Auch ein Mülheimer gehörte zu den Männern des militärischen Widerstandes,
die sich um den Grafen von Stauffenberg versammelten, um Hitler am 20. Juli
1944 zu töten und damit den Krieg und die Diktatur zu beenden.
Günther Smend wurde 1912 in Trier geboren. Er wuchs zunächst
in Berlin und ab 1924 in Mülheim auf. Dorthin war sein Vater Julius, ein Hauptmann
und Berufsoffizier der Reichswehr, versetzt worden. Die Familie Smend wohnte im
Luisental 11, wo 2007 im Andenken an Günther Smend ein Stolperstein verlegt
wurde. Schon seit den frühen 1950er Jahren erinnert im Luisental ein „Mann in
Ketten“ als Mahnmal an alle Menschen, die wie Günther Smend Opfer der
nationalsozialistischen Gewaltherrschaft geworden sind.
Sein Weg in den militärischen Widerstand begann nach der
militärischen Ausbildung in Detmold, Kampfeinsätzen in Russland und Frankreich
und dem Besuch der Berliner Kriegsakademie 1943 mit seiner Versetzung in den
Generalstab des Heeres. Dort diente Smend als Adjutant dessen Chef, dem
Generaloberst Kurt Zeitzler. Wie Stauffenberg und andere Generalstabsoffiziere,
teilte Zeitzler die Kritik an Hitlers Entscheidungen, wollte aber nicht so weit
wie sein Adjutant gehen. „Dies ist ein Nicht-Gespräch“, wies Zeitzler Smends
Versuch zurück, ihn zur Teilnahme am aktiven militärischen Widerstand zu
überzeugen. Auch wenn ihn sein Vorgesetzter nicht verriet, wurde Smends
Verbindung zu Stauffenberg und dessen Mitverschwören nach dem gescheiterten
Attentat vom 20. Juli 1944 offenkundig.
In der Nacht des 20. Juli rief Smend seine Frau Renate an,
die damals mit ihren Kindern Henriette (4), Rudolf (3) und Axel (4 Monate) in
Lüneburg lebte. Es war der letzte Kontakt zwischen den Eheleuten und Eltern. Am
1. August wurde Günther Smend als Mitwisser des Hitler-Attentates am Lerther
Bahnhof in Berlin verhaftet und am 30. August 1944 in einem Schauprozess vor
dem Volksgerichtshof zum Tode durch den Strang verurteilt. Das Urteil des
Blutrichters Roland Freisler wurde am 8. September 1944 im Berliner Gefängnis
Plötzensee vollstreckt.
Innere Kraft hatte Günther Smend während der Haft durch die
Lektüre des theologisch-philosophischen Gedichtbandes „Gedanken sind Kräfte „
gewonnen. In diesem Band hatte er unter anderem folgende Sätze unterstrichen: „Ich
habe einen guten Kampf gekämpft. Ich habe den Lauf vollendet. Ich habe Glauben
gehalten.“
Nach der Ermordung ihres Mannes musste Renate Smend alleine
für ihre Kinder sorgen. Immerhin gab es gute Menschen wie den Schweizer Arzt Albrecht
von Erlach, der die Kinder der 1944 hingerichteten Widerstandkämpfer während
der frühen Nachkriegsjahre zum Erholungsurlaub ins Berner Oberland einlud. Doch
es sollte bis zum Ende der 1950er Jahre dauern, bis sie die ihr zustehende
Witwen- und Waisenrente erhielt. Auch die Smends mussten noch in den 1950er Jahren
erleben, dass ihr Ehemann und Vater nicht als Held, sondern als Verräter
angesehen wurde. Das hat sich in der Erinnerung seines jüngsten Sohnes Axel
erst in den 1960er Jahren geändert, als immer mehr junge Menschen ihre Eltern
kritisch fragten: „Wo wart ihr damals und was habt ihr damals gemacht?“ Bei
einem Besuch an der Schule seines Vaters sagte der Berliner Rechtsanwalt Dr.
Axel Smend vor Otto-Pankok-Schülern: „Haben Sie Mut zur Verantwortung in einer
Zeit, in der es an extremistischen Verführern nicht fehlt.“ Und er zitierte den
studentischen Widerstandskämpfer Hans Scholl: „Nicht wir müssen etwas tun,
sondern ich muss etwas tun.“
Erbe und Erinnerung
Heute engagiert sich Günther Smends jüngster Sohn Axel als Kuratoriumsvorsitzender
der Stiftung 20. Juli 1944. Die Stiftung wurde 1949 von Angehörigen der
Widerstandskämpfer gegen Hitler ins Leben gerufen. Ging es in den ersten Jahren
vor allem um materielle Unterstützung der Hinterbliebenen und um die rechtliche
Rehabilitierung der Männer und Frauen des Widerstandes, so ist die Stiftung
heute zusammen mit der Bundesregierung und der Gedenkstätte Deutscher
Widerstand Mitveranstalter der alljährlichen Gedenkfeiern im Berliner Bendler-Block.
Außerdem bemüht sich die Stiftung mit Ausstellungen und Veranstaltungen Menschen
aus allen gesellschaftlichen Gruppen über den Widerstand gegen den
Nationalsozialismus zu informieren und damit das Eintreten für unsere
Demokratie und unseren Rechtsstaat zu fördern. Mehr Informationen gibt es im
Internet unter: www.stiftung-20-juli-1944.de
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