„Ich dachte ich sei systemrelevant“, klagt mir ein Mülheimer Krankenpfleger sein Leid als Parksünder. Weil er sein Auto länger als die Polizei, pardon das Ordnungsamt erlaubt, auf dem Parkplatz an der Stadthalle abgestellt hatte, muss er jetzt ein Bußgeld von 20€ bezahlen. Trotz seiner in diesen Coronatagen viel und zu Recht gelobten systemrelevanten Arbeit, gab ihm die ihm in diesem Fall alles andere als sympathische Stadt an der Ruhr keinen Bonus auf sein Bußgeld. Denn weil die an vielen Stellen kränkelnde der Stadt am Fluss finanziell am Stock geht und deshalb viel zu viel den Bach runtergeht, müssen auch systemrelevante Stützen der Stadtgesellschaft ganz systemrelevanter als ihnen lieb ist, nicht nur mit ihrer Arbeitstugenden sondern auch als Parksünder gebührenpflichtig die leeren Kassen Stadt pflegen und auffüllen. Man sieht: Die pflegebedürftige Stadt lebt nicht nur von den Tugenden , sondern auch von den kleinen und großen Lastern ihrer Bürger. Die würden den ein oder anderen Park- und Steuergroschen vielleicht eher verschmerzen und dem von amts wegen einnehmenden Stadtkämmerer verzeihen, wenn sie immer sicher sein könnten, dass ihr hart verdientes Geld nicht nur die Finanz- sondern auch die Straßenlöcher der Stadt am Fluss stopfen würde.
Dieser Text erschien am 22. Juni 2020 in der NRZ