Donnerstag, 31. März 2022

Mülheim hilft!

  Der Sachspendenaufruf des Evangelischen Kirchenkreises An der Ruhr und des Diakonischen Werkes zur Unterstützung ukrainischer Kriegsflüchtlinge hat binnen einer Woche über 650 Kartons mit Hygieneartikeln, haltbaren Lebensmitteln und Haushaltswaren gefüllt. Gesammelt wurden die Spenden in den neun evangelischen Kirchen und Gemeindezentren.

„Die Hilfsbereitschaft ist riesengroß, wir danken allen, die sich an unserer Ukraine-Sammlung beteiligt haben für ihre Gaben und ihre Anteilnahme“, sagt Superintendent und Diakonie-Pfarrer Gerald Hillebrand. Wie aus dem Haus der Evangelischen Kirche an der Althofstraße zu hören ist, haben einige Gemeindemitglieder, auch schon Flüchtlinge aus der Ukraine bei sich aufgenommen.

Mitarbeitende einer Mülheimer Spedition werden die Hilfsgüter jetzt nach Warschau fahren und dort der polnischen Diakonie übergeben, die dort Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine versorgt. Ihre Kollegen haben die Hilfsgüter bereits transportfertig gemacht. Weil die Lager- und LKW-Kapazitäten des Diakoniewerkes an der Georgstraße nicht ausreichen, kooperiert man jetzt mit einer an der Wiesenstraße ansässigen Spedition. Denn aus den 7,5 Tonnen Hilfsgütern, mit denen die Diakonie ursprünglich kalkuliert hatte, sind jetzt 15 Tonnen geworden.

„Wir haben viele Mitarbeitende mit polnischen, russischen und ukrainischen Wurzeln bei uns. Ihnen geht der Krieg sehr nahe und sie bringen sich mit großem Engagement in die Sammelaktion ein, helfen hier gerne beim Sortieren und Packen.“, erklärt die Geschäftsführerin des Diakoniewerks Arbeit & Kultur. Monika Otto.

Seit Kriegsbeginn sind mehr als drei Millionen Menschen aus der Ukraine geflohen, von denen zwei Millionen in Polen aufgenommen worden sind.

Angesichts der aktuellen Kriegs- und Krisenlage hatte die Geschäftsführerin der Diakonie, Birgit Hirsch-Palepu, Kontakt mit ihrer polnischen Amtskollegin Wanda Valk aufgenommen und erfahren, dass die Hilfsgüter inzwischen nicht mehr nur an der polnisch-ukrainischen Grenze, sondern landesweit benötigt werden.

Diakonie-Geschäftsführerin Hirsch-Palepu und ihre Warschauer Kollegin Valk bleiben im Kontakt, und stimmen sich hinsichtlich des aktuellen und sich dynamisch immer wieder verändernden Hilfebedarfs ab. „Die Berichte aus Polen schildern sehr eindrücklich die Not der Geflüchteten und die Herausforderungen, vor denen unsere polnischen Kolleginnen stehen“, betont Hirsch-Palepu.

Vorerst haben Kirchenkreis und Diakonie ihre Sachspendensammlung für die ukrainischen Kriegsflüchtlinge eingestellt, sammeln aber weiter Geldspenden, die unter dem Stichwort „Ukraine – Wir helfen!“ auf das Spendenkonto des Diakonischen Werkes des Evangelischen Kirchenkreises An der Ruhr bei der KD-Bank Duisburg unter der IBAN: DE11 3506 0190 1010 1450 03 überwiesen werden können. 


