Samstag, 30. April 2022

Liberale Ansichten

 Die Freien Demokraten waren so frei und luden am 25. April zum Frühlingsempfang, weil ihr Neujahrsempfang im Januar der Corona-Pandemie zum Opfer gefallen war und der Landtagswahlkampf auch von der in Mülheim 180 Mitglieder zählenden Partei nach öffentlichkeitswirksamen Gelegenheiten zur politischen Selbstdarstellung verlangt.

Die Liberalen, unter ihnen an diesem Abend besonders viele junge Gesichter, ließen die Gelegenheit im Frankys an der Sandstraße nicht ungenutzt verstreichen.
Neben Currywurst, Frikadellen und Möhrengemüse wurde den Gästen auch programmatische Kost serviert. FDP-Chef Christian Mangen, der Landtagsabgeordneter ist und es bleiben will, hatte sich mit NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer eine prominente Parteifreundin zum politischen Frühlingserwachen eingeladen. Gebauer empfahl ihre Partei als Hüterin des gegliederten Schulsystems, inklusive der Förderschulen. Mit Rot-Grün, so Gebauer drohe eine Wiederauflage der Gemeinschaftsschule, die als Einheitsschule die Wahlfreiheit der Eltern untergrabe. Die Ministerin verbuchte die Wiedereinführung des Abiturs in neun Schuljahren und die Einführung der neuen Schulfächer Wirtschaft und Informatik ebenso auf ihrem politischen Konto, wie eine aktualisierte Lehrerbedarfsprognose, die Anschaffung von bisher 750.000 Schüler-Tablets, die Einstellung von 13.300 pädagogischen Fachkräften, sowie die Gründung von 60 Talentschulen und 40 Grundschulfamilienzentren. Offene Baustellen sieht sie zum Beispiel in der schulischen Integration der ukrainischen Flüchtlingskinder, in der Behebung des Grundschullehrermangels, in der Einführung des Abiturfaches Informatik und in der Anschaffung von den noch benötigten 1,25 Millionen Schüler-Tablets.

Mehr Arbeitsplätze und mehr Wirtschaftswachstum


Christian Mangen, der als Jurist für seine Fraktion die Politikfelder Recht und Innere Sicherheit bearbeitet, wies seine Zuhörer darauf hin, dass die schwarz-gelbe Landesregierung die Hälfte des Landeshaushaltes in die Bereiche Bildung und Innere Sicherheit investiere. Auch das es in NRW derzeit sieben Millionen sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze gibt,  und damit 400.000 mehr als 2017, sieht Mangen als Erfolg der von CDU und FDP in Düsseldorf betriebenen Regierungspolitik. NRW, so Mangen, sei unter der schwarz-gelben Führung im Ländervergleich vom Wachstumsschlusslicht zur Wachstumslokomotive geworden. Wie schon bei der Landtagswahl 2017 kandidiert Mangen auf dem Platz 23 der FDP-Landesliste und rechnet sich damit gute Chancen auf einen Wiedereinzug in den Landtag aus. Mit Blick auf die Meinungsumfragen geht er davon aus, dass die FDP auch nach dem 15. Mai Regierungspartei bleiben wird. In welcher Regierungskoalition sie das sein wird, will Mangen aber  nicht prognostizieren.

Donnerstag, 28. April 2022

Eindeutige Entscheidung

 In Mülheims Partnerstadt Tours hat der amtierende Staatspräsident Emmanuel Macron am 24. April die Stichwahl gegen seine Herausforderin Marine Le Pen deutlicher gewonnen als im Landesdurchschnitt. Während er auf der nationalen Ebene mit 58,8:41,2 Prozent siegte, konnte er in Tours mit 73:27 Prozent gewinnen. 

Das zeigen die Wahlergebnisse, die am Sonntagabend in der Tourainer Tageszeitung Nouvelle République veröffentlicht worden sind. Wie die Regionalzeitung weiter berichtet lag, die Wahlbeteiligung im zweiten Wahlgang mit 68,5 Prozent der Stimmen um 1,5 Prozent unter der des ersten Wahlgangs vom 10. April. 6,75 Prozent der Wahlbeteiligten gaben einen leeren Wahlzettel ab und machten damit deutlich, dass sie weder für Macron noch für Le Pen votieren wollten. Wahlberechtigt waren in Mülheims Partnerstadt Tours insgesamt 82.381 Männer und Frauen. Im ersten Wahlgang hatten Macron 30,1, der Kandidat der Linken, Jean-Luc Melenchon, 29,9 und Marine Le Pen vom rechtsextremen Rassemblement National 13,2 Prozent der Stimmen errungen.

Am 21. April forderten die Bürgermeister von Tours, Poitiers und Lyon ihre Mitbürgerinnen und Mitbürger dazu auf, die Wahl der rechtsextremen Präsidentschaftskandidatin, Marine Le Pen, zu blockieren und für den liberalen Amtsinhaber, Emmanuel Macron, zu stimmen. Die Stadtoberhäupter schreiben in ihrem Wahlaufruf: „Die Wahrung unseres Rechtsstaates und seiner Institutionen ist eine Pflicht. Die extreme Rechte vor den Toren der Macht ist eine Bedrohung für unser Land.“ Am 10. und 19. Juni haben die Tourainer erneut die Wahl. Dann wird die französische Nationalversammlung gewählt. Wie der Staatspräsident, werden auch die Abgeordneten der Nationalversammlung nach dem absoluten Mehrheitswahlrecht gewählt, wie es in Deutschland von 1871 bis 1918 galt. Deshalb kommt es auch bei den Parlamentswahlen in den französischen Wahlkreisen in der Regel zu zwei Wahlgängen Seit 2017 wird Tours von der aus Remscheid stammenden deutsch-französischen Juristin Sabine Thillaye in der Nationalversammlung vertreten. Die 62-Jährige gehört zur sozialliberalen Präsidentenpartei La République en marche (Republik in Bewegung) Mit dem 50-jährigen Ingenieur, Emmanuel Denis, steht seit 2020 erstmals ein Grüner an der Spitze der Mülheimer Partnerstadt. Einer seiner konservativen Vorgänger, Jean Royer, kandidierte 1974 auch für das Präsidentenamt, kam aber mit 3,2 Prozent der Stimmen über den ersten Wahlgang nicht hinaus.


Meine Beiträge in NRZ und WAZ



Mittwoch, 27. April 2022

Kunst hilft

 "Was können wir machen?" Das fragten sich jetzt auch die Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft Mülheimer Künstler angesichts des mit dem Krieg in der Ukraine einhergehenden Flüchtlingselends. Inzwischen haben mehr als 1000 Menschen aus dem Kriegsgebiet Zuflucht in Mülheim gefunden.


"Diese Menschen sind hier zum Teil mit nichts angekommen. Und mit nichts kann man keine Existenz bestreiten", bringt Fotograf Heiner Schmitz das Problem der ukrainischen Frauen und Kinder auf den Punkt, die jetzt auch auf die finanzielle Hilfe der Mülheimer Steuerzahler angewiesen sind. 

Kunst-Auktion im Theater an der Ruhr


Weil das Geld der Stadt schon vor der aktuellen Flüchtlingswelle knapp war, hat das Sozialamt ein Spendenkonto für die finanzielle Unterstützung der unter anderem an der Mintarder Straße untergebrachten Kriegsflüchtlinge eingerichtet. Auf dieses Spendenkonto soll auch der Erlös der Kunstauktion fließen, zu der die vor 60 Jahren gegründete Arbeitsgemeinschaft Mülheimer Künstler am 14. Mai um 15 Uhr ins Theater an der Ruhr (Akkazienallee 61) einlädt. 

"Wir erwarten bis zum Ende der Woche den Eingang von 30 Kunstwerken, die unsere Mitglieder für die Auktion spenden und für die Interessierte ab dem 7. Mai auch auf einer Internetseite ein Gebot abgeben können. Diese Homepage wird in einschlägigen Internetsuchmaschinen unter dem Begriff AGMK hilft zu finden sein", erklärt Heiner Schmitz.

