Was der 8. Mai 1945 für Deutschland, dass war der 11. April 1945. An diesem Tag endeten mit dem Einmarsch amerikanischer Soldaten der Zweite Weltkrieg und die NS-Diktatur.
Für die beiden Volkssturmmänner, die sich an diesem Frühlingstag am Dickswall ein letztes sinnloses Feuergefecht mit den US-Truppen lieferten und dabei getötet und verletzt wurden, war es ein Tag der Niederlage und des Zusammenbruchs.
Für den Unteroffizier Rudolf Steuer und den jüdischen Schlachter Julius Levy war der 11. April 1945 ein Tag des Überlebens und der Befreiung.
Steuer, der an diesem Tag 43 Jahre alt wurde und von GIs in Kriegsgefangenschaft genommen wurde, stand kurz vor seiner standrechtlichen Erschießung, weil er, wohl wisssend um die Versorgungsleitungen unter der Schloßbrücke, die ihm schon am 27. März 1945 befohlene Sprengung der letzten intakten Ruhrbrücke Mülheims verschleppt hatte.
Die Stadtverwaltung unterstützte Steuer in seinem Ungehorsam, weil sie wusste, welche verheerende Katastrophe die Sprengung dieser 1910 erbauten Brücke bedeuten würde. Deshalb unterstützte die Stadt an der Ruhr Steuer auch, als er 1947 sein kriegszerstörtes Haus in Merzig an der Saar wieder aufbauen musste.
Eigentlich wollten die an der Wilhelminenstraße vorrückenden US-Soldaten Julius Levy festnehmen, als sie ihn am 11. Apberzeugten die ril dort in einer Wehrmachtsuniform antrafen. Doch Levys evangelische Ehefrau und seine Nachbarn überzeugten die erst verblüfften und dann begeisterten GIs, von Levys wahrer Identität.
Denn anders, als seine 270 Mülheimer deportierten und ermordeten Glaubensgeschwister hatte der jüdische Schlachter Julius Levy, der bis 1938 im Mülheimer Schlachthof gearbeitet hatte, den Holocaust überlebt. Denn seine Frau hatte ihn in eine Wehrmachtsuniform gesteckt und ihn so in einem Küchenschrank versteckt, wenn die gemeinsame Wohnung an der Wilhelminenstraße durchsucht wurde. Frau Levy versicherte der Geheimen Staatspolizei immer wieder, ihr Mann sei längst deportiert worden.
Die Nachbarn der Levs wussten um deren Geheimnis, behielten ihr Wissen aber für sich. So wurde das Kriegsende für sie und ihren jüdischen Nachbarn zu einem Happyend, das am 11. April mit einem Straßenfest gefeiert wurde, bei dem die GIs mit ihrem Proviant für das leibliche Wohl der Menschen sorgten, die in Zeiten der staatlich verordneten Unmenschlichkeit menschlich geblieben waren.