Meine Berichte für NRZ/WAZ

Dienstag, 22. März 2022

Unfreiwilliger Ringverkehr

Alle guten Dinge sind angeblich Drei. Auf den Volksmund ist auch kein Verlass mehr. Bereits zum dritten Mal innerhalb eines Jahres ließ mich die Ruhrbahn im Allgemeinen und deren Buslinie 753 einfach links liegen, bzw. rechts an der Haltestelle stehen. Diesmal konnte ich dem Ruhrbahn-Bus, der zwischen Selbeck und Hauptbahnhof pendelt, am Oppspring nur unangenehm überrascht und fassungslos hinterherwinken. Um meinen Abendtermin einhalten zu können, musste ich ein Taxi rufen. Anders, als der im Auftrag der Ruhrbahn tätige Busfahrer, ließ mich der Taxifahrer nur zugern einsteigen, weil er sich über jeden Fahrgast freut, der in diesen geld-gebeutelten Krisenzeiten noch von A nach B gefahren werden will. Sogar die Beifahrertür hielt er mir auf, damit ich leichter und schneller einsteigen konnte. Auch für meine frustrierenden Erfahrungen mit dem Ruhrbahn-Service hatte der von meinem unfreiwilligen Ringverkehr profitierende Taxichauffeur ein offenes Ohr und ein gutes Wort, um mich moralisch aufzurüsten und mir das gute Gefühl zu geben, dass es auch in unserer Stadt noch unerwartete Service-Oasen gibt, in der man sich als Kunde noch als König und nicht als der Dumme fühlen kann. Den Taxifahrer, der mich, stellvertretend für die Ruhrbahn, an diesem Abend doch noch sicher, gut und pünktlich an mein Ziel gebracht hat, kann ich der Ruhrbahn als Motivationstrainer für ihre Busfahrer nur wärmstens empfehlen.


Meine Beiträge für NRZ & WAZ

Montag, 21. März 2022

Ein Zeichen für den Frieden

 Rund 700 Menschen sind nach Schätzungen der Polizei am Sonntagmachmittag (20. März) in der Innenstadt auf die Straße gegangen. Angesichts des Angriffskrieges auf die Ukraine setzten sie ein öffentliches Zeichen für Frieden und für Solidarität mit den Opfern des Krieges, dessen Beginn Russland Präsident Wladimir Putin am 24. Februar befohlen hatte.


Viele der kleinen und großen Menschen, die zum Teil mit selbstgemachten Fahnen, Plakaten und Bannern vom Rathausmarkt, über die Wallstraße, den Synagogenplatz, die Leineweberstraße und die Friedenstreppe hinauf zum Pastor-Barnstein-Platz zogen, nahmen zum ersten Mal in ihrem Leben an einer politischen Demonstration. "Angesichts des Krieges und seiner menschlichen Folgen können wir nicht einfach zur Tagesordnung übergehen, sondern müssen ein sichtbares Zeichen setzen", sagt am Sonntagnachmittag eine Frau, deren Sohn ein Plakat hochhält, das er selbst gebastelt hat. "No War!" = "Kein Krieg!" hat er darauf geschrieben und dazu ein Friedenszeichen und die blau-gelbe Fahne der Ukraine gemalt, die nach dem Zerfall der Sowjetunion 1991 ihre staatliche Unabhängigkeit erworben hatte. Einige der sonntäglichen Friedensspaziergänger fühlten sich an die Friedensbewegung der frühen 1980er Jahre erinnert, als die atomare Hochrüstung der Nato und des Warschauer Paktes die Menschen millionenfach gebracht hatten und Sängerin Nicole 1982 mit "Ein bisschen Frieden" den Eurovisons-Song-Contest gewann.

Ein breites Bündnis von Parteien, Sozialverbänden, Kirchen und Religionsgemeinschaften hatten zu der Friedensdemonstration aufgerufen. Oberbürgermeister Marc Buchholz, der sich bei den Bürgerinnen und Bürgern: "für das starke Friedenszeichen, dass Sie heute mit ihrer Teilnahme gesetzt haben und mit dem Sie unser aller Hoffnung auf ein Friedenszeichen aus Moskau zum Ausdruck gebracht haben", war auf dem Pastor-Barnstein-Platz nur einer von 13 Rednern, die in kurzen Wortbeiträgen zu sozialem und politischen Frieden, Solidarität, Besonnenheit und demokratischer Wachsamkeit aufriefen. Darüber hinaus würdigte der Oberbürgermeister die von Mülheimer Schulen initiierten Hilfsaktionen für die Kriegsflüchtlinge aus und die Kriegsflüchtlinge in der Ukraine.

