Mittwoch, 28. September 2022

"Wir haben eine tolle Botschaft!"

 Am 25. September hat sich die evangelische Lukaskirchengemeinde von ihrer Pfarrerin Dagmar Tietsch-Lipski verabschiedet. Dann wird die 63-jährige Theologin vom Superintendent Gerald Hillebrand als seine Stellvertreterin und als Pfarrerin entpflichtet. 42 Jahre hat sich Tietsch-Lipski, erst als Vikarin und dann als Pfarrerin in die Pflicht nehmen lassen. Ihren Dienst im Auftrag der Evangelischen Kirche trat die am Niederrhein geborene und aufgewachsene Theologin  zunächst in der Luther Gemeinde Oberhausen an, ehe sie 1986 vom Presbyterium der damals noch eigenständigen Johanniskirchengemeinde zur Pfarrerin gewählt wurde. Seit 2010 ist ihre Gemeinde ein Pfarrbezirk der Lukas-Kirchengemeinde, zu der heute rund 9000 evangelische Christen aus Eppinghofen, Styrum und Dümpten gehören. „Als ich 1986 hier meine Arbeit aufnahm, hatte die Johanniskirchengemeinde noch rund 10.000 Mitglieder“, erinnert sich Tietsch-Lipski an ihre ersten Jahre in Eppinghofen.

Obwohl sie nach ihrem Abitur auch mit der Schauspielerei und mit den Naturwissenschaften liebäugelte, entschied sich Dagmar Tietsch-Lipski 1977 für ein Studium der evangelischen Theologie, „weil ich ein kommunikativer Mensch bin, der gerne mit anderen Menschen zu tun hat.“.

Erst 1973 waren evangelische Pfarrerinnen mit ihren männlichen Kollegen gleichgestellt worden. „Bis dahin mussten Pfarrerinnen ihr Amt aufgeben, sobald sie heirateten. Und ich erinnere mich noch an einen alten Presbyter, der mir mal sagte: ‚Wenn ihr Mann erst mal genug verdient, hören Sie ja wohl auf, als Pfarrerin  zu arbeiten!‘“, berichtet Tietsch-Lipski aus dem selbst erlebten gesellschaftlichen Wandel. Die Mutter von zwei inzwischen erwachsenen Söhnen, die ihren Mann während des Theologiestudiums kennengelernt hat, hätte, so sagt sie, „unter den früheren Rahmenbedingungen niemals das Pfarramt angestrebt, auch wenn Familiengründung damals noch kein Thema für mich war.“

Vor 50 Jahren gehörten noch 88 Prozent der Mülheimer einer christlichen Kirche an. Heute sind es nur noch 50 Prozent. Diesen gesellschaftlichen und demografischen Wandel hat auch Dagmar Tietsch-Lipski schmerzlich zu spüren bekommen. „Als Pfarrerin war die Seelsorge in Form des persönlichen Gesprächs immer mein Kerngeschäft. Aber ich muss zur Kenntnis nehmen, dass immer weniger Eltern ihre Kinder taufen lassen und auch immer weniger Gemeindemitglieder Wert auf einen Haus- oder Krankenbesuch der Pfarrerin legen“, stellt die Theologin fest. „Wir müssen ganz dringend an unserem Gemeinschaftsleben arbeiten. Die Menschen müssen Gemeinden wieder als Gemeinschaften erleben, die sie durchs Leben tragen, weil sie eben nicht nur reine Zweckverbände sind. Deshalb müssen wir unsere Frohe Botschaft, die Menschen Trost, Hoffnung und Freiheit gibt, besser verkaufen“, sagt die Theologin mit Blick auf die Zukunft der schrumpfenden christlichen Gemeinden. Auf die beiden vergangenen Corona-Jahre schaut die Pfarrerin in diesem Zusammenhang zwiespältig zurück: „Einerseits hat uns die Pandemie einen Digitalisierungsschub mit Videokonferenzen und geistlichen Videobotschaften gebracht, den es ohne die Pandemie so nicht gegeben hätte. Andererseits hat die Pandemie unserem Gemeindeleben geschadet, in dem sie die Zahl unserer sonntäglichen Gottesdienstbesucher noch einmal halbiert hat“, bilanziert sie,

Auch wenn sich Dagmar Tietsch-Lipski als Pfarrerin in Eppinghofen und als stellvertretende Superintendentin des Evangelischen Kirchenkreises An der Ruhr gerne in die Pflicht nehmen ließ, freut sie sich jetzt doch auch auf ihre Entpflichtung. „Ich werde jetzt mehr Zeit für Dinge, haben, die in den vergangenen Jahren viel zu oft liegen geblieben sind oder zurückstehen mussten: Lesen, Reisen und Freunde treffen. Doch auch nach meiner Entpflichtung und meinem Umzug nach Saarn, werde ich Mitglied der Johanniskirchengemeinde bleiben und weiterhin ehrenamtlich in den Arbeitsgemeinschaften für Klimaneutralität und Fairen Handel mitarbeiten“, schaut Dagmar Tietsch-Lipski auf ihre neue Lebensphase, in der sie als Pfarrerin weiterhin seelsorgerisch arbeiten kann, es aber nicht mehr muss.


Zum Evangelischen Kirchenkreis An der Ruhr

und:

Zu meinen Texten in NRZ und WAZ

 

Dienstag, 27. September 2022

Gemeinsam arbeiten und lernen

 Die Fliednerstiftung hat am Freitagmittag ihren neuen Bildungs und Werkstattbereich in der Parkstadt der vormaligen Tengelmann-Zentrale an der Wissolstraße eröffnet. Ein Rundgang durch den 2500 Quadratmeter großen Werkstattbereich und den 1650 Quadratmeter großen Bildungsbereich, in denen aktuell mehr als 200 Menschen mit und ohne Behinderung arbeiten und lernen, eröffnete Einblicke in hell, freundlich und, auch mit digitaler interaktiver Technik ausgestattete, Arbeitsräume.

Die Fliednervorstände, Sabine Halfen und Claudia Ott dankten allen Beteiligten die „durch ihre aktive und wohlwollende Unterstützung es uns möglich gemacht haben zeitgemäße Arbeits- und Ausbildungsplätze zu schaffen, mit dem wir heute und morgen Mitarbeitende für uns gewinnen können.“ Halfen und Ott dankten nicht nur den eigenen Fliednerkollegen, sondern auch den Mitarbeitenden der Stadtverwaltung und des Investors Soravia.

