Mit Musik geht alles besser. So sagt man. Als Schüler machte
ich meine Hausaufgaben auch gerne unter den entspannenden Klängen klassischer
Musik, wenn meine Motivation und geistige Spannkraft nachzulassen drohten. Im
Fach Mathematik konnte mich aber auch die schönste Symphonie nicht in die Leichtigkeit
des Seins versetzen und meinen Geist auf das hohe C bringen. Mathematik, ob
daheim oder in der Schule, war für mich stets ein Trauermarsch oder bestenfalls
ein Kriminaltango. Heute lassen es Schüler bei der musikalischen Begleitung nicht
mehr mit Musik in den eigenen 4 wänden bewenden. Sie lassen sich via Smartphone
und Kopfhörer auch unterwegs, zu Fuß, auf dem Fahrrad oder in der Straßenbahn beschallen.
Den Höhepunkt der musikalischen Ausgelassenheit erlebte ich jetzt in einem Mülheimer
Fachmarkt für Unterhaltungselektronik. Dort nutzten Schüler ihre Schulferienfreizeit
dafür, um sich die Neuheiten auf dem Audio- und Hifi-Markt nicht nur
anzuschauen, sondern die Probe aufs Exempel zu machen. Sie drehten eine
Musikanlage gleich soweit auf, das allen Verkäufer und Kunden das Hören und Sehen
verging und legten passend zum Sound ihrer Wahl zwischen den Regalen eine kesse
Sohle aufs Parkett.
Auch ihre sehenswerte Tanzeinlage, die zweifellos
Unterhaltungswert hatte, konnte einen erstaunlich dynamisch aus der Tiefe des
Raumes heranspurtenden Verkäufer nicht daran hindern, ihr lautstarkes Gastspiel
mit einem Platzverweis und einigen schroffen Missklängen zu einem Finale
Infernale zu bringen.
Die so gescholtenen Schüler zogen sich denn auch piano
zurück und mussten auch in den Schulferien eine Lektion lernen, die da heißt: Ohne
Moos ist nichts los. Und wo du nicht bist Herr Jesus Christ, da schweigen alle Flöten,
ganz zu schweigen von der Unterhaltungselektronik, die nur den unterhält und
zum Tanzen bringt, der vorher die Kassen hat klingeln lassen. Der Rest ist Schweigen.
Dieser Text erschien am 16. Juli 2019 in der Neuen Ruhrzeitung
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