Nach der Friedenskundgebung luden Stadtdechant Michael Janßen und Superintendent Gerald Hildebrand die Teilnehmer zu Gespräch und Gebet in die Petri- und in die Marienkirche, die die Friedensdemonstration gegen 17 Uhr mit ihrem Glockengeläut beendeten.

Nomen est omen



Der Pastor-Barnstein-Platz, auf dem am 20. März die Friedensdemonstration gegen den Krieg in der Ukraine abgehalten wurde, ist nach dem früheren Superintendenten Pastor Eduard Barnstein (1891-1975) benannt. Er war von 1922 bis 1961 Pfarrer der Evangelischen Altstadtgemeinde und Superintendent des Evangelischen Kirchenkreises an der Ruhr. Während der NS-Zeit gehörte er ab 1934 zur regimekritischen Bekennenden Kirche und wurde regelmäßig von der Geheimen Staatspolizei verhört, weil er in seinen Predigten die Judenverfolgung und die Kriegspolitik der NSDAP verurteilte. Nur weil der Mülheimer Gestapo-Chef seine schützende Hand über Barnstein hielte, konnte dieser das Dritte Reich überleben, musste aber miterleben, wie die Petrikirche 1943 durch alliierte Bomben zerstört wurde und ihr Wiederaufbau erst 1958 vollendet werden konnte. Während des II. Weltkrieges wurde Mülheim von 160 Luftangriffen getroffen. Über 1000 Zivilisten und 3500 Soldaten starben. 270 jüdische Mülheimer wurden in Konzentrationslagern ermordet.

Freitag, 18. März 2022

Lokale Friedensarbeit

 Frieden in Europa. Der Ukraine-Krieg zeigt uns, dass dass mehr als 75 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges nicht selbstverständlich ist. Die symbolischen und materiellen Unterstützungsaktionen für die Menschen in der Ukraine, die jetzt Opfer eines von der russischen Regierung begonnenen Angriffskrieges geworden sind, dokumentieren eindrücklich den Friedenswillen der Menschen.

Die, die wir noch im Frieden leben, können nur bewundernd und hochachtungsvoll auf die Menschen schauen, die auch angesichts unausweichlicher staatlicher Repressionen, ihrem Gewissen folgen und öffentlich gegen Putins Krieg auftreten. Ein besonders starkes Zeichen der Friedenssehnsucht und der Zivilcourage hat jetzt die russische Fernsehjournalistin Marina Owsjannikowa gesetzt, als Sie während einer Nachrichtensendung ihr Schild mit der Aufschrift: "No War!" in die Kamera hielt. So einfach und so schwer ist es, mutig für den Frieden einzutreten, Marina Owsjannikowa: „Es kann alles passieren, ein Autounfall, alles, was die wollen“ - WELT

Der lange für unmöglich gehaltene russische Krieg gegen die Ukraine macht deutlich, dass auch der Frieden kein Zustand, sondern eine Baustelle ist, an der unaufhörlich gearbeitet werden muss. Genau das tut der von 375 Mitgliedern getragene Förderverein der Mülheimer Städtepartner, die angesichts der aktuellen Corona-Lage wieder zu Bürgerfahrten in die Partnerstädte und deren Regionen einladen können. 

Wenn wir als Mülheimer seit bald 70 Jahren mit den Menschen im englischen Darlington, seit 60 Jahren mit den Menschen im französischen Tours und seit 50 Jahren im finnischen Kuusankoski/Kovoula verbunden sind, dann hat das auch damit zu tun, das Pioniere der Städtepartnerschaftsbewegung, wie der Saarner Pastor Ewald Luhr, unter dem Eindruck des Zweiten Weltkriegs, menschliche Brücken in die ehemaligen Feindstaaten geschlagen haben und so dafür gesorgt haben, dass aus ehemaligen Feinden Freunde geworden sind. 