Ein Blick auf die bisher eingereichten Arbeiten zeigt die künstlerische Vielfalt. Collagen und Ölgemälde sind ebenso zu haben wie Lichtkunst, Grafik, Fotografie, Acrylgemälde, Tuschezeichnungen und diverse Mischtechniken. Sowohl klassisch gegenständlich als auch abstrakt kommen die Werke daher, die von den Mülheimer Künstlern für den guten Zweck unter den Hammer und an neue Besitzer gebracht werden.

Die Mindestgebote reichen von 20- bis 1000 Euro. Docch die Veranstalter, die noch auf der Suche nach einem Auktionator sind, hoffen natürlich darauf, mehrere 1000 Euro für die Kriegsflüchtlinge in Mülheim erlösen zu können. Um die Nachfrage anzukurbeln hat die Arbeitsgemeinschaft der Mülheimer Künstler vorab den Lionsclub, die Rotarier, den Mülheimer Kunstverein und den Förderkreis des städtischen Museums angeschrieben. Das städtische Kunstmuseum in der Alten Post ist auch Gegenstand einer Fotokunstarbeit der verstorbenen Doro O, die von ihren Kindern für die Aktion im Theater am Raffelberg gespendet wurde.

Die Internetseite für Online-Gebote bei der Auktion zugunsten der ukrainischen Kriegsflüchtlinge wird ab 7. Mai in einschlägigen Internetsuchmaschinen unter dem Begriff AGMK hilft zu finden sein. Für weitere Informationen ist Heiner Schmitz per E-Mail an: schmitz@fh-dortmund.de erreichbar.


Glauben heute

 Die aus Herne stammende Julia Knop lehrt als katholische Theologieprofessorin Dogmatik an der Universität Erfurt. Das überrascht, wenn man am 17. März ihren erstaunlich undogmatischen Vortrag in der katholischen Akademie gehört hat. Moderiert von Jens Oboth, diskutierte sie mit 100 interessierten katholischen und evangelischen Christen im Auditorium der Wolfsburg über die Frage: „Was bedeutet heute Glauben?“ 

Ihre These: In einer sich weiter säkularisierende Gesellschaft wird der Glauben individueller gelebt. „Ich war der einzige Christ an unserer Schule“, zitiert sie einen ihrer Studierenden, der in der thüringischen Diaspora katholischer Priester werden will. „Wir haben dort einige junge, sehr entschiedene und sehr sprachfähige junge Leute, die es gewohnt sind, offensiv für ihren Glauben einzutreten“, sagt Knop. Damit skizziert Sie ihre Zukunftsvision, für eine Gesellschaft, in der die katholische Kirche, ja die christliche Kirche und ihr Glaubens- und Gemeindeleben, kein Mainstream mehr sein wird. Die Zahlen, die Knop nennt, sprechen für sich. In Thüringen gehören weniger als 30 Prozent einer christlichen Kirche an. Einer von ihnen ist der linke Ministerpräsident Bodo Ramelow Gerade mal acht Prozent der Thüringer sind katholisch. Auch bundesweit würden nur noch fünf Prozent der katholischen Christen regelmäßig einen Gottesdienst besuchen. 

„Nur im Eichsfeld gibt es noch ein katholisches Milieu, wie man es vielleicht im Paderborn der 1950er Jahre gehabt hat“, sagt die Mitautorin des Buches „Gottesdienst und Macht – Klerikalismus in der Liturgie“. Die Theologin, die im Rahmen des synodalen Dialogprozesses im Forum „Macht“ mitarbeitet, empfiehlt ihren Glaubensgeschwistern, die Bibellektüre wiederzuentdecken und sich „mit den Erzählungen auseinanderzusetzen und sich in die biblischen Figuren hineinzudenken, die sie in ihrer aktuellen Lebenssituation ansprechen.“ Die Bibel bezeichnete die Theologin „als ein Buch, in dem während des 4. Jahrhunderts Erzählungen aus 1500 Jahren zusammengefasst worden sind und die Lebenserfahrungen reflektieren.“ Dass „fast alle Gemeindemitglieder generationsübergreifend in Hauskreisen unterwegs sind“, hat die westdeutsche Professorin in der ostdeutschen Diaspora tief beeindruckt. Allerdings könne die ostdeutsche Diaspora vom katholischen Westen lernen, wenn es darum gehe, etwa in der Liturgie „experimentierfreudiger zu und sich auf neue Formen einzulassen, die überlebenswichtig sind, um die Inhalte des christlichen Glaubens zeitgemäß zu übersetzen und ihnen so gesellschaftliche und individuelle Akzeptanz zu verschaffen. 

„Hier im Ruhrbistum weiß jeder, wer Jesus, Maria und Josef waren. Und jeder kennt zumindest das Vater-unser. Aber in den ostdeutschen Bundesländern ist das nicht so“, machte Knop ihrem geneigten Publikum deutlich, dass man im Deutschland der Gegenwart und der Zukunft „nicht mehr vom Regelfall einer religiösen Sozialisation ausgehen kann!“ Furchtbar!? Nicht unbedingt, wenn man Professorin Knop folgt. Die Kirche der Zukunft wird nach ihrer Ansicht keine katholische oder evangelische, sondern eine christliche sein, „die den Mut hat, sich von großen Gewissheiten zu verabschieden und sich auf verschiedene individuelle Glaubensverständnisse einzulassen.“ 

Voraussetzung dafür sei eine Kirche, in der der geweihte Mann nicht mehr das alleinige Maß der Dinge sei und die Kirche „ein Ort der Verkündigung wird, in der Menschen keine Angst gemacht wird, sondern sie frei und groß macht, weil sie auch religiöse Indifferenz nicht mit Areligiosität verwechselt.“ „Auch Menschen, die sich mit dem christlichen Glauben schwertun, aber hoffen und wünschen, dass es einen liebenden und gnädigen Gott gibt, sind in meinen Augen gläubige Christen“, sagte Knop. Kontrovers diskutiert wurde ihr These, dass Karl Rahners Diktum falsch sei, der Mensch sei von Natur aus religiös. Zuspruch fand dagegen ihre Forderung nach einer Demokratisierung der Katholischen Kirche. Knop nannte es anachronistisch, „dass der Heilige Stuhl bis heute die Menschenrechtskonvention der Vereinten Nationen nicht unterschrieben habe. Ein Ehepaar erinnerte sich in diesem Zusammenhang an einen charismatischen Jesuiten, der vor 15 Jahren als Gemeindepfarrer abberufen worden sei, nachdem er öffentlich bekannt hatte, selbstverständlich auch die homosexuelle Lebenspartnerschaften segne. Eine ehemalige Jugendpflegerin des Bistums machte angesichts der kirchlichen Reaktion auf die priesterlichen Missbrauchsfälle aus ihrer tiefsitzenden Frustration keinen Hehl. „Die katholische Kirche ist so verstaubt. Wir waren in den 1960er und 1970er Jahren mit dem II. Vatikanischen Konzil und der Würzburger Synode doch schon mal viel weiter. Ich habe einfach keine Lust mehr, mir etwas vorsetzen zu lassen!“ 

Ein anderer Zuhörer und Mit-Diskutant warnte angesichts der berechtigten Kritik an der Kirche davor „das Kind mit dem Bade auszuschütten.“ Er wies auf die vielen sozial und emotional begabten und engagierten Menschen in der Kirche, „mit denen wir ein neues Haus der Kirche bauen müssen. 