Halfen formulierte die mit dem neuen Standort verbundene Aufbruchstimmung so: „Wo man Vorhandenes nicht einfach nur hinnimmt, sondern neue Wege geht, um Neues zu gestalten, da entsteht Bewegung und ein neuer Rhythmus der Lust auf neue Perspektiven macht.“ Aus des Oberbürgermeisters, Marc Buchholz, „gibt uns die Weiterentwicklung des vor zwei Jahren von Soravia übernommenen Tengelmannareals in unserer Stadt Zuversicht, weil hier nicht nur Altes gegangen ist, sondern auch Neues gekommen ist.“

Dr. Wolfgang Kurzacz-Dörflinger vom Investor Soravia bedankte sich bei der Fliednerstiftung, „dafür, dass Sie bereits vor zwei Jahren Soravia Ihr Interesse signalisiert haben, sich in der neuen Parkstadt anzusiedeln. Denn als wir das Areal vor zwei Jahren übernahmen, bot sich uns ein trauriges Bild. Doch heute erfüllt sich die Parkstadt, mit der das ehemalige Tengelmannareal vom geschlossenen zum offenen Gelände geworden ist immer mehr mit Leben.“

Werkstattleiter, Daniel Möller, und Pflegeschulleiter, Dirk Raskopf, machten deutlich, dass sie am neuen Standort ein Wachstumspotential sehen, unter anderem auch durch eine Fortbildungszusammenarbeit der Friedenstiftung mit der ebenfalls in der Parkstadt ansässigen städtischen Berufsfeuerwehr. Pflegeschulleiter Raskopf geht davon aus, „dass wir nicht zuletzt auch durch die Pflegeausbildungsförderung des Landes im kommenden Jahr die Zahl unserer Pflegekurse von aktuell zehn auf elf erhöhen können. Und Werkstattleiter Möller sieht in seinem Bereich die Möglichkeit noch weitere 35 Arbeitsplätze zu besetzen. Im Werkstattbereich der Fliednerstiftung arbeiten Menschen mit Behinderungen zum Beispiel in der Elektro- und Holzwerkstatt, in der Konfektionierung, in der Hauswirtschaft und in der Bürodienstleistung

Sonntag, 25. September 2022

Helfer in der Not

 Das Sommerfest, das das Technische Hilfswerk am Freitagabend mit 220 Gästen feiern konnte, war in diesem Jahr ein ganz besonderes. Denn das THW hatte gleich vierfachen Grund zum Feiern. Das THW konnte seinen Gästen die neu errichteten Gebäude auf seinem Gelände an der Düsseldorfer Straße präsentieren. In den vergangenen beiden Jahren, in denen und das Sommerfest des Technischen Hilfswerk corona-bedingt hatte ausfallen müssen, wurden eine neue Fahrzeughalle und ein Haus mit Sozialräumen errichtet.

Deshalb konnte sich Oberbürgermeister, Marc Buchholz, des Beifalls sicher sein, als er ankündigte, beim Stadtkämmerer, Frank Mendack, 5000 Euro für das Technische Hilfswerk lockerzumachen. „Diese Summe konnten wir einsparen, da ich in diesem Jahr kein Sommerfest veranstaltet habe. Und ich denke, es ist eine gute Idee, wenn dort investiert wird, wo man sich ehrenamtlich für unseren Schutz einsetzt“, sagteBuchholz im Gespräch mit dieser Zeitung.

Die 5000 Euro aus dem Stadtsäckel brachte Buchholz als Geburtstagsgeschenk mit. Denn das Technische Hilfswerk wurde am 25. Juli 1952 in der Gaststätte Salamander an der Löhstraße, also genau vor 70 Jahren, gegründet. Seine Gründungsmitglieder kamen zum Teil noch aus der 1919 gegründeten Technischen Nothilfe.

Der Vorsitzende der THW-Ortsvereinigung Claus Craghs und der Chef der Mülheimer Berufsfeuerwehr, Sven Werner, ließen die Geschichte des Technischen Hilfswerkes Revue passieren und würdigten ebenso wie der Oberbürgermeister wichtige Katastrophenschutzeinsätze des THWs. Craghs und Werner sprachen mit Blick auf die gute Zusammenarbeit der Mülheimer Hilfsorganisationen von „einer Familie des Mülheimer Katastrophenschutzes“. Sie und Buchholz erinnerten zum Beispiel daran, dass das Mülheimer THW bereits bei der Hochwasserhilfe in den benachbarten Niederlanden 1953, acht Jahre nach Kriegsende, einen wichtigen Beitrag zur Völkerverständigung geleistet habe. Lobend erwähnten sie aber auch den handfesten Einsatz der derzeit 100 Mülheimer aktiven THW-Leute, der zum Beispiel bei der Erstaufnahme von Flüchtlingen, beim Aufbau des zentralen Impfzentrums auf dem ehemaligen Tengelmann Areal, Ende 2020, bei der Großbrandbekämpfung im Speldorfer Hafen und beim Ruhrhochwasser im Juli 2021 angefordert wurde.

Der langjährige Vorsitzende der vor 45 Jahren gegründeten und aktuell 160Mitglieder zählenden THW-Helfervereinigung, Wolfgang Thommesen, ist bereits seit 59 Jahren beim THW aktiv. „Damals gab es ja noch die Wehrpflicht und der Dienst bein THW war für mich zunächst nur ein Ersatzdienst. Aber später ist er für mich zu einem Herzensanliegen geworden und ich möchte die gute Kameradschaft in unserer Ortsvereinigung um keinen Preis missen“, sagt Thommessen. Er betont: „Ich hätte mich aber niemals so engagieren können, wenn ich nicht eine Frau danach gehabt hätte, die immer mitgezogen hat, aber inzwischen leider verstorben ist.“ Thommessen und seine Frau Gerlinde konnte man auch bei den Rosenmontagszügen sehen, wenn das Technische Hilfswerk die Straßen der Innenstadt absperrte und mit Erbsensuppe für die Stärkung der Rosenmontagszug-Teilnehmer sorgte

THW-Ortschef Klaus Craghs und THW-Pressesprecherin, Melanie Faust, machen aber keinen Hehl daraus, dass es heute keine leichte Aufgabe ist, Nachwuchs für das Technische Hilfswerk zu gewinnen. Deshalb sind die beiden THW-Frontleute dankbar für die Arbeit der vor 35 Jahren gegründeten THW-Jugend, zu der aktuell 25 Kinder und Jugendliche gehören.