Den von Dr. Gerhard Ribbrock geführten Mülheimer Städtepartnern geht es eben nicht um touristisches Reisen im Sinne von Sightseeing, sondern um gegenseitiges Kennenlernen und Begegnungen, bei denen Menschen erleben, dass der oder die Andere, bei allen Unterschieden, auch nicht so viel anders ist als man selbst. Diese Erkenntnis zu vermitteln und zu verbreiten ist die beste vorbeugende Friedensarbeit, die man sich denken und wünschen kann.


Zu den Mülheimer Städtepartnern

Freitag, 11. März 2022

Eine starke Stimme

 Eigentlich sollte Lena Gorelik schon im Dezember aus ihrem Roman „Wer wir sind“ lesen. Doch Corona kam dazwischen. Jetzt wurde die Lesung der deutschsprachigen Autorin mit russisch-jüdischen Wurzeln unfreiwillig aktuell. Putins Krieg gegen die Ruine kam dazwischen.

Die 41-jährige Schriftstellerin und Journalistin gab dem moralischen Dilemma, in das der russische Präsident die Welt gestürzt hat, Stimme und Gesicht. Eine Zuhörerin, die sich nach der90-minütigen Lesung und Diskussion Goreliks neuen Roman von der Autorin signalisieren ließ, hatte Recht, als sie sagte „Es war großartig, wie Sie die Dinge auf den Punkt gebracht haben, ohne sie zu psychologisieren.

„Auch dieser Krieg wird nicht mit einem Waffenstillstand enden. Seine Folgen werden sich durch viele Lebensläufe ziehen und uns noch lange beschäftigen“, stellte Gorelik fest und fügte hinzu: „Die Frage, ob Literatur politisch sein kann und politisch sein muss, erübrigt sich seit dem Kriegsbeginn in der Ukraine!“

Ihr Versuch, telefonisch mit Freunden und Verwandten in Russland über den Krieg zu sprechen, sei von diesen rundweg abgelehnt worden, berichtet die zweifache Mutter, die nicht nur in ihrer Muttersprache Russisch und im Deutschen, sondern auch in der ukrainischen Sprache zuhause ist. Bei ihrem russischen Gesprächspartner spürte sie die aus dem Selbstschutz und dem Überlebenswillen geborene Mentalität, sich „bestimmte Fragen besser erst gar nicht zu stellen!“, die sie aus ihrer Kindheit im spät-sowjetischen und post-sowjetischen Russland nur zu gut kennt.

Auch bei ihren Eltern, mit denen sie 1992 nach Deutschland kam, spürt sie diese Mentalität, wenn sie sie fragt, ob sich der Wechsel von Russland nach Deutschland, rückblickend für sie gelohnt habe. Mutter und Vater hatten als Ingenieure in Russland ein gutes Auskommen und ein hohes Sozialprestige. Aber sie lebten als Juden in einer antisemitischen Gesellschaft, in der es ungeschriebene Gesetze gab, die die Persönlichkeitsentwicklung ihrer mit Sprach- und Beobachtungsgabe begnadeten Tochter gehemmt hätten.

Doch anders als ihre Tochter, der man stundenlang zuhören könnte, ohne gelangweilt zu sein, haben ihre Eltern in der deutschen Sprache und in der deutschen Gesellschaft kein neues Zuhause finden zu können.

Die Zeitarbeit in Deutschland hat ihren Vater krank gemacht. Ihre Mutter arbeitete erst als Putzfrau und später als Bausparkassenfrau, um ihre Familie durchzubringen. Doch bis heute hat Sie ihre Probleme mit der deutschen Grammatik und wird deshalb von vielen Menschen hierzulande „als die Äusländerin betrachtet, die erst mal richtig Deutsch lernen muss“, betrachtet. Immer wieder zeigen ihr die hier geborenen Deutschen mit der Nachfrage ‚Wie bitte?‘, dass sie vor allem ihre sprachlichen Schwächen und nicht ihre menschlichen Stärken sehen.

