihren Unterstützern. 
Pastor Erich Endlein aus ihrer Heimatgemeinde St. Engelbert ist, hat sich ein solches menschliches Denkmal mit der Klinik in Luxemburg Tansania gesetzte , die Klinik in den Jahren 1960 bis 19 war der Mann an ihrer Seite, indem er 1967 einen Förderverein ins Leben rief, der inzwischen zur Dr.-Irmel-Weyer-Stiftung geworden ist.

In der NS-Zeit gehörte Weyer zur katholischen Jugend, die von den damaligen Machthabern nicht gerne gesehen wurde und sich deshalb im Keller des Gemeindehauses an der Aktienstraße versammeln musste. Dort an der Aktienstraße hatte Weyer bis zuletzt eine eine Wohnung, obwohl sie nach ihrer Pensionierung in Ostercappeln lebte und dort ihre ältere Schwester pflegte.

"Ich wollte Menschen helfen. Und ich wollte es tun, wo es bisher noch niemand anderes getan hat", hat Irmel Weyer 2010 die Motivation ihres Lebensweges beschrieben. 

Nach dem Abitur an der Luisenschule studierte Weyer in Passau und Regensburg Medizin. Dort kam sie auch mit den Benediktinerinnen in Kontakt, die ihre den Weg nach Litembo wiesen. Dort führte sie im November 1960 in einer Lehmhütte und im Schein einer Taschenlampe dann ihre erste Operation aus. Freiwillig und bewusst verzichtete Dr. Irmel Weyer auf Ehe und Familie, um möglichst vielen Menschen mit ganzer Kraft helfen und beistehen zu können.

Sonntag, 29. Juni 2025

Sozial und liberal

 Sie war eine Sozialliberale. Jetzt ist die ehemalige FDP-Fraktionsvorsitzende Brigitte Mangen im Alter von 88 Jahren verstorben.

Ihr ebenfalls in der FDP aktiver Sohn Christian nennt seine Mutter eine "Preußin". Und damit meint er nicht nur ihre westpreußische Herkunft, sondern auch ihren disziplinierten Lebensstil.

Die Mülheimer Stadtgesellschaft, deren Teil die zweifach Mutter und vierfache Großmutter 1968 wurde, wird Brigitte Mangen vor allem als langjährige Gründungsvorsitzende des Kinderschutzbundes und als Madame La Tours in Erinnerung behalten. Schon vor der Gründung des Mülheimer Städtepartnerschaftsvereins (1995) kümmerte sich Mangen federführend und herausragend um die 1962 begründete Städtepartnerschaft mit Tours, 

Ihr Engagement hat seine Wuzeln sicher in ihrer Biografie als Vertriebe und als Finanzbeamtin, die in den Jahren 1958 bis 1968 für die Europäische Kommission in Brüssel gearbeitet hatte.

Zu ihrem Selbstverständnis als Sozialliberale, die 1999 in die kommunalpolitische Nachfolge ihres 1998 verstorbenen Ehemannes Rolf getreten war, gehörte auch ihr ebenfalls ehrenamtliches Engagement in führenden Positionen des weltanschaulich und parteipolitisch unabhängigen Paritätischen Wohlfahrtsverbandes.

Brigitte Mangen wird uns fehlen, aber auch unvergessen bleiben. 

Apropos Stichwahl

  Mülheimer Stichwahlen haben es in sich. Das zeigte sich auch bei der jüngsten Stichwahl, mit der Oberbürgermeister Marc Buchholz knapp u...