INFO: Moderator Dr. Jens Oboth von der WOLFSBURG nutzte die Veranstaltung mit Julia Knop, um auf eine, ebenfalls von ihm begleitete Veranstaltung der Katholischen Akademie, in der das Ruhrbistum und die Rheinische Landeskirche am 29. April (15-20 Uhr) zum Gespräch über das Zukunftsmodell der Ökumenischen Kirchengemeinde einladen. Internet: www.die-wolfsburg.de

Montag, 25. April 2022

Wie es uns ergehen könnte

Wie geht es? So fragt man sich und denkt sich in der Regel nichts dabei. Es sei denn, man geht über Mülheims Straßen und stellt fest, dass auf vielen Straßen, Wegen und Bürgersteigen bald gar nichts mehr geht, wenn doch nur einfach seiner Wege gehen will. Leichter gesagt als getan, wenn sich die Schlaglöcher und Stolperfallen im Straßenpflaster mit schlechter Regelmäßigkeit vergrößern und vermehren. An manchen Stellen erinnert mich der Straßenzustand meiner Heimatstadt an die Straßenzustände in der bis 1990 real existierenden DDR, die bekanntlich über den auch auf der Straße unübersehbaren Widerspruch zwischen theoretischer Planung und realisierter Politik ins Stolpern und schließlich zu Fall kam. Loch an Loch und hält doch. Diese Gleichung funktioniert nur kurzfristig, kommt uns aber langfristig teuer zu stehen, wenn wir wirklich ohne Hals- und Beinbruch die Stadt am Fluss mit einem ökologisch und ökonomisch existenzsichernden Verkehrsmix über Wasser halten und voranbringen wollen. Wer diesen Gedankengang an sich vorbeigehen lässt und weiter auf die autogerechte Stadt mit breiteren Fahrbahnen und zugestellten Gehwegen abfährt, macht unsere Stadt zum Dinosaurier, denen es bekanntlich schlecht ergangen ist, weil sie nicht mit der Zeit gingen und deshalb mit der Zeit gehen mussten.

Samstag, 23. April 2022

Adel schützt vor Mord und Totschlag nicht

Früher war alles besser. Und Adel verpflichtet. So denkt man landläufig und irrt. Das zeigt eine Mülheimer Kriminalgeschichte, die sich anno 1659 auf der Lipper Heide abspielte. Bei den beteiligten Personen handelt es sich um zwei Mülheimer Grafen. Der eine, Moritz von Styrum, erschießt den anderen, Carl Alexander von Daun-Falkenstein und Broich. Ob die Tat, die den damaligen Broicher Grafen Wilhelm Wirich seines einzigen männlichen Erben beraubte, Mord oder Notwehr war, ist bis heute umstritten.

Folgt man der Broicher Sichtweise, so wurde der 17-jährige Jung-Graf Carl Alexander vom Styrumer Grafen Moritz heimtückisch erschossen. Die Kugel, die ihn traf, liegt heute im Museum von Schloss Broich. Aus Styrumer Sicht stellt sich der Tathergang so dar, dass Moritz von Styrum vom Broicher Junggrafen mit einem Degen bedroht worden sein soll und ihn in Notwehr erschossen hat. Fest steht, dass die beiden Adeligen keine Kinder von Traurigkeit waren und zum Zeitpunkt der Tat stark alkoholisiert waren. Beide hatten eine gemeinsame Hasenjagd und ein sich anschließendes Festmahl beim Abt des Hamborner Klosters hinter sich.

Allerdings eignete sich der damals 25-jährige Moritz von Styrum auch wesentlich besser für die Schurken-Rolle. Denn er hatte als Söldner im Dienste des französischen Königs bereits wegen Plünderung im Gefängnis gesessen und war nur knapp einem Todesurteil entgangen. Als er sich anno 1659 mal wieder in Mülheim aufhielt, stand er als Offizier in den Diensten des Herzogs Ulrich von Württemberg, hatte aber gerade kriegsfrei. Seine Freizeit verbrachte er offensichtlich immer wieder gerne mit Jagen und Trinken. Schon in den Tagen vor dem Grafen-Mord war es zu Irritationen zwischen den Grafen von Broich und Styrum gekommen. Im Vollrausch hatte Moritz 15 Pistolenschüsse auf das Schloss Broich abgefeuert und den Broicher Landesherren Wilhelm Wirich zum Duell herausgefordert. Doch von diesem Ansinnen ließ der ernüchterte Styrumer Graf später wieder ab. Und nach einem Versöhnungstreffen im Kloster Saarn schien der Frieden zwischen den beiden Familien wieder hergestellt. Moritz und Carl Alexander gingen sogar so weit, sich ewige Brüderschaft zu schwören. Doch alle Schwüre nützten nichts, als sich die beiden Grafen am Unglückstag auf der Lipper Heide im Vollrausch ein wildes Wettreiten lieferten und mit Degen und Pistole hantierten, ohne dass sie ihre jeweiligen Gefolgsleute dauerhaft hätten auseinanderbringen können. So kam es, wie es kommen musste. Der Tod seines einzigen Sohnes bedeutete für den Broicher Grafen Wilhelm Wirich, der gerade erst seine Frau verloren hatte, das Ende seiner Dynastie, die mit seinem Tod 1682 endgültig erlöschen sollte. Vergeblich versuchte Wirich, Moritz vor Gericht für seine Tat zu belangen. Der Prozess, der die Styrumer Grafen finanziell fast ruinierte, verlief im Sande. Ironie der Geschichte: 1662 wurde Moritz von Styrum durch Heirat Wilhelm Wirichs Schwager. Fünf Jahre nach dem Tod Carl Alexanders starb Moritz – bei einem Duell in Wien.

Aktion Eichhörnchen

 Als ich Ostern einen kleinen Spaziergang durch den Witthausbusch unternahm, kamen mir Kindheitserinnerungen an Ostereiersuchaktionen mit Mutter Tante und Schwestern. Ich erinnerte mich unter anderem an einen in Goldpapier verpackten Schokoosterhasen, den Mutter und Tante für mich im Unterholz versteckt hatten. Schon damals musste ich lernen, was der in Deutschland Unvergessene und gerade 90 Jahre alt gewordene letzte Präsident der Sowjetunion, Michail Gorbatschow, 1989 in die Worte fassen sollte: „Wer zu spät kommt, den bestraft die Geschichte.“ Denn an jenem Ostertag im Witthausbusch war ein Eichhörnchen schneller als ich und vernaschte den mir zugedachten Osterhasen. Auch wenn ich den österlichen Mundraub damals gelassen hinnahm und ihn mit den Worten kommentierte: „Dür einmal darf es das!“, habe ich mir damals hinter die Ohren geschrieben, dass unser Leben eine Aktion Eichhörnchen ist, bei der man immer auf der Hut und auf dem Sprung sein muss, wenn es nicht nur um einen Schokohasen, sondern auch um die Wurst geht, die man sich ebenso wenig vom Brot nehmen lassen darf, wie die Butter. Seien wir also wachsam. Das nächste Eichhörnchen lauert schon im Dickicht unseres Alltags, in dem wir manchmal vor lauter Bäumen den Wald nicht sehen. 


Meine Beiträge in NRZ und WAZ

Weihnachten ohne dich ist keine Kinderspiel

"Frohe Weihnachten" wünscht man sich in diesen Tagen. Doch gerade jetzt vor dem Frohen Fest ist vielen Menschen gar nicht froh zumute, weil sie einen lieben Menschen verloren haben und trauern. Zwölf von ihnen treffen sich an diesem Nachmittag im Trauerpastoralen Zentrum unter der Auferstehungskirche Heilig Kreuz an der Tiegelstraße. Es sind Kinder, zwischen fünf und 13 Jahren jung. Etwa die Hälfte von ihnen werden in diesem Jahr zum ersten Mal Weihnachten ohne Mutter oder Vater feiern. Alle haben ein gemeinsames Schicksal. Sie haben ein Elternteil verloren. Kiras Vater starb plötzlich mit 35 an einem Herzinfarkt, als ihre Mutter schwanger war. Sammy, Alicia und Benjamin haben ihre Mutter an den Krebs verloren. Barbaras Vater hat sich aufgehängt.