Lena Goreliks Lesung im Rahmen der vom Ringlokschuppen und vom Literaturbüro Ruhr initiierten Veranstaltungsreihe: „Das Problem heißt Antisemitismus“ zeigt: Wir sind aufeinander angewiesen und sollten uns im eigenen Interesse gegenseitig stärken und nicht schwächen. 


Meine NRZ/WAZ-Beiträge

Dienstag, 8. März 2022

Wo bleibt der weiße Rauch?

 Zugegeben. Angesichts der Missbrauchsskandale in ihren Reihen wirkt die römisch-katholische Kirche zurzeit auf viele Menschen nicht gerade einladend und vorbildlich. Doch angesichts der politischen Schlagzeilen, die uns aktuell nicht nur in der NRZ um die Ohren fliegen, würde ich mir wünschen, dass sich die Politikerinnen und Politiker darauf besinnen, dass sie gewählt sind, um Probleme zu lösen und nicht zu schaffen. Vielleicht könnte ihnen hier das Beispiel des Konklaves helfen, in dem die Kardinäle der römisch-katholischen Kirche so lange eingeschlossen werden, bis sie sich auf einen neuen Papst geeinigt haben. Wenn weißer Rauch aufsteigt, weiß man: Es ist geschafft. Vielleicht würde dieses katholische Prinzip der Diplomatie helfen, wenn statt der Kardinäle die Staatsmänner und Staatsfrauen ins Konklave gehen müssten und erst wieder herauskommen dürften, wenn weißer Rauch aufsteigt und so sichtbar wird, das ein Problem schiedlich, friedlich gelöst und kein neues geschaffen worden ist. Und von mir aus könnte man das gleiche Prinzip auch auf die Mülheimer Kommunalpolitik anwenden. Mit einem solchen sach- und ergebnisorientierten Konklave, könnten die von uns gewählten Politikerinnen und Politiker lokal und global beweisen, dass sie nicht nur ein Amt. sondern auch Herz und Verstand haben. Damit würden sie auch beweisen, dass der Krieg der Worte und Waffen kein Mittel der Politik mehr ist, weil Politik keine Frage der Macht, sondern der Menschlichkeit geworden ist. 


Meine Beiträge in NRZ und WAZ

Donnerstag, 3. März 2022

Phantasie und Wirklichkeit

"Möchten Sie Ihren Kaffee bei uns trinken?", fragt mich die nette Bäckereifachverkäuferin. Ich bejahe und erlebe eine Überraschung. "Dann möchte ich jetzt alles von Ihnen sehen!" Mir stockt der Atem. Mein Blutdruck steigt. Eigentlich wollte ich doch nur einen Kaffee trinken und nicht vernascht werden. Doch dann holt mich die Dame hinter der Theke aus meinem Kopfkino. "Ihr Impfzertifikat und Ihren Personalausweis, bitte!" Natürlich. Wir haben ja Corona. Wie konnte ich das vergessen. Der Bäckerbursche lässt seine eben noch aufsteigende Phantasie im Unterbewusstsein verschwinden. Sigmund Freud lässt grüßen. Ich trinke meinen Kaffee und gehe zurück ins richtige und oft so phantasielose, um nicht zu sagen brutale Leben. Vielleicht hat mir mein Unterbewusstsein ja für einen Moment nur eines sagen wollen: Ich habe keine Lust mehr auf schlechte Nachrichten über Krieg und Corona. Mensch sein heißt: Leben! Und Leben heißt: Make Love, no War! 

"Wir müssen uns wieder aufraffen!"

 Am Rosenmontag, der keiner war, traf sich die Mülheimer Woche mit dem Präsidenten des Hauptausschusses Groß-Mülheimer Karneval, Markus Uferkamp, zu einem Gespräch über die Perspektive des Mülheimer Karnevals.