„Wir feiern also insgesamt 150 Jahre THW in Mülheim“, sagte Craghs in seiner Festrede mit einem Augenzwinkern. Besonders positiv bewertete er auch die noch junge Zusammenarbeit mit der Hochschule Ruhr-West. Denn deren Studierende können beim Technischen Hilfswerk eine sechsmonatige technische Grundausbildung absolvieren und, vergleichbar mit Werksstudenten, diese Ausbildung, die jedes aktive THW-Mitglied durchläuft, für ihre Ingenieursstudium anrechnen lassen.

Craghs und Faust betonen aber, dass man kein Technikfreak sein muss, um beim THW einsteigen zu können." Wir haben Platz für viele Talente, egal ob es zum Beispiel um Technik, Organisation, Verwaltung, Ausbildung, Führung oder Öffentlichkeitsarbeit geht.“ Aktuell arbeitet man beim THW zum Beispiel am Ausbau der Interpräsenz. Internet-Informationen über das Mülheimer THW findet man unter: www.ov-muelheim.thw.de.

Auch wenn das 1950 gegründete Technische Hilfswerk, das heute 686 Ortsvereinigungen hat, vom Bund finanziert wird und dem Bundesinnenministerium untersteht, unterstreicht Claus Craghs, „dass wir hier auf der Ortsebene ausschließlich ehrenamtlich arbeiten.“ Allerdings, so erklärt Craghs, „haben THWler, die sich zu einem freiwilligen Einsatz melden, wie das 2021 auch bei unserem Hochwassereinsatz im Ahrtal der Fall war, das gesetzlich verankerte Recht, sich dafür von ihrem Arbeitgeber freistellen lassen, wobei der Bund in diesem Fall den Lohnkostenausfall übernimmt.“


Zum THW Mülheim und: Zu meinen Texten in NRZ und WAZ

Freitag, 23. September 2022

Corona und Co.

Nicht nur US-Präsident Joe Biden hat die Corona-Pandemie für beendet erklärt, auch die Besucher des Münchner Oktoberfestes tun dies. Doch an der lokalen Basis, zum Beispiel beim Deutschen Roten Kreuz geht der Kampf gegen die weiterhin realexistierende Corona-Pandemie und den sich stetig wandelnden Corona-Virus weiter, zum Beispiel bei sonntäglichen Drive-In-Impfung zwischen 10 und 13 Uhr. Eigentlich wollten die Rotkreuzler und ihre Ärztin Dr. Bea schon am 18. September den neuesten Corona-Imofstoff verabreichen. 220 Impfdosen hatten sie auf Lager. Doch die kamen nicht zum Einsatz, weil die Impfempfehlung der aus Vertretern der Länder und ihrer Gesundheitsministerien gebildeten Ständigen Impfkommission ihre Empfehlung erst am 19. September veröffentlichte und die Städte Essen und Mülheim dehalb dazu zwang, die öffentliche Impfaktion am Sonntag zu untersagen. Auch Feuerwehrchef Sven Werner und Beigeordneter David Lüngen konnten mit ihrer Intervention im Düsseldorfer Gesundheitsministerium nichts erreichen.

Anders, als die 200 niedergelassenen Kassenärzte in Mülheim, sind öffentliche Impfstellen, die auf der Stadtebene der Feuerwehr, als der kommunalen Impfzentrale unterstehen, nicht an eine Impfempfehlung der städnigen Impfkommission. Ihnen reicht die Impfempfehlung des Robert-Koch-Institutes und die Anfang September erfolgte Zulassung durch die Arzneimittelagentur der Europäischen Union (EMA).

Der leitende Mülheimer Impfarzt, Stephan von Lackum und sein Essener Kollege Oscar Pfeifer zeigten aus medizinischer Sicht kein Verständnis für das zögerliche Vorgehen der ständnigen Impfkommission, die, wie sie sagen, nicht zum ersten Mal vor Ort angesetzte Impfaktionen verhindert oder verzögert habe und damit bei Impfärzten, ihren Helfern und den impfwilligen Bürgerinnen und Bürgern unnötig für Verdruss gesorgt habe. 


Zu meinen Beiträgen in NRZ & WAZ

Samstag, 17. September 2022

Heimathelden

 Zum Beginn der Ratssitzung sind am Donnerstagnachmittag zum vierten Mal die Mülheimer Heimatpreise verliehen worden. Mit 6000 Euro wurden die zehn Zeitschenkerinnen um Christine Stehle ausgezeichnet, die seit einem Jahr an Demenz erkrankte Bewohner in Mülheimer Pflegeheimen und Demenz-Wohngemeinschaften besuchen, die sonst keinen Besuch bekommen. Inzwischen gehören auch zwei Hunde, zwecks Streicheleinheiten, zum Team.

Stellvertretend für den Verein Naturgarten nahm dessen Sprecherin Sabine Arzberger einen Heimatpreis-Scheck in Höhe von 5000 Euro entgegen. Die Naturgärtner bepflanzen und pflegen die seit 2014 von der Regler Produktion betriebene Freilichtbühne an der Dimbeck und werten sie ökologisch auf, indem sie für mehr Artenvielfalt in Flora und Fauna sorgen.

Über einen Heimatpreis in Höhe von 4000 Euro konnte sich der Vorsitzende des seit 1989 inklusiv arbeitenden Vereins für Bewegungsförderung und Gesundheitssport, Alfred Beyer, freuen.

Die Preisgelder, mit denen ehrenamtliches Engagement für die Heimatgemeinde gefördert wird, wird seit 2019 aus dem Etat des NRW-Ministeriums für Kommunales, Heimat, Bauen und Digitalisierung finanziert.

Wofür wollen die ausgezeichneten Vereine und Initiativen ihr Preisgeld ausgeben? Alfred Bayer vom VBGS kündigt an, das Fördergeld des Landes in einen zweitens Kleinbus für den Fahrdienst des Vereins zu investieren. Zeitschenkerin Christine Stehle freut sich darüber, dass ihr beim von Reiner Krafft geleiteten Verein Eltern werden Eltern sein angesiedeltes Projekt jetzt Geld hat, um zum Beispiel Flyer zu drucken, eine eigene Internetseite aufzubauen und Referenten für eine qualifizierte Fortbildung der Zeitschenkerinnen zu finanzieren. Und die Mülheimer Naturgärtner um Sabine Arzberger freuen sich, ihr Preisgeld in grünes Gold für die Flora und Fauna in der Freilichtbühne verwandeln zu können.