Die Kinder sind nicht allein mit ihrer Trauer. Einmal im Monat treffen sie sich sich mit Mechthild Schroeter-Rupieper (45) (Foto) und Birgit Aulich (51), selbst Mütter, sind Trauertherapeutinnen, die sich auf die Trauerbegleitung von Kindern spezialisiert haben. "Das persönliche Abholen ist nicht nur für Erwachsene, sondern auch für Kinder, die ein Elternteil verloren haben, ganz wichtig", begründet der Leiter des von der Dümptener Pfarrgemeinde St. Barbara getragenen Trauerpastoralen Zentrums, Diakon Reinhard Sprafke, warum man die beiden Trauerbegleiterinnen für Kinder in das eigene Angebot für Trauernde eingebaut hat. "Wenn Kinder nicht die Chance bekommen, ihre Trauer ganz offen und auch spielerisch zu bewältigen, kann das schreckliche Folgen haben", weiß Sprafke aus seiner eigenen Trauerbegleitung als Seelsorger. Dabei denkt er zum Beispiel an einen 49-jährigen Mann, der viele Jahre nach dem Tod seines Vaters psychisch krank wurde, weil er sich nie von seinem verstorbenen Vater verabschieden durfte und auch an dessen Beisetzung nicht teilnehmen durfte. Doch wie bewältigt und bespricht man mit Kindern ihre Trauer um die verstorbene Mutter oder den toten Vater? Schröter-Rupieper und Aulich packen den Stier bei den Hörnern. Sie reden nicht lange drum rum, sondern lassen die Kinder erzählen, woran ihre Eltern gestorben sind und dann fragen sie noch mit Blick auf Weihnachten: "Worauf freut ihr euch, mal abgesehen von den Geschenken?" Kira freut sich auf ein Fest mit der Familie, Gero auf die leckere Weihnachtsgans und Barabra darauf, dass sie mit ihrer Mutter und ihrem Bruder Weihnachten ins Sauerland fährt.

Symbolische Verbindung

Dann bemalen die Kinder, passend zum Advent, Kunststoffsterne mit Symbolen, die sie mit ihrem verstorbenen Elternteil verbinden. Barbara bemalt ihren Stern mit einem silbernen Puppenhaus, weil ihr Vater ihr einmal ein Puppenhaus gebaut hat. Bei der Gelegenheit fällt Kira ein, dass sie und ihr Vater gerne gemeinsam mit Playmobilfiguren gespielt haben. Doch weil sie keine Playmobilfiguren malen kann, belässt sie bei einem silbernen Herzen und dem Schriftzug: Merry Christmas. Gero denkt gerne an die gemeinsamen Minigolf-Partien mit seinem Vater zurück und malt deshalb einen Minigolfschläger auf seinen Stern. "Wir haben extra stabile Sterne aus Kunststoff genommen, die nicht so schnell kaputt gehen können wie Glas. Denn ein kaputter Stern vor Weihnachten würde von manchem Kind als schlechtes Symbol angesehen werden", erklärt die gelernte Erzieherin und selbtständige Trauertherapeutin Schroeter-Rupieper, die nicht nur Gruppen leitet, sondern auch ganze Familien in ihrer Trauer begleitet. In frühren Runden haben die Kinder zusammen mit den Trauertherapeutinnen auch schon mal Briefe an ihre toten Mütter oder Väter geschrieben und diese dann anschließend verbrannt, so dass der Rauch gen Himmel stieg. Ein starkes Symbol.

Während einige Kinder eher in sich gekehrt wirken, während sie ihre Sterne bemalen, die sie an den Weihnachtsbaum hängen oder zum Grab ihres verstorbenen Elternteils bringen wollen, erzählen andere Kinder ganz offen darüber, wie sie den Todestag und die Beerdigung ihres Vaters oder ihrer Mutter erlebt haben und wie deren Leichnam aussah. Erstaunlich einfach und kindgerecht erklärt Mechthild Schroeter-Rupieper auch, warum Verstorbene zum Beispiel Leichenflecken bekommen oder warum mehr Menschen durch Selbsttötung ums Leben kommen als bei einem Verkehrsunfall.

Wohltuende Offenheit

Nicht nur die 13-jährige Barbara genießt das Gefühl im Kreis ihrer Alters- und Schicksalgenossen ganz offen über ihre Trauer und den Tod ihres Vaters sprechen zu können, weil sie weiß, dass sie hier mit ihrem Leid nicht alleine ist. Während sie zu Hause mit ihrer Mutter viel über den tragischen Tod des Vaters spricht, stellt sie fest, dass ihr älterer Bruder nie darüber spricht und auch nicht weint. Die Offenheit, mit der die Kinder und ihre Trauerbegleiterinnen über den Tod ihrer Eltern sprechen, mag auf den außenstehenden Betrachter fast ein wenig brutal wirken. Doch in dieser Offenheit steckt Methode, wie Schroeter-Rupieper erklärt: "Wir wollen aus dem Tod eben kein Geheimnis machen, sonder zeigen, dass der Tod etwas alltägliches ist, was zum Leben dazu gehört", betont die Trauertherapeutin. Weil Kindern oft die Worte für ihre Trauer fehlen, setzen Aulich und Schroeter-Rupieper darauf, alle Gedanken und Themen rund um den Tod der Eltern möglichst direkt und offen anszusprechen, "um die Sprachlosigkeit zu überwinden statt die Kinder nicht durch Andeutungen nur unnötig zu verwirren."
Auch wenn die fünfjährige Nele zwischenzeitlich mal weint und von Schroeter-Rupieper auf den Schoß genommen und getröstet werden muss, geht es an diesem Kindernachmittag im Trauerpastoralen Zentrum an der Tiegelstraße nicht nur traurig zu. Zwischen ihren Mal- und Gesprächsrunden nutzen die Kinder den großen Saal des Zentrums zum Fangenspielen. Da wird auch gelacht. "Im Sommer haben wir auch schon mal Fußball gespielt oder mit kleinen Bällen aus Altpapier eine Schneeballschlacht simuliert", berichten einige Kinder. Dem Betrachter der Szene drängt sich der spontane Eindruck auf: "Ja. Trotz aller Trauer. Das Leben geht weiter." Immer wieder macht Schroeter-Rupieper in ihrer Praxis die Ehrfahrung. "dass Kinder viel eher als Erwachsene im Hier und Jetzt leben und ihre Trauer zumindest zeitweise ausblenden können, wenn sie zum Beispiel mit ihren Freunden Fußball spielen oder zu einer Geburtstagsfeier gehen." Doch Gero weiß: "Man ist dann nur äußerlich abgelenkt. Innerlich bleibt man weiter traurig."

Doch dass das Leben auch mit dieser Traurigkeit im Herzen weitergehen kann, macht die Abschlussrunde deutlich: Die Kinder erzählen, worauf sie sich als nächstes freuen. Kira freut sich aufs Rodeln und auf den Weihnachtsmarkt, Dustin auf seinen Computer und Kimberly auf den Wochenendausflug mit Oma und Opa. Dazu passt auch die kleine Weihnachtsschokolade, die die Kinder mit nach Hause nehmen. "Und auf die Verpackung schreibt ihr dann: Weihnachten mit dir ist schön und schreibt den Namen eines Menschen aus eurer Familie dazu, mit dem ihr die Tafel Schokolade teilen oder sie ihm oder ihr schenken wollt." Damit macht sie deutlich: Auch wenn eine Mutter oder ein Vater gestorben ist, bleiben in der Familie Menschen, auf deren Liebe ein Kind bauen kann.