Es ist Rosenmontag und der Zug kommt nicht! Wie fühlt sich das an?
Uferkamp: Sehr traurig, zumal wir optimale Wetterbedingungen für einen schönen Zug gehabt hätten. Seit 1958 gibt es in Mülheim einen Rosenmontagszug. Er ist schon öfter ausgefallen. Zweimal wegen Sturm und einmal wegen des Irakkrieges. Jetzt ist er schon zweimal wegen Corona ausgefallen und jetzt kommt noch der Krieg in der Ukraine dazu.

Was bedeutet das für die Motivation der mehr als 1000aktiven Karnevalisten?
Uferkamp: Die Motivation ist das ganz große Problem. Nicht nur der Rosenmontagszug ist ausgefallen, auch die Trainings- und Wagenbaustunden. Das soziale Leben der Gesellschaften, einschließlich ihrer Sommerfeste hat nicht stattgefunden. Das ist wie mit einem Jungen, der im Fußballverein zwei Jahre auf der Reservebank sitzt.
Aber wir müssen und können uns jetzt wieder aufraffen und motivieren. Das wird auch klappen, sobald die Corona-Kontaktsperren wieder aufgehoben werden.

Am Karnevalsfreitag gab es mit einem Rosenmontagswagen und Kamelleregen an vier Mülheimer Grundschulen einen Probelauf.
Uferkamp: Wir konnten insgesamt 1500 Kindern eine Freude machen und sie für jeweils 45 Minuten ihre Angst vor Corona und Krieg vergessen lassen. Und die Resonanz war auch entsprechend positiv, so dass wir überlegen, am Karnevalsfreitag 2023 eine vergleichbare Aktion anbieten werden.

Der Kölner Rosenmontagszug fand als Friedensdemonstration statt. Eine gute Idee?
Uferkamp: Ja. Das war ein großartiges Zeichen, dass uns zeigt, wie flexibel der Karneval sein kann und wie er auch in diesen Zeiten sinnvoll gelebt werden kann. Daran sieht man, dass Köln eine Karnevalshochburg ist.

Nach Aschermittwoch ist vor dem 11.11.
Uferkamp: So ist es. Und deshalb werden wir jetzt auch recht schnell in die Planung der nächsten Session einsteigen. Bei einer Vorsitzenden-Konferenz und einer Klausurtagung werden wir die Weichen stellen. Die Rosenmontagswagen müssen neu- und umgebaut werden. Garden und Musikzüge treffen sich wieder zu ihren Übungsstunden. Wir werden Sommerfeste veranstalten und auch an anderen Mülheimer Außenveranstaltungen teilnehmen, um der Bürgerschaft zu zeigen: "Wir sind noch da. Und wir sind aktiv." Das am 11.11.2021 proklamierte Stadtprinzenpaar, Tamara und Kevin Bongartz, wird uns auch 2022/2023 als närrisches Regenten-Paar zur Verfügung stehen. Das Kinderprinzenpaar der Roten Funken, dass wir in dieser Session Corona-bedingt leider nicht proklamieren konnten, wird im Rosenmontagszug 2023 mit einem eigenen Wagen mitfahren, ebenso wie das dann neu proklamierte Kinderprinzenpaar aus der KG Aunes Ees. 

Karneval 2022/2023: Wer soll das bezahlen?
Uferkamp: Ich bin froh und dankbar, dass unsere Sponsoren uns die Treue gehalten haben. Nur beim Forum gab es durch den dortigen Umbruch Probleme. Aber ich bin zuversichtlich, dass wir auch dort wieder auftreten können, wenn sich die Situation im Forum wieder normalisiert hat und an die in frühere Zusammenarbeit anknüpfen können. Auch der 80-köpfige Förderkreis des Mülheimer Karnevals ist stabil. Sechs neue Kandidaten, die wir spätestens in der kommenden Session zu Ehrensenatoren ernennen wollen, stehen bereit. Leider unterstützt die Stadt das karnevalistische Brauchtum nicht so, wie wir uns das wünschen würden. Es gibt keine jährlichen Zuwendungen aus dem Kulturetat. Bisher blieb es bei einer einmaligen Coronahilfe in Höhe von 15.000 Euro.