Stehle, Beyer und Arzberger betonten nach der Preisverleihung, dass der Heimatpreis ihren Vereine und Initiativen helfe, für ihre Anliegen ein öffentliches Bewusstsein zu schaffen und ehrenamtliche Mitstreiter zu gewinnen.

Bürgermeister Markus Püll übernahm die Laudatio und die Auszeichnung der Preisträger. Neben ihm gehörten Stadtdechant Michael Janßen, der Geschäftsführer des Centrums für Bürgerschaftliches Engagement, Michael Schüring, und Superintendent Gerald Hillebrand zur Heimatpreis-Jury. Die Juroren konnten zwischen neun Projekten auswählen, die sich um den Heimatpreis beworben hatten. „Alle Projekte sind für Mülheim wertvoll, weil Sie einen Beitrag zur Lebensfreude und zur Lebensqualität in unserer Stadt leisten. Aber es konnten nur drei Preisträger geben“, sagte Püll im Ratssaal. Er bescheinigte Preisbewerbern und Preisträgern, eine tatkräftige Heimatliebe zu praktizieren, „aus der Mitverantwortung für die Orte und Menschen übernimmt, die das ausmachen, was für uns Heimat ist, und für andere Heimat werden kann.“


Zu meinen Beiträgen in NRZ und WAZ

Donnerstag, 15. September 2022

Bürger fahren Bürger

 Sie bringen Menschen voran! Am 1. Oktober feiern Mitglieder, Fahrer, Förderer, Freunde und Gäste  des Styrumer Bürgerbusvereins mit einem Fest im Park der Styrumer Feldmannstiftung an der Augustastraße 114 von 14 bis 18 Uhr den zehnten Geburtstag ihres ehrenamtlich betriebenen Bürger-fahren-Bürger-Nahverkehrsunternehmens, das versicherungs- und organisationstechnisch Teil der Ruhrbahn ist.

Aktuell fahren 14 Männer und zwei Frauen jeweils zwei Stunden pro Woche den Bürgerbus und sorgen dafür, dass ihre Nachbarn im Stadtteil Styrum auch dort Anschluss haben und mobil bleiben, wo das Nahverkehrsnetz der Ruhrbahn zu kurz greift. Zwischen Fröbelstraße und Marienplatz steuert der achtsitzige Bürgerbus, werktäglich zwischen 9 und 15 Uhr und samstags zwischen 9 und 14 Uhr 29 Haltestellen an. Eine Fahrt kostet 1,50 Euro. Die Fünfer-Fahrkarte ist für 6 Euro zu haben. Trotz steigender Benzinpreise sollen die Fahrkartenpreise stabil bleiben. Schwerbehinderte und Menschen unter 14 Jahren fahren kostenlos mit.

Seit seiner ersten Fahrt am 12. Oktober 2012 hat der Styrumer Bürgerbus insgesamt 320.000 Kilometer zurückgelegt und dabei 56.000 Fahrgäste befördert. Da passt es gut, dass der vom ehemaligen Bezirksbürgermeister Knut Binnewerg geführte Bürgerbusverein im Jubiläumsjahr ein neues, barrierefreies Fahrzeug anschaffen konnte. Sponsoren, wie die Sparkasse, die Mülheimer Wohnungsbaugenossenschaft, die Evangelische Lukaskirchengemeinde, der Stahlhersteller Vallourec, der Pflegedienst Behmenburg, die Rheinisch-Westfälische Wasserwerksgesellschaft und die Styrumer Phoenix-Apotheke machen das ebenso möglich wie die stabilen Fahrkartenpreise.

„Beim Bürgerbus geht es nicht nur um Mobilität, sondern auch um soziale Kontakte und um Kommunikation. Viele unserer meist älteren Fahrgäste fahren oft nur so ein Runde mit dem Bürgerbus, um mit dem Fahrer klönen zu können“, berichtet Peter Korte. Der ehemalige Redakteur dieser Zeitung unterstützt den Bürgerbusverein als Öffentlichkeitsarbeiter. Er kam durch seine Lebensgefährtin Jutta Lüttringhaus zum Bürgerbusteam. „Sie möchte als Fahrerin in ihrem Ruhestand etwas Sinnvolles und Gutes für die Menschen in unserem Stadtteil tun“, schildert Korte ihre Motivation. Das nimmt auch Bürgerbus-Fahrer und Fahrdienstleiter Lutz Schröer für sich und seine Kollegen in Anspruch. „Die gute Gemeinschaft in unserem Verein, die wir auch mit Festen, Ausflügen und einem monatlichen Fahrertreffen pflegen“, sieht Schröer als sozialen Mehrwert seines Engagements. Zum zehnten Geburtstag des Trägervereins wünschen Korte und Schröer dem Styrumer Bürgerbus vor allem immer wieder neue Fahrer und Fahrgäste. Die aktuellen Steuerleute des Bürgerbusses sind zwischen 65 und 75 Jahre alt. Die täglichen Fahrgastzahlen schwanken zwischen 18 und 25 Personen. Infos unter: www.buergerbus-styrum.de 


Meine Texte in NRZ & WAZ

Dienstag, 13. September 2022

Da ist Musik drin

 Mit guter Musik und guten Gesprächen feiern die städtische Musikschule und ihr Förderkreis am 17. September dessen Goldenes Jubiläum. Gefeiert wird ab 16 Uhr im Haus der Stadtgeschichte an der Von-Graefe-Straße 37, das seit 2013 auch das Haus der städtischen Musikschule ist.


