Washington. Der Name dieser Stadt ist heute ein Synonym für die Politik der Supermacht USA, bei der auch nicht alles super läuft. Auf Hochtouren läuft derzeit der Präsidentschaftswahlkampf, an dessen Ende etwa 161 Millionen Amerikanerinnen und Amerikaner am 5. November darüber entscheiden, ob Donald Trump als 47. US-Präsident eine zweite Amtszeit bekommt oder ob es mit Kamala Harris eine 47. Präsidentin der USA geben wird.
Als Gorge Washington 1788 zum ersten Präsidenten gewählt wurde, war von Wahlkampf noch keine Rede. Der Landvermesser, Großgrundbesitzer und General aus Mount Vernon in Virginia ließ sich bitten, ehe er sich zur Wahl stellte und als einziger US-Präsident einstimmig in sein Amt gewählt wurde.
Als Oberbefehlshaber der US-Truppen im 1783 beendeten Unabhängigkeitskrieg und als Vorsitzender des Verfassungskonvents in Philadelphia hatte sich Washington das Vertrauen seiner Landsleute verdient, dass ihn zum ersten Präsidenten der USA machte.
Am 4. März 1789 wurde er noch nicht in Washington auf den Stufen des Capitols, sondern auf dem Balkon der Federal Hall in New York in sein Amt eingeführt. Dass er dort eine gar nicht vorgesehene Antrittsrede an die vor der Federal Hall versammelten Bürgerinnen und Bürger hielt, war der erste Maßstab, den er als Erster in seinem Amt setzte.
Ein jährlicher Bericht vor beiden Kammern des Kongresses zur Lage der Nation machte ebenfalls bei seinen Nachfolgern Schule. Auch mit seinem Verzicht auf eine dritte Amtszeit, die damals möglich gewesen wäre, weil die Begrenzung auf zwei Amtszeiten des US-Präsidenten erste 1951 in der US-Verfassung verankert wurde, setzte Maßstäbe.
Gleiches galt für seinen Anspruch, als Präsident gezielt, aber nicht übertrieben von seinem Veto gebrauch zu machen, wenn er einen Gesetzesentwurf des Kongresses für mit den nationalen Interessen nicht vereinbar hielt. Auch sein Beharren darauf, dass er als Präsident die Richtlinien der amerikanischen Außenpolitik bestimmte und sich Minister seines Vertrauens auswählte, die nach dem Ressort-Prinzip ein Kabinett bildeten, dessen Mitglieder wiederum nur vom Senat bestätigt werden mussten, bestimmt bis heute die Amtsführung der US-Präsidenten.
Erst sein Nachfolger John Adams regierte ab 1801 im Weißen Haus in Washington, wo der Namensgeber der neuen amerikanischen Hauptstadt 1798 den Grundstein für das Kapitol, den Sitz des Repräsentantenhauses und des Senates gelegt hatte.
Als sich der damals 64-jährige Washington 1796 in seiner Far-Well-Adress als Präsident von seinen Landleuten verabschiedete, riet ihr ihnen zu einer strikten außenpolitischen Neutralität und warnte sie vor der Entstehung politischer Parteien, die mit ihrem Geist dem Gemeinwohl zuwiderliefen. Wir wissen heute: Es sollte anders kommen.
Auch der 1799 verstorbene Washington, von dem es im Nachruf eines Freundes hieß: "Er war der Erste im Krieg, der Erste im Frieden und der Erste in den Herzen seiner Landsleute!" lebte in den Widersprüchen seiner Zeit. Als Anhänger der Aufklärung lehnte er die Sklaverei ab, obwohl er als Großgrundbesitzer Sklaven hielt. Allerdings entließ er seine Sklaven testamentarisch in die Freiheit. Doch die ehemaligen Sklaven blieben, wo sie waren und hielten auch Washingtons Frau Martha bis zu ihrem Tod (1802) die Treue, weil sie den Ort, an dem sie waren, als den für sie Bestmöglichen sahen, um dort als freie Menschen zu leben und zu arbeiten. Die Sklavenbefreiung durch Washingtons Amtsnachfolger, Abraham Lincoln, im Jahr 1863 sollten auch sie nicht mehr erleben.