Weitere Informationen
Die Trauergruppe trifft sich einmal monatlich, an einem Freitnachmittag zwischen 16.30 Uhr und 18 Uhr im Trauerpastoralen Zentrum unter der Urnen- und Auferstehungskirche, Tiegelstraße 100. Im neuen Jahr trifft sie sich dort am 22. Januar, am 26. Februar, am 19. März, am 23. April, am 21. Mai und am 18. Juni. Weil dieses Angebot in diesem Jahr von der Pfarrgemeinde St. Barbara finanziert worden ist, konnte die Trauergruppe für die Kinder bisher kostenlos angeboten werden. Wer die Trauerarbeit unterstützen möchte, kann dies mit einer Spende an den Förderverein tun. Auskünfte: Mechthild Schroeter-Rupieper unter 0209/170 2777 oder Ursula Wichmann, 0209/402 8016. Internetadresse. www.familientrauerbegleitung.de Weitere Auskünfte zum Trauerpastoralen Zentrum, das auch ein Trauercafe´, Trauerseminare und eine Jugend-Trauergruppe anbietet, bei Diakon Reinhard Sprafke, 716 01 oder im Pfarrbüro von St. Barbara unter 940 59 661. Internet-Infos: www.ptz-hl-kreuz.de

Seit zehn Jahren bietet Donum Vitae auch in Mülheim nicht nur im Schwangerschaftskonflikt Rat und Hilfe: Ein Gespräch mit Beraterin Ulla Höhne

Wo sich eine Türe schließt, öffnet sich eine andere." Diese Weisheit des französischen Dichters Moliere bewahrheitete sich am 2. Januar 2001. Denn damals öffnete sich die Türe der Schwangerschaftskonfliktberatungsstelle des Vereins Donum Vitae (Geschenk des Lebens), nachdem sich die Türen der katholischen Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen durch den von Papst Johannes Paul II. angeordneten Ausstieg aus der gesetzlichen Schwangerschaftskonfliktberatung geschlossen hatten. Für die NRZ sprach ich mit Donum-Vitae-Beraterin Ulla Höhne über die Arbeit, die sie mit ihrer Kollegin Bettina Bubat van Hasseln und Verwaltungsfachkraft Ilse Roberts leistet.

Angesichts der Vorgeschichte war die Gründung von Donum Vitae und die Eröffnung einer eigenen Beratungsstelle durchaus heikel. Wer hat Sie in der Anfangszeit unterstützt?
Wir sind von ganz vielen engagierten Christen unterstützt worden, die der Meinung waren, dass die katholische Kirche die Frauen im Schwangerschaftskonflikt nicht allein lassen darf. Es gab aber auch Menschen aus dem Bereich der Caritas, die sich für uns stark gemacht haben. Ich denke dabei zum Beispiel an Annegret Terhorst, die sich bis heute ehrenamtlich im Vorstand unseres Trägervereins engagiert.
Was qualifiziert Sie und Ihre Kollegin für die schwierige Aufgabe der Schwangerschaftskonfliktberatung?
Ich bin Sozialpädagogin und meine Kollegin Sozialwissenschaftlerin. Ich habe darüber hinaus eine Zusatzausbildung als systemische Familienberaterin. Und meine Kollegin ist zusätzlich als Gesprächstherapeutin ausgebildet.
Wie wird Ihre für Ratsuchende kostenlose Arbeit finanziert?
80 Prozent unseres Etats werden vom Land finanziert. Die restlichen 20 Prozent setzen sich aus kommunalen Zuschüssen sowie aus den Mitgliedsbeiträgen unseres zurzeit 60 Mitglieder zählenden Trägervereins und aus Spenden zusammen.
Was macht das Profil der Schwangerschaftskonfliktberatung bei Donum Vitae aus?
Wir haben ein christliches Angebot, was vielen Frauen wichtig ist. Wir beraten aber auch muslimische Frauen, die gerne zu uns kommen. Wir profitieren von positiver Mund-zu-Mund-Propaganda und davon, dass wir nicht nur Schwangerschaftskonfliktberatung, sondern auch Rat und Hilfe bei Partnerschaftskonflikten, häuslicher Gewalt, in Verhütungs- und Aufklärungsfragen und bei der Begleitung von Frauen bieten, die sich nach der Beratung für ihr Kind entschieden haben.
Wie viele Frauen suchen bei Ihnen Rat?
Im letzten Jahr haben wir 570 Beratungsgespräche mit 315 Frauen geführt. Zum Vergleich: Im ersten Jahr wurde unsere Beratungsstelle von 97 Frauen aufgesucht, mit denen wir damals 179 Beratungsgespräche geführt haben. Wir können uns also über einen stetig wachsenden Zuspruch freuen.
Wie hat sich Ihre Beratungsarbeit seit 2001 verändert?
Sie ist schwieriger und aufwendiger geworden, weil die meisten Frauen mehr und vielschichtigere Probleme haben. Ich kann mich zum Beispiel nicht daran erinnern, dass im ersten Jahr eine Frau mit einem Gewaltproblem in ihrer Partnerschaft zu uns gekommen wäre. Mittlerweile häuft sich dieses Problem, vor allem im Zusammenhang mit ungewollten Schwangerschaften. Früher kamen auch keine Frauen zu uns, die eine Trauerbegleitung brauchen, weil sie ein Kind verloren haben oder mit der Belastung eines Schwangerschaftsabbruches nicht klar kommen.
Worin sehen Sie den Grund für diese Akzentverschiebung?
Ich glaube, dass sich Frauen heute mehr trauen, mit ihren Problemen an die Öffentlichkeit zu gehen und über ihre Probleme zu sprechen. Und wir selbst haben heute auch Probleme im Blick und sprechen sie an, an die wir vor zehn Jahren nicht gedacht haben.
Suchen auch Männer Ihren Rat?
Ganz selten. Pro Jahr habe ich vielleicht einen oder zwei Männer in der Beratung, die zum Beispiel mit der Entscheidung ihrer Partnerin nicht klar kommen. Etwa 75 Prozent unserer Beratungsgespräche führen wir ausschließlich mit Frauen und etwa 25 Prozent mit Paaren. Oft kommen Frauen aber auch bewusst zunächst alleine in unsere Beratung, um sich, unabhängig von ihrem Partner über ihre eigene Entscheidung klar werden zu können.
Die Beratungsstelle von Donum Vitae an der Schloßstraße 8 bis 10 ist montags bis donnerstags von 9 bis 17 Uhr und freitags von 9 bis 14 Uhr unter der Rufnummer: 969 15 15 oder per E-Mail an: muelheim@donumvitae.org erreichbar

 

Freitag, 22. April 2022

Erste Wahl

Vor 75 Jahren sind 93.000 Mülheimer aufgerufen den ersten Landtag des aus ehemals preußischen Provinzen geschaffenen Nordrhein-Westfalens zu wählen. Am Ende des Wahltages, dem 20.April 1947, haben 64 Prozent der Stimmberechtigten von ihrem Wahlrecht genutzt, um mit 33 Prozent die SPD, mit 29 Prozent die CDU, mit 18 Prozent die KPD, mit 12 Prozent die FDP, mit 4 Prozent das Zentrum und mit 3 Prozent die Deutsche Reichspartei zu wählen.

Zwei Jahre nach Kriegsende bilden Frauen und Erstwähler die größten Wählergruppen bei der zweiten Nachkriegswahl. Wählen darf, wer mindestens 21 Jahre alt ist. Gewählt werden darf man ab 25. Weder wählen noch gewählt werden darf, wer von der für Mülheim zuständigen britischen Militärregierung als „politisch belastet“ eingestuft worden ist. Denn zwischen 1933 und 1945 kannten auch die Mülheimer nur eine Partei, die NSDAP.


Die Rahmenbedingungen 

Am 20. April 1947 gehen Menschen in Mülheim zur Wahl, die hungern und in einer Trümmerstadt leben. Ihre Lebensmittel bekommen sie nur gegen Bezugsmarken oder auf dem Schwarzmarkt. Die Reichsmark in ihren Portemonnaies ist so gut wie wertlos. Eine neue Währung ist noch nicht in Sicht.

Die Mülheimer fahren zum Hamstern aufs Land, suchen eine der 20 städtischen Notküchen auf oder bekommen als Schüler eine Schulspeisung des Schwedischen Roten Kreuzes. Manche bekommen auch ein Care-Paket aus den USA oder werden als unterernährtes Kind von Schweizer Familien zu einem dreimonatigen Erholungsurlaub eingeladen. Kinder, die nicht in die Schweiz fahren können, schickt die Stadt zur Landerholung aufs Schloss Landsberg. Andere können sich mit Gemüse, Marke Eigenanbau am Leben halten. Wer noch Kraft hat, hilft beim Trümmerräumen und ergattert so den einen oder anderen Stein für den Wiederaufbau seines eigenen Hauses. Jedes dritte Haus in Mülheim ist vom Krieg zerstört.