1972 hatten die ersten Vorstandsmitglieder, Renate Sommer, Bruno Mastnak, Anneliese Courbiere, Helen Hörer und Maria Westrap den Förderkreis der 1953 gegründeten Musikschule ins Leben gerufen. Im Februar 1973 stellte sich der Förderkreis mit einem Pressegespräch im Rathaus der Mülheimer Öffentlichkeit vor.
"Kinder, die Geige spielen, werfen keine Steine!" (Renate Sommer, Gründungsvorsitzende des Förderkreises der städtischen Musikschule

Damals wie heute, will der Förderkreis der städtischen Musikschule, der in der Spitze bis zu 230 Mitglieder hatte, diese heute von 70 Musikpädagogen und 3500 Musikschülern mit Leben erfüllte Bildungseinrichtung unterstützen. Das geschieht unter anderem mit der Anschaffung von Instrumenten und Notenliteratur. Außerdem unterstützt der Förderkreis begabte Schülerinnen und Schüler, die sich den Kauf eines Instrumentes und den Instrumentalunterricht an der städtischen Musikschule nicht leisten können. Auch Orchesterfahrten in die Mülheimer Partnerstädte und Ensemblewettbewerbe wurden schon gefördert.
"Die Arbeit des Förderkreises der Musikschule hat das kulturelle Klima in unserer Stadt verbessert und dafür gesorgt, dass Kinder und Jugendliche Musik nicht nur als Konsumenten kennenlernen. (Hans-Georg Specht, Oberbürgermeister der Jahre 1994-1999)

Der 1972 von Renate Sommer und heute von Birgit Weck geführte Förderkreis hat nach eigenen Angaben in den bisher 50 Jahren seines Bestehens die Musikschule der Stadt mit mehr als einer Million Euro unterstützt. Diese beachtliche Fördersumme kam nicht nur durch Mitgliedsbeiträge, sondern auch durch viele großzügige Spenden aus der Bürgerschaft zustande. Darüber hinaus generiert der Förderkreis seit 1988 durch seinen ehrenamtlichen Betrieb des Musikschulcafés Einnahmen für die inzwischen von Celia Spielmann geleitete Musikschule, die sich seit 1996 für alle Generationen geöffnet hat. 

In seinem Jubiläumsjahr wird der Förderkreis von den Vorstandsmitgliedern Birgit Weck, Dr. Hans-Peter Winkelmann, Hartmut Mäurer und Simone Twiehoff geführt. Wie vor 50 Jahren wird der Vorstand des Förderkreises durch einen Fachbeirat sachkundiger Bürgerinnen und Bürger unterstützt. Derzeit gehören dem Fachbeirat der Sozialamtsleiter Thomas Konietzka, der Leiter des städtischen Kulturbetriebs, Frank Baudy, Gitarrenlehrer Peter Ansorge, zuletzt kommissarischer Leiter der städtischen Musikschule, Musikschullehrerin, Petra Tübben, und die ehrenamtliche Leiterin der Musikschulcaféteria, Susanne Kobbelt, an.

Die erste und die heutige Förderkreisvorsitzende, Renate Sommer und Birgit Weck, sind sich einig, "dass der Förderkreis der städtischen Musikschule heute so wichtig ist, wie vor 50 Jahren."

Zur Städtischen Musikschule und Zum Lokalkompass

Sonntag, 11. September 2022

Das Ende einer Ära

 Auch in Mülheims nordenglischer Partnerstadt Darlington, mit der unsere Stadt seit 1953 freundschaftlich verbunden ist, trauert man um die am Donnerstag verstorbene Königin, die am 22. Mai 1984, um 17.30 Uhr am Flughafen auch Mülheimer Stadtgebiet betreten hatte, um nach einem dreiminütigen Aufenthalt mit ihrer Fahrzeug-Eskorte über die A52 und die A40 zu einem Truppenbesuch nach Dortmund weiterzufahren.

In dieser Zeitung ließ sich damals nachlesen, dass Elisabeth II. nicht nur von Oberbürgermeisterin Eleonore Güllenstern und Oberstadtdirektor Heinz Hager, sowie von ihren Amtskollegen aus Essen und Dortmund, sondern auch von etwa 500 schaulustigen und Queen-begeisterten Zaungästen begrüßt wurde. Als Gastgeschenk bekam die Pferdenärrin Elisabeth ein Porzellan-Pferd. Unter den zum Teil jubelnden Zaungästen waren auch Angehörige der britischen Transporteinheit, die (bis 1994) in den Wraxham Baracks am Steinknappen als Teil der Britischen Rheinarmee in Mülheim stationiert war, ehe das Kasernengelände zum Wohnpark Witthausbusch werden sollte. Mülheim gehörte nach dem Kriegsende 1945 zur britischen Besatzungszone und stand damit zunächst unter britischer Militärregierung. Zufall der Geschichte: Im Krönungsjahr von Elisabeth II. wurden Mülheim und Darlington Partnerstädte.

Das Northern Echo aus Darlington schreibt in seinem Nachruf auf die verstorbene Königin: „Elisabeth II. war die Mutter der Nation. Sie war wie ein Felsen, an den unser nationales Leben gebunden war. Wir wussten, dass es kommen würde. Wir hatten uns darauf vorbereitet. Doch als heute die Nachricht ihres Todes kam, war sie doch ein tiefer Schock. Elisabeth II. ist von uns gegangen, der am längsten amtierende Monarch der britischen Geschichte. Die meisten von uns kannten nur sie auf dem britischen Thron. Sie hat uns alle tief beeindruckt mit ihrer Standfestigkeit und mit ihrem hingebungsvollen Pflichtbewusstsein, mit dem sie sich für unser Land engagiert hat. In einer sich stets wandelnden Welt ist eine große Gewissheit gegangen. Großbritannien befindet sich in einem großen Wandel. In unserer Trauer sind wir dankbar für ihren jahrzehntelangen Einsatz und Dienst. Wir werden sie vermissen. Und weder ihr Land noch ihre Familie wird ihresgleichen wiedersehen.“

Der ehemalige Darlingtoner Stadtrat Thomas Nutt schreibt dieser Zeitung per Mail: „Ich war neun Jahre alt, als Elisabeth den Thron bestieg. Sie war in unser aller Leben eine konstante und großartige Figur. Nach meiner Ansicht war sie die größte Monarchin, die wir je hatten. Sie hat gehalten, was sie versprochen hat und ihren Dienst über ihre Person gestellt. Deshalb genoss sie in der ganzen Welt höchsten Respekt. Für meine Frau und mich war es eine großartige Erfahrung, ihr in Darlington und 2015 bei ihrer Gartenparty in Buckingham Palace begegnet zu sein. Es war mir eine Ehre, ihr Untertan gewesen zu sein.“

Auch in Mülheim gibt es Elisabeth-Fans, wie die 85-jährige Marlene Weins aus Dümpten, bei denen die Trauer groß ist: „Ich habe gestern bis 1 Uhr die Fernsehberichterstattung verfolgt. Elisabeth II. war für mich ein Idol. Seit ihrer Krönung habe ich alles über sie gesammelt, was ich in die Hände bekommen konnte, nur ein handgeschriebenes Autogramm von Elisabeth fehlt mir noch“, berichtet Weins. Sie wird die Monarchin, die 70 Jahre auf dem Thron saß, „als einen pflichtbewussten, weichen und zugleich energischen Menschen“ in Erinnerung behalten: „der getan hat, was er gesagt hat und dazu stand.“

Rosmarie Scholz, die beim Förderverein der Mülheimer Städtepartner die Darlington-Kontakte pflegt, sagt über Elisabeth II.: „Sie hat als Königin einen sehr guten Job gemacht und den Einfluss, den sie hatte, hinter den Kulissen, immer wieder als Vermittlerin zum Guten genutzt.“

Auch Mülheim Oberbürgermeister Marc Buchholz erinnerte an den Kurz-Besuch der Queen im Mai 1984 und betonte, dass sich die Mülheimer mit den Darlingtoneren in ihrer Trauer um Elisabeth II. vereint wüssten.