Hat der Karneval auch einen sozialen Mehrwert?
Uferkamp: Karneval ist ein soziales Projekt, das Menschen aus unterschiedlichen Gruppen zusammenarbeiten lässt, die sonst nicht zusammenkommen würden. Das wird uns auch den Neustart erleichtern, wenn wir nicht zurück, sondern gemeinsam nach vorne schauen und anpacken. Unsere Jugendarbeit gibt Jugendlichen einen festen Halt in unserer Gesellschaft. Als Karnevalisten bringen wir die Lebensfreude dort hin, wo sie nicht alltäglich ist, zum Beispiel in Pflegeheime, Krankenhäuser und beschützende Einrichtungen für Menschen mit Behinderung.

Zur Person: Markus Uferkamp ist 51 Jahre alt. Der Stadtprinz der Session 2009/2010 führt den 1957 gegründeten Hauptausschuss Groß-Mülheimer Karneval seit 2017. Zuvor war der selbstständige Gerüstbauer dessen stellvertretender Vorsitzender und Senatspräsident.

Dienstag, 1. März 2022

Ukrainische Freunde

 In der Speldorfer Gemeinde St. Michael, die zur Linksruhr-Pfarrei St. Mariä Himmelfahrt gehört macht man sich angesichts des Krieges in der Ukraine besonders große Sorgen. Seit dem katholischen Weltjugendtag in Köln (2005), als die Speldorfer Gemeinde junge Gäste aus der Ukraine aufnahm, pflegt die Gemeinde enge Kontakte zu der Gemeinde Maria der Sieben Schmerzen in Stara Huta. Die 250 Mitglieder zählende katholische Gemeinde liegt, 50 Kilometer südlich von Czernowitz im Südwesten der Ukraine. Die ländliche und landwirtschaftlich geprägte Region Bukowina gehörte bis 1918 zur Donau-Monarchie Österreich-Ungarn. Gerd Fölting erinnert sich gerne an seine Besuche in der Südwest-Ukraine und an ein gemeinsames Brunnenbauprojekt in Stara Huta. "Wir haben in Stara Huta sehr herzliche und gastfreundliche Menschen kennengelernt, die tief im Glauben stehen und aus ihm Kraft für ihr hartes Leben schöpfen. In Stara Huta haben wir eine polnischstämmige ukrainische Gemeinschaft kennen gelernt, die einen vorbildlichen und engen Zusammenhalt pflegt", erinnert sich Diakon Martin Bader an seinen bisher letzten Besuch in der Südwest-Ukraine am Fuße der Karpaten und   unweit der rumänischen Grenze. Das war 2018. Der für 2020 geplante Gegenbesuch aus der Ukraine fiel der Corona-Pandemie zum Opfer. Der Krieg wird ein Wiedersehen der Freunde aus Speldorf und Stara Huta wohl auf unabsehbare Zeit verschoben haben.


Heute hatte Bader per Whatsapp Kontakt mit dem deutschsprachigen und aus Warschau stammenden Lehrer Thomas Kaluski, der mit seiner ukrainischen Frau Regina die Dorfschule in Stara Huta leitet.
Nach dessen Auskunft ist die Region bisher von militärischen Kampfhandlungen verschont geblieben. In der Nähe von Stara Huta befinde sich zwar ein kleiner Flughafen. Der habe aber keine militärische Bedeutung. Auch an Flucht denken die Menschen in Stara Huta derzeit nicht, rechnen aber mit dem Zustrom von Flüchtlingen aus den umkämpften Gebieten in der Ukraine. Bader signalisierte seinen Freunden im Südwesten der Ukraine: "Wenn Ihr Hilfe braucht, wisst Ihr, wo Ihr Hilfe findet." Bader macht sich keine Illusionen darüber, dass die gesamte Ukraine vom russischen Angriff in Mitleidenschaft gezogen wird. 

Schöne Straße?!

  Für die Mülheimer Presse und das neue Mülheimer Jahrbuch habe ich mich an 50 Jahre Schloßstraße erinnert. So alt bin ich also schon, dass ...