Alle Einwohner der Stadt, 15.000 von ihnen kommen als Kriegsflüchtlinge, aus dem deutschen Osten, haben Anspruch auf 1000 Kalorien pro Tag. Bergarbeiter sollen täglich 5000 Kalorien bekommen. Doch das Papier der Bezugsscheine ist geduldig und hält nicht immer, was die britische Militärregierung verspricht. Wer einkauft, muss anstehen!

Auch Benzin ist Mangelware. Deshalb schränkt die Stadt ihre Müllabfuhr ein und verhängt Fahrverbote für private Fahrzeuge. Auto fahren darf nur, wer lebenswichtige Güter transportiert. In Mülheim geht man 1947 zu Fuß oder fährt mit der Straßenbahn. Der städtische Verkehrsbetrieb registriert 1947 32 Millionen Fahrgäste.

Auch Papier ist im Landtagswahlkampf 1947 knapp. Die Lokalpresse erscheint nur zwei bis dreimal pro Woche. Die Parteien setzen in den beiden Mülheimer Landtagswahlkreisen Süd und Nord  auf Versammlungen, Zeitungsanzeigen, Plakate und Handzettel. Letztere werden zum Teil auch per Post verschickt.


Die Kandidaten

Die CDU schickt im Süden der Stadt den ehemaligen Düsseldorfer Oberbürgermeister Robert Lehr ins Rennen. Ihm stehen dort der SPD-Stadtrat und Leiter der Allgemeinen Ortskrankenkasse, Heinrich Thöne, der Betriebswirt und FDP-Stadtrat Wilhelm Dörnhaus, der für das Zentrum kandidierende Arzt Leo Bläser, der Buchhändler Dr. Walter Koch von der Deutschen Reichspartei und der Schlosser Friedrich Müllerstein (KPD) gegenüber. Im Norden der Stadt werben Bergmann Wilhelm Heinen (CDU), Gewerkschaftssekretär und SPD-Stadtrat Heinrich Bruckhoff, der Direktor des örtlichen Gasversorgers Rhenag, Friedrich Heitmann, (FDP), Bauführer und KPD-Stadtrat Günter Daus, der Diplom-Ingenieur, Dr. Gerhard Gille (Deutsche Reichspartei) und der Buchhalter Josef Blenskemper vom Zentrum um die Wählergunst.


Die Programme

„Wir kämpfen für die Gemeinwirtschaft und gegen die Bürokratie“, versprechen die Christdemokraten. „Hoffnungslos? Nein! Heraus aus der Not. Weg mit Großkapital und Großgrundbesitz“, appellieren die Kommunisten. „Nur die freie Wirtschaft bricht die Not“, sagt die FDP. „Wer erhalten Sicherheit und Ordnung“, verspricht das Zentrum. Und die SPD verspricht: „Wir sehen in die Zukunft. Wir wollen soziale Ordnung, und politische Vernunft.  Wir wollen eine bessere und schönere Zukunft für alle mit Freiheit, Frieden und einem menschenwürdigen Leben für alle!“

Am Ende des Wahltages ziehen mit Robert Lehr (CDU), Heinrich Bruckhoff (SPD) und Wilhelm Dörnhaus (FDP) drei Mülheimer in den ersten gewählten NRW-Landtag ein. (TE)

 

Das harte Brot der frühen Jahre

Der ehemalige SPD-Landtagsabgeordnete Günter Weber (Jahrgang 1935) gehörte von 1990 bis 2000 dem Landtag an. Er berichtet aus dessen Geschichte: „Die 1947 gewählten Landtagsabgeordneten tagt in einem Saal der Düsseldorfer Henkel-Werke, der auch als Kinosaal der britischen Militärregierung diente. Wenn britische Offiziere Filme anschauen wollten, mussten die Abgeordneten ihre Sitzung unterbrechen. Außerdem konnten Gesetze, die der erste Landtag verabschiedete, bis zum Inkrafttreten des Besatzungsstatutes am 12. Mai 1949, nur mit Zustimmung der britischen Militärregierung in Kraft treten. Die ersten gewählten Landtagsabgeordneten bekamen monatlich 300 Reichsmark, ein Sitzungsgeld von 20 Reichsmark und eine Kilometerpauschale von 20 Pfennigen. Für öffentliche Proteste sorgte die gute Verpflegung der Abgeordneten an den Sitzungstagen. Auf ihrem Speiseplan standen drei Scheiben Brot mit Käse und Marmelade, Möhrengemüse und eine Frikadelle.“


Meine Texte in NRZ und WAZ




Donnerstag, 21. April 2022

Vorsicht! Vorurteile!

 Mülheim wir bunter und älter. In unserer Stadt leben Menschen aus mehr 140 Nationen. Das zeigt: Deutschland ist ein Einwanderungsland. Heute ist schon jeder dritte Mülheimer über 60. Zuwanderung ist für unsere alternde Stadtgesellschaft also kein Problem, sondern ein Gewinn. Das gilt zumindest dann, wenn sich Zuwanderer bewusst integrieren, die deutsche Sprache lernen und eine Ausbildung und eine Berufstätigkeit anstreben, die sie unabhängig von staatlichen Transferleistungen macht.

 

Genau das hat ein 43-jähriger Familienvater, der seinen Namen aus gutem Grund nicht in der Zeitung lesen möchte, geschafft. Vor 20 Jahren kam er als Kriegsflüchtling aus einem afrikanischen Land. Sein Asylanspruch ist anerkannt, aber seine Lebensleistung ist es nicht. Das gilt zumindest für viele Menschen, denen er beruflich und privat in Mülheim begegnet. Er berichtet: „Ich lebe gerne in Mülheim. Ich fühle mich als Bürger dieser Stadt und ich verdiene als ausgebildeter Handwerker im öffentlichen Dienst meinen Lebensunterhalt. Ich habe die deutsche Sprache gelernt und bin mit einer deutschen Frau verheiratet, Außerdem engagiere ich mich ehrenamtlich in der Flüchtlingshilfe und habe einen großen Freundeskreis. Ich bin höflich und hilfsbereit und halte mich an die Regeln. Und trotzdem zeigen viele, auch gebildete Menschen, mit dem Finger auf mich und sagen mir: ‚Du gehörst nicht hier her. Du gehörst nicht zu uns. Du bist ein Neger. Von dir lassen wir uns nicht helfen. Mein Alltag ist voll solcher Beleidigungen. Das tut weh. Ich habe auch ein Herz, wie jeder andere Mensch. Aber ich bin schwarz und ich kann meine Hautfarbe nicht ändern.“


Kleine Nadelstiche

Der Mann aus Mülheim, dessen Wiege auf dem afrikanischen Kontinent stand, erzählt von vielen kleinen Nadelstichen, die ihn haben traurig und dünnhäutig werden lassen. Da sind immer wieder Kollegen, die ihn rassistisch beleidigen. Wenn er sich über ihre verbalen Aggressionen bei seinen Vorgesetzten beschwert, kommt er zu keinem Ergebnis. Auch die netten Kollegen, die ihm immer wieder Mut machen, sind scheinbar machtlos gegen solchen Alltagsdiskriminierungen, zu denen auch die Fragen, wie: „Haben Sie das gelernt?“ oder: „Haben Sie wirklich mit uns einen Termin gemacht.“ Auch wenn er mit seiner deutschen Frau unterwegs ist. Und Fremde nur seine Frau ansprechen und ihn ignorieren oder ihn nur auf Englisch ansprechen, weil sie ihm die deutsche Sprache nicht zutrauen, hebt das sein Selbstwertgefühl ebenso wenig, wie die Kassiererin, die seine Banknote fünfmal durch den Falschgeldscanner schickt, während der offensichtlich weiße und bio-deutsche Kunde vor oder hinter ihm anstandslos und unkontrolliert sein Wechselgeld zurückbekommt. Auch wenn er manchmal über solche Alltagsanekdoten lachen kann, ist es ihm doch eher zum Weinen zumute, wenn er in einer Bäckerei zum Beispiel frisches Brot aus der Theke haben möchte und die Verkäuferin ihn darauf hinweist: „Wir haben dahinten auch noch billiges Brot vom Vortag.“ 


Anspruch und Wirklichkeit

Und auch, wenn er Bus, Bahn oder Zug merkt, dass sich niemand neben ihn setzen möchte, obwohl der Wagen brechend voll ist und alle sich die Beine in den Bauch stehen, fällt ihm alles ein, nur nicht der Artikel 1 unseres Grundgesetzes, in dem es heißt: „Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.“ Und auch die Zusage des Grundgesetz-Artikel 3, in dem es heißt: „Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden.“, ändert nichts an seiner alltäglichen Rassismus-Erfahrung in unser leider nicht immer sympathischen Stadt Mülheim an der Ruhr.