Dienstag, 6. September 2022

In der Krise vereint

 "Ich bin ein glücklicher Oberbürgermeister, weil ich nach der Corona-Zwangspause jetzt wieder Gäste aus den Partnerstädten Tours und Kouvola begrüßen konnte. Unsere Gespräche zeigen uns, dass wir als Partnerstädte in der Krise vereint sind!" So bilanzierte Oberbürgermeister Marc Buchholz den fünftägigen Besuch aus der französischen und aus der finnischen Partnerstadt, mit denen Mülheim, im Falle von Tours seit 1962 und im Falle von Kouvola seit 1972 verbunden ist.

Ausdrücklich dankte Buchholz dem Förderverein der Mülheimer Städtepartner dafür, im Rahmen des städtepartnerschaftlichen Doppeljubiläums eine bürgerschaftliche Begegnung mit 23 Gästen aus Tours und Kouvola ermöglicht zu haben.

Es ist wichtig, dass wir uns als Städte in Europa miteinander verbinden und unsere Verbindung aufrechterhalten, um gemeinsam nach Lösungen für unsere gemeinsamen Probleme zu suchen," (Elise Pereira-Nunnes, Vize-Bürgermeisterin von Tours)

Den inhaltlichen Mehrwert der Gespräche, sehen Kouvolas Bürgermeisterin, die stellvertretende Tourainer Bürgermeisterin, Elise Pereira-Nunes und ihr Mülheimer Gastgeber Marc Buchholz im Meinungs- Informationsaustausch darüber, was die Kommunen tun können und müssen, um die aus dem Ukraine-Krieg resultierenden sozialen und wirtschaftlichen Probleme zu bewältigen.

In allen Partnerstädten leiden die Menschen unter rapide steigenden Lebensmittel- und Energiepreisen. In allen Partnerstädten haben Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine Zuflucht gefunden, ohne zu wissen, wann und ob sie in ihre Heimat zurückkehren können. In Mülheim sind dies aktuell 1970, in Tours 1000 und in Kouvola 400 unterstützungsbedürftige Menschen. Als Schulträger müssen alle Partnerstädte Schüler und Schülerinnen aus der Ukraine integrieren. Alle Stadtverwaltungen stehen vor der Aufgabe, ihren digitalen Bürgerservice auszubauen und vor Ort wirksame Klimaschutzmaßnahmen zu realisieren.
Marc Buchholz bescheinigte seiner Amtskollegin, dass Kouvola auf diesem Weg besonders weit vorangeschritten ist. Elise Pereira-Nunes und Marita Toikka bescheinigten im Gegenzug, dass der Radruhrschnellweg, unter Einbeziehung der rheinischen Eisenbahntrasse, für die umweltverträgliche Mobilität der Zukunft wegweisend sein.

"Für mich war es sehr interessant, in Mülheim neue Kontakte zu knüpfen und zu sehen, dass Mülheim, ebenso wie Kouvola, die Herausforderungen des demografischen Wandels bewältigen muss." (Marita Toikka, Bürgermeisterin von Kouvola) 

Die Spitzen der Partnerstädte vereinbarten, ihren kommunalpolitischen Austausch, auch jenseits persönlicher Begegnungen vor Ort, via Videokonferenzen, fortzusetzen und zu verstetigen. Auch Schulpartnerschaften zwischen den Partnerstädten sollen: "nicht angeordnet, aber verstärkt angeregt" werden. Darüber signalisierte Kouvolas Bürgermeisterin ihr Interesse an einem Kontakt zum Mülheimer Siemens-Standort, von dem sie sich einen Wissenstransfer in Sachen Kraftwerksbau erhofft.

Miteinander in Kontakt bleiben

Im Auftrag der Stadt Mülheim koordiniert Sabine Kuzma deren internationalen Kontakte. Außerdem stellt die Stadt Mülheim pro Jahr 6900 Euro für bürgerschaftliche Kontakte mit den Partnerstädten bereit.


Zu den Partnerstädten

Sonntag, 4. September 2022

Neues vom Ollen Hansen

 Auch ein junger Wilder wird im Lauf der Jahre älter. Das gilt auch für den Mülheimer Grafiker und Autor Peter Torsten Schulz, der sich seit bald 50 Jahren als Petoschu und als Oller Hansen mit seinen sinnlichen und sinnvollen Bildern und Aphorismen, unter anderem in Form von Kalendern und illustrierten Gedichtbänden. landesweit ein begeistertes Publikum ermalt und erschrieben hat.

Seine lebensweisen und lebenserfahrenen Aphorismen hängen und stehen nicht nur als Denkkarten und Denk-Bretter an Wohnungswänden und in Bücherregalen, sie zieren großformatig auch Wände im Historischen Rathaus. Philosophie auf einen Blick und im Vorbeigehen, auch beim Behördengang. Petoschus tiefgründiger und augenzwinkernder Geist weht, wo er will. Er sieht seine Kunst auch als Lebenshilfe, will mit seiner Arbeit seinem Publikum aus seinem Leben erzählen und so mit den Menschen, die seine Kunst kennen, schätzen und neu entdecken, ins Gespräch kommen.

Wer Schulz in seinem gemütlich inspirierenden Atelier am Saarner Klostermarkt besucht, taucht in den Kosmos seiner Kunst ein. Hier wird nicht nur über die Kunst, sondern über das Leben gesprochen. Wer mag, kann auch bei einer Tasse Kaffee oder einer Tasse Tee mit Peter T. Schulz ins Gespräch kommen. Zwischen seinen Kunstwerken gibt es reichlich Sitzgelegenheit, um Bilder, Texte und kleine Skulpturen auf sich wirken zu lassen. „Wer meine Arbeiten erwirbt, soll nur kaufen, was er auch lieben kann“, sagt Schulz.

Mit seinen 78 Jahren bereitet sich der Mülheimer Künstler, der sein Handwerk in den 1960er Jahren an der Essen Folkwang-Hochschule gelernt hat, auf eine neue Lebnswerketappe vor.

Wenn Petoschu am 5. März 2024 seinen 80. Geburtstag feiert, soll sein jetzt noch reichlich kunstbestücktes Atelier leer sein. Deshalb macht er sich jetzt an den Verkauf auch jener Arbeiten, von denen er sich eigentlich nie trennen wollte. „Ich höre nicht auf. Ich fange neu an“, sagt Schulz mit Blick auf seine Zukunftspläne. Er will am Klostermarkt Platz für Neues schaffen. Schulz möchte sich „einen Lebenstraum erfüllen“ und Freiraum für neue großformatige Gemälde schaffen, die er frei, frech und fröhlich kreieren wird. Dabei will er sich auch von Interessierten über die Schulter schauen lassen. Auch Mitmachen soll erlaubt sein, Kunst im Vorbeigehen, sozusagen Public Painting.

Das Ollen-Hansen-Atelier am Klostermarkt 3 kann montags, dienstags und mitwochs von 10 bis 16 Uhr besucht werden. Geöffnet ist es auch am ersten Samstag des Monats, nur nicht im Januar, zwischen 11 und 16 Uhr. Atelierbesuche beim Ollen Hansen kann man auch telefonisch und per E-Mail vereinbaren. Am 28. Oktober und am 18. November lädt Petoschu zwischen 15 und 19 Uhr zu einer Kunstauktion in sein Atelier am Klostermarkt. Kontakt: Unter der Rufnummer: 0208/461411, per E-Mail an: schulzpt@aol.com und online unter: www.petertschulz.de


Zum Ollen Hansen

Samstag, 3. September 2022

125 Jahre St. Joseph

Der Name ist Programm. Wer mit der U18 an der Haltestelle Heißen Kirche aussteigt, hat es nicht weit zu den beiden Kirchen des Stadtteils. Vom U-Bahnhof sind es nur wenige Schritte bis zur 1878 eingeweihten Evangelischen Kirche und zur katholischen Kirche St. Joseph.

Die katholische Gemeinde St. Joseph, die seit 2006 zur Stadtpfarrei St. Mariae Geburt gehört, hat heute mit einem Gemeindefest an der Honigsberger Straße den 125. Geburtstag ihrer Kirche.

Als das Gotteshaus 1897 eingeweiht wurde, gehörten 800 katholische Christen zur Gemeinde, die sich nicht von ungefähr unter das Patronat des Hl. Joseph stellte, dem Schutzheiligen der Arbeiter und Handwerker.

Damals wurde die seit 1878 eigenständige und erst 1910 eingemeindete Landbürgermeisterei Heißen noch von ihren Zechen Wiesche, Rosenblumendelle und Humboldt geprägt. Um 1900, auf dem Höhepunkt der Industrialisierung gab es in Mülheim 3000 Bergleute, die hier den Lebensunterhalt für ihre Familien verdienten. Viele waren in der Colonie Wiesche, der heutigen Siedlung Mausegatt/Kreftenscher zu Hause.

Auch wenn die Corona-Pandemie, der demographische Wandel und die Missbrauchsfälle in der katholischen Kirche auch das Gemeindeleben in St. Joseph gebeutelt haben, zeugen zum Beispiel ihre Frauengemeinschaft, ihr Offener Familienkreis, Pfadfinder, ihre Schulpatenschaft mit Kolumbien und ein Mittagstisch für Bedürftige von dem, was man früher einmal katholisches Milieu genannt hat.

Pfarrgemeinderat Johannes Kretschmann eine katholische Kirche, "deren Bischöfe kein Wasser predigen, selbst aber Wein trinken." Er wünscht sich aber auch differenziert denkende katholische Christen im Bistum Essen, die die liberale und reformbereite Grundhaltung des Ruhrbischofs Franz-Josef Overbeck anerkennen und nicht aus der Kirche austreten, weil sie die entgegengesetzte Haltung des Kölner Erzbischofs Rainer Maria Kardinal Woelki kritisieren.

Als glaubwürdige Impulsgeber für eine zukunftsfähige katholische Kirche, sieht Kretschmann nicht nur den Kölner Priester und Sozialarbeiter Franz Meurer, sondern auch den Priester, Arbeiterführer und Widerstandskämpfer, Dr. Otto Müller (1870-1944). Als Sohn eines Volksschullehrers in Heißen geboren und aufgewachsen, gehörte der Theologe und Sozialwissenschaftler als junger Priester zu den roten Ruhrkaplänen. Der Seelsorger, der seinen Kampf gegen Hitler mit seinem Leben bezahlen musste, hat St. Joseph in seinem Testament St. Joseph bedacht. Auch deshalb erinnert seit 1965 ein Kirchenfenster in St. Joseph an den Präses der westdeutschen katholischen Arbeiterbewegung.


Zur Gemeinde St. Joseph

Bedrückend aktuell

 Der 1. September, der Tag, an dem Hitler-Deutschland, einen Angriffskrieg gegen Polen begann, der zum Zweiten Weltkrieg werden und 60 Millionen Menschenleben forderte, ist 2022 bedrückend aktuell. Darauf haben Bürgermeister Markus Püll, DGB-Chef Filip Fischer und DGB-Jugendvertreterin Lisa Präckelt zurecht am Mahnmal im Luisental hingewiesen.

Die musikalischen und literarischen Beiträge, die Schülerinnen und Schüler der Gesamtschule im Rahmen der Gedenkstunde leisteten, ließen keinen der etwa 50 Veranstaltungsteilnehmer unberührt. Die von einem Saarner Gesamtschüler zitierte Mahnung aus dem Friedensgedicht von Johannes R. Becher: "Friede sei auf Erden. Denn Menschen wollen Menschen werden!" ist auch 83 Jahre nach dem Beginn des Zweiten Weltkrieges, den insgesamt 7600 Menschen aus unserer Stadt mit ihrem Leben bezahlen mussten, leider zeitlos aktuell.

Die unweit des 1956 vom Bildhauer Josef Rübsam geschaffenen Mahnmals fröhlich spielenden und lärmenden Kinder, inspirierte Filip Fischer zu dem berechtigten Hinweis, dass die Investition in die Erziehung und Bildung von Kindern eines bessere und friedenssicherndere Zukunftsinvestition ist als viel und immer mehr Geld für immer mehr Waffen und Rüstung.