Die aus dem Senegal stammende Mülheimerin Gilberte Raymonde Driesen kennt solche Diskriminierungserfahrungen aus ihrem Alltag. Die Mitarbeiterin des Centrums für bürgerschaftliches Engagement, die sich ehrenamtlich als Vorsitzende des Bildungsvereins Axatin engagiert, berät ihn und viele seiner Leidensgenossen, die vergleichbaren Rassismus in ihrem Alltag erleben. Sie sieht angesichts solch erschütternder Alltagserfahrungen, mit denen sie regelmäßig konfrontiert wird, die Notwendigkeit einer kommunalen Antidiskriminierungsstelle, mit deren Hilfe die Akzeptanz der faktischen Diversität  professionalisiert und institutionalisiert werden kann. Dabei sieht Driesen die gesellschaftliche Akzeptanz der Diversität als eine Gemeinschaftsaufgabe, der sich Zuwanderer und Bio-Deutsche geleichermaßen, stellen müssen. durch die Vermittlung von interkultureller Kompetenz nicht als Einbahnstraße, sondern als einen Zweirichtungsverkehr, in dem sich Einheimische und Zuwanderer aufeinander zubewegen und sich als das sehen und akzeptieren müssen, was sie nicht nur nach dem Grundgesetz sind, gleichwertige und gleichberechtigte Menschen.


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Mittwoch, 20. April 2022

Caritas hilft Flüchtlingen aus der Ukraine

 Caritas-Vorstand Martina Pattberg und Monika Schick-Jöres, die für die Gemeindecaritas zuständig ist, berichten im Gespräch mit dieser Zeitung, wie sich der katholische Sozialverband in Unterstützung der inzwischen fast 1000 ukrainischen Kriegsflüchtlinge einbringt.

Wie organisieren Sie Ihre Hilfe für die Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine?

Martina Pattberg: Wir haben diese Aufgabe bei der Gemeindecaritas angedockt. Da Monika Schick-Jöres in unserem Verband federführend für alle Ehrenamtlichen zuständig ist und wir derzeit keine neue hauptamtliche Stelle schaffen können, lag das für uns nahe.

Gibt es genug Ehrenamtliche, die helfen wollen?

Monika Schick-Jöres: Die Solidarität und Geberfreude ist seit dem Kriegsbeginn am 24. Februar riesig. Allein bei uns haben sich mehr als 150 Menschen gemeldet, die den Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine helfen wollen. Einige waren schon bei der Flüchtlingswelle 2015 mit dabei. Das sind Menschen, die spenden wollen, die Flüchtlinge zum Essen einladen wollen, Friseurinnen, die einen kostenlosen Haarschnitt anbieten, Menschen, die Flüchtlinge bei Ämtergängen und bei Erkundungsgängen durchs Wohnquartier begleiten wollen oder sich als sprachkundige Übersetzer zur Verfügung stellen wollen.

Das hört sich gut an.

Monika Schick-Jöres: Ja. Aber das muss auch gesteuert werden. Denn oft passen die Hilfsangebote und die Hilfsbedarfe nicht 1:1 zusammen. Aber wir nehmen alle Hilfsangebote gerne an und registrieren sie, um bei Bedarf auf sie zurückgreifen zu können.

Was sind die Hilfsbedarfe der Flüchtlinge?

Monika Schick-Jöres: Wir konnten bisher 30 private Wohnunterkünfte für Flüchtlinge vermitteln und vermitteln auch weiterhin Wohnungsangebote, die bei uns eingehen. Das war vor allem für Familien wichtig, die ihre Haustiere mitgebracht haben, und deshalb nicht in der städtischen Notunterkunft an der Mintarder Straße untergebracht werden konnten. Wir haben aber auch Sachspenden, wie zum Beispiel Kindernachttöpfe, Bettwäsche, Bademäntel, Kinderwagen und Badelatschen zur Mintarder Straße gebracht. Man muss bedenken, dass die Flüchtlinge nachts ihre Unterkunft verlassen müssen, wenn sie zur Toilette müssen.

 

Brauchen Sie noch weitere Sachspenden?

Martina Pattberg: Nein. Wir sammeln vorerst keine weiteren Sachspenden, weil der Träger, der in der vergangenen Woche die Leitung des Flüchtlingscamps an der Mintarder Straße übernommen hat, weitere Sachspenden in großen Mengen erwartet und unsere Lagerkapazitäten erschöpft sind. Deshalb bitten wir um Geldspenden, die wir individueller und flexibler für Neuanschaffungen oder andere Hilfestellungen verwenden können.

Monika Schick-Jöres: Wenn wir die Wohnungsgeber und die Flüchtlingsfamilien zusammenbringen, müssen wir auch schon mal kleinere Möbel und Haushaltsgeräte beschaffen bzw. für eine erste Kühlschrankfüllung sorgen, so dass die Familien auch ankommen können und gleich am ersten Tag etwas zu Essen und zu Trinken haben.

Welchen Menschen begegnen Sie bei Ihrer Arbeit?

Monika Schick-Jöres: Wir haben es vor allem mit Kindern und Frauen, aber auch mit einigen wenigen jungen Männern im Teenageralter und nit wenigen alten und kranken Männern zu tun. Die Menschen sind sehr in sich gekehrt und brauchen erst Mal Ruhe. Die meisten Flüchtlinge sind mit ihren Gedanken noch in der Heimat, wohin sie auch zeitnah zurückkehren möchten, weil sie sich nur als Gäste, aber nicht als dauerhafte Flüchtlinge sehen. Gott sei Dank haben wir unter unseren Ehrenamtlichen auch sprachkundige und medizinisch gebildete Menschen, auf die wir bei unserer Hilfe zurückgreifen können. Wir haben Menschen kennengelernt, die sich hier mit der englischen Sprache gut verständigen und selbstständig bewegen können. Es gibt aber auch Flüchtlinge, die kein Englisch sprechen. Wir sehen Menschen mit finanziellen Reserven und andere, die völlig mittellos zu uns gekommen sind.

Wie sind Sie in das kommunale Krisenmanagement eingebunden?

Martina Pattberg: Die diesjährige Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft der Wohlfahrtsverbände (AGW) vertritt uns im Rahmen der AGW im kommunalen Krisenstab. Die Wohlfahrtsverbände tauschen sich in einer wöchentlichen Videokonferenz darüber aus, was wo und wann gebraucht wird oder gemacht werden muss.

Monika Schick-Jöres: Wir haben auch einen guten und regelmäßigen Kontakt zur städtischen Wohnungsfachstelle und zum Centrum für bürgerschaftliches Engagement. Das hat sich schon mehrfach bewährt. Das CBE führt die ehrenamtlichen Hilfen zusammen und unterstützt die Koordination aller Hilfen.

 

Zwei Flüchtlingswellen und eine Corona-Pandemie. Wird unsere Stadtgesellschaft überfordert?

Monika Schick-Jöres: Aufgrund der großen Hilfsbereitschaft sehe ich zurzeit keine soziale Überforderung, Natürlich kommt auf die Schulen noch einiges zu. Ich weiß aus Gesprächen mit Lehrkräften, dass es da jetzt wirklich eng wird.