Alarmierend klingt Markus Pülls Hinweis, dass es seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges auf unserer so schönen, aber unfriedlichen Welt, kein Jahr ohne Krieg gegeben hat. Zurecht wies der Bürgermeister darauf hin, "dass wir als Land nur dann einen Beitrag zum Weltfrieden leisten, wenn wir unsere Demokratie und unseren sozialen Frieden erhalten."

Wie wahr und schmerzlich ist auch der Hinweis der DGB-Jugendvertreterin Lisa Präckelt: "Niemand hat es verdient, im Krieg aufzuwachen. Die Menschen in der von Russland überfallenen Ukraine erleben zurzeit ihren schlimmsten Albtraum." Mit Präckelt möchte man den von ihren Völkern gewählten Politikern zurufen: "Stoppt den Krieg und her mit dem Frieden" zurufen und hinzufügen: "Ihr seid keine Herrscher, sondern Volksvertreter, die dazu gewählt sind, Probleme zu lösen und nicht neue Probleme zu schaffen."


Friedensgebet der Vereinten Nationen  

Donnerstag, 1. September 2022

Lokale Völkerverständigung

Der 1. September ist Antikriegstag. Es ist der Tag, an dem die deutsche Wehrmacht 1939 unsere polnischen Nachbarn überfiel und damit den Zweiten Weltkrieg begann. Auch wenn der Krieg, wie wir wissen, seitdem nicht aus der Welt verschwunden ist, haben die Menschen unter dem Eindruck des Zweiten Weltkriegs nach 1945 den Wert der Völkerverständigung entdeckt. Die Gründung der Vereinten Nationen und der Europäischen Union sind nur zwei Beispiele dafür.

Völkerverständigung ist ein großes Wort. Grenzübergreifende Begegnungen von Mensch zu Mensch erfüllen dieses Wort mit Leben. Frieden und Völkerverständigung muss man erleben, zum Beispiel im Rahmen von Bürgerbegegnungen. Wenn jetzt am 4. September in der MüGa der 60. Geburtstag der deutsch-französischen und der 50. Geburtstag der deutsch-finnischen Städtepartnerschaft gefeiert wird, ist das auch ein Fest des Friedens und der Menschlichkeit.

Der Besuch der Gäste aus Tours und Kouvola führt uns den Mehrwert des Friedens. Als der Tourainer Bürgermeister Jean Royer und sein Mülheimer Amtskollege Heinrich Thöne 1962 Mülheims zweite Städtepartnerschaft begründeten, vollzogen sie damit auch die von Bundeskanzler Konrad Adenauer und Staatspräsident Charles de Gaulles 1963 mit dem Elysee-Vertrag besiegelte deutsch-französische Freundschaft. Diese neue Freundschaft war ein politisches Wunder, die ich eine alte Erbfeindschaft überwand, die in drei Kriegen, aber auch während der französischen Ruhrbesatzung in den Jahren 1923 bis 1925 viel menschliches Leid mit sich gebracht hatte.

Wichtige Weichen gestellt

In der deutsch-finnischen Städtefreundschaft zwischen Mülheim und dem 2009 in der südfinnischen Gemeinde Kouvola aufgegangenen Kuusankoski, setzten die Pfarrer Ewald Luhr (Mülheim-Saarn) und Edwin Laurema (Kuusankoski) einen weiteren Meilenstein der bürgerschaftlichen Völkerverständigung. Finnland, dass inzwischen angesichts des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine, Mitglied der Nato werden will, war damals ein neutraler Nachbar der Sowjetunion. Die dritte Mülheimer Städtepartnerschaft  passt 1972 in die Zeit der neuen deutschen Ost- und Entspannungspolitik der sozialliberalen Bundesregierung Brandt/Scheel.

Nicht von ungefähr fand die erste Ost-West-Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa 1975 in der finnischen Hauptstadt Helsinki statt. Zurecht weist Rathaus-Mitarbeiterin Claudia Roos, angesichts des aktuellen Ukraine-Kriegs, darauf hin, dass Städtepartnerschaften, wie die zwischen Mülheim, Tours und Kouvola/Kuusankoski, mit Bürgerbegegnungen, auch abseits gemeinsamer kommunalpolitischer Herausforderungen, "ein Bewusstsein dafür schaffen, dass wir in Europa zusammengehören und zusammenstehen müssen."

Wichtige Weichensteller

Und zurecht weist der Vorsitzende des aktuell 400 Mitglieder zählenden Fördervereins der Mülheimer Städtepartner, Dr. Gerhard Ribbrock darauf hin, dass die Lebendigkeit und Wirksamkeit der Städtepartnerschaften und ihrer Bürgerbegegnungen, die eben mehr als Tourismus und Sightseeing sind, von engagierten Menschen abhängen. Das waren im Falle der Städtepartnerschaften mit Tours und Kuusamkoski zum Beispiel Menschen aus Mülheim, wie Madame le Tours, Brigitte Mangen und unser Mann für Finnland, Axel Benzinger.

Sabine Kuzma, die bei der Stadt Mülheim für internationale Beziehungen zuständig ist, weist darauf hin, dass die Stadt Mülheim, trotz ihrer Haushaltsnot, jährlich 6900 Euro für bürgerschaftliche Kontakte mit den Partnerstädten bereitstellt. Sie räumt aber auch ein, dass die Coronapandemie, verbunden mit personellen und strukturellen Veränderungen, hüben wie drüben, die Mülheimer Austauschprojekte mit seinen Partnerstädten, in den vergangenen beiden Jahren nahezu zum Erliegen gebracht haben. Insofern hofft man nicht nur im Rathaus, sondern auch bei den seit 1995 aktiven Mülheimerstädtepartnern, dass die aktuellen Begegnungen mit Freunden aus Tours und Kouvola einen Neuanfang in den Städtepartnerschaften möglich machen. Die gemeinsamen Anknüpfungspunkte und möglichen Aktionsfelder in den Bereichen Bildung, Umwelt, Verkehr, Kultur, Sport, Gastronomie, Tourismus und Digitalisierung liegen auf der Hand.


Zu den Mülheimer Städtepartnern und: Zu den Mülheimer Städtepartnerschaften

Augen auf bei der Berufswahl

  Was soll ich werden? Bei dieser lebensentscheidenden Frage, die man sie sich vor dem Schulabschluss zwangsläufig stellen muss, bekamen etw...