Martina Pattberg: Mir ist es wichtig, darauf hinzuweisen, dass wir bei aller Hilfsbereitschaft für die Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine, nicht die Menschen aus dem Blick verlieren, die schon jetzt bei uns in Not leben und zum Beispiel auf die kostenlosen Lebensmittel der Tafel angewiesen sind. Das könnte zu sozialen Spannungen führen. Und nicht nur angesichts der kriegsbedingt steigenden Lebenshaltungskosten, sondern auch der expandierenden Energiekosten halte ich es für sinnvoll, diese Menschen mehr denn je zu unterstützen.


INFO: Von den politischen Verantwortlichen in Moskau, Kiew, Brüssel und Berlin wünschen sich Martina Pattberg und Monika Schick Jöres: „Frieden und Dialog!“ Von ihren Mitbürgerinnen und Mitbürgern wünschen sie sich Spenden unter dem Stichwort „Einzelfallhilfe Ukraine“ auf das Caritas-Konto: IBAN DE 78360602950070650037 bei der Bank im Bistum Essen und weiterhin fachkundige ehrenamtliche Unterstützung in der Hilfe für die Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine. Kontakt und weitere Auskünfte gibt Monika Schick-Jöres unter der Rufnummer: 0208-30008-40 oder per E-Mail an: monika.schick-joeres@caritas-muelheim.de


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Dienstag, 19. April 2022

Damit das Kind nicht in den Brunnen fällt

 Kinder und Jugendliche, die von sexueller Gewalt und anderen Übergriffen bedroht sind, können sich an sieben Tagen der Woche rund um die Uhr mit einem kostenfreien Anruf an das bei der Arbeiterwohlfahrt beheimatete und spendenfinanzierte Sorgentelefon Elephone wenden. Das Elephone ist unter der Rufnummer: 0800/6667776, per Whatsapp-Nachricht an die Rufnummer: 0151/20581935 oder auch per E-Mail an: elephone@awo-mh.de erreichbar


Wie haupt- und ehrenamtliche Mitarbeiter und Unterstützer den vorbeugenden Kinder- und Jugendschutz möglich machen, ließen sich Polizeipräsident Frank Richter und NRW-Innenminister Herbert Reul jetzt bei einem Besuch an der Bahnstraße erläutern.
 

Ein gutes Beispiel für NRW


Nach den Berichten der Awo-Geschäftsführerin, Michaela Rosenbaum, und des Förderkreis-Vorsitzenden Heiner Janssen stellte Reul fest: „Jedes einzelne Kind, das durch dieses Projekt vor sexuellem Missbrauch bewahrt werden kann, ist für mich ein riesen Erfolg. Es ist unglaublich wichtig, dass Kinder und Jugendliche altersgerecht aufgeklärt werden und Betroffene wissen, wo sie sich Hilfe holen können.“ Der als Innenminister seit 2017 für die Polizei zuständige Christdemokrat würdigte das haupt- und ehrenamtliche Engagement rund um das Elephone als beispielgeben für Nordrhein-Westfalen.

Polizeipräsident Frank Richter wies darauf hin, „dass wir seit Bestehen des Projektes 43.000 Mülheimer Schülerinnen und Schüler in Grundschulen und weiterführenden Schulen erreicht haben und das wir darüber hinaus auch noch die jeweiligen Eltern und Lehrerinnen und Lehrer im Rahmen des obligatorischen Elternabends zum Thema sensibilisiert haben.“ Zu den Förderern des Elephones gehört auch die Polizei-Stiftung David und Goliath.

Für Michael Rosenbaum stand  am Ende der Minister-Visite fest: „Dass Innenminister Herbert Reul uns besucht und seine Unterstützung zugesagt hat, macht alle im Projekt Arbeitenden stolz und bedeutet für uns einen enormen Rückenwind“

Wie wichtig das Elephone ist, zeigt die Tatsache, dass pro Jahr in Deutschland 14.000 Fälle von sexuellem Missbrauch von Kindern und Jugendlichen angezeigt werden. Die Dunkelziffer dürfte höher sein. Hinzu kommen jedes Jahr etwa 150 Kinder, die durch elterliche Gewalt ums Leben kommen. 

Hilfe für die Helfer


Apropos Rückenwind: Wer das seit 20 Jahren bestehende Elephone-Team als qualifizierter Ehrenamtler unterstützen möchte, erreicht die zutändige Awo-Beratungsstelle für Schwangerschaftskonflikte, Partnerschaft und Sexualität an der Heinrich-Melzer-Straße 17 unter der Rufnummern: Telefon 0208 – 450 03 225 oder per E-Mail an k.schumacher@awo-mh.de. Auskunft gibt Kirsten Schumacher. Wer das Elephone finanziell unterstützen möchte, erreicht dessen Spendenmanager, Heiner Jansen unter der Rufnummer 0208/3018415 oder per E-Mail an: h.jansen@awo-mh.de

Montag, 18. April 2022

Prinzip Hoffnung

Gefühlt ist für viele Menschen Weihnachten das höchste Fest der Christenheit. Tatsächlich und theologisch hat aber Ostern die Nase vorn. Denn Ostern feiern die Christen die Auferstehung Jesu und damit ihre Hoffnung auf ein ewiges Leben mit der Vollendung ihrer Existenz in Gottes Herrlichkeit. Im Gespräch mit dieser Zeitung erklären die beiden ersten Repräsentanten der christlichen Stadtkirchen, Stadtdechant Michael Janßen und Superintendent Gerald Hillebrand, was sie Ostern 2022 mit Blick auf ihre Kirche und auf unser Leben bewegt.

Was lässt Sie an Auferstehung und Ewiges Leben glauben?

Michael Janßen: Die Sehnsucht nach Ewigem Leben steckt in allen Menschen tief drin. Der Gedanke, dass es nach unserem Tod so sein könnte, als habe es uns nie gegeben, geht für mich gar nicht. Ich halte mich an das Jesus-Wort: ‚Ich bin der Weg, die Wahrheit  und  das Leben. Wer an mich glaubt, der wird leben, auch wenn er gestorben ist.“ In den jahreszeitlichen Zyklen der Natur, aber auch in der Kunst und in der Musik erkenne ich irdische Anzeichen für den wahren Kern dieses christlichen Glaubens.

Gerald Hillebrand: Ich teile diesen Glauben gerne in der Gemeinschaft der Gläubigen, weil ich weiß, dass dieser Glauben über Generationen und schwerste Zeiten hinweg Menschen Halt und Hoffnung gegeben hat. Ich wüsste nichts Besseres, wenn es um Hoffnung geht.

Inzwischen gehören weniger als die Hälfte der Deutschen einer christlichen Kirche an. Wie können Glauben Kirche wieder auferstehen?

Michael Janßen: Die zuletzt hohen Austrittszahlen sind in der katholischen Kirche wesentlich den Missbrauchsfällen in ihren Reihen geschuldet. Wir erleben darüber hinaus in vielen Bereichen der Gesellschaft eine Tendenz zur Bindungslosigkeit. Das gilt auch für die Kirche. Aber im Gespräch mit jungen Menschen erlebe ich eine große Sehnsucht nach einem sinnerfüllten Leben, verbunden mit der Erkenntnis, dass die Frohe Botschaft Jesu viele Antworten auf unsere Lebensfragen gibt. „Wir müssen die Kirche“, wie es Johannes XXIII. gesagt hat: „immer wieder verheutigen.“

Gerald Hillebrand: Die Menschen wenden sich nicht von unserer Botschaft, sondern von der Institution Kirche ab. Es gibt eine starke, Institutionenkritik, die Kirche und Staat zu spüren bekommen. Wir brauchen für unsere gute Botschaft also eine zeitgemäße Form, damit Menschen heute Zugang zu ihr finden. Deshalb finde ich es auch gut, wenn man die Passionsgeschichte den Menschen heute nicht nur mit Gottesdiensten und Kreuzweggebeten, sondern auch mit einem Musical nahe bringt.

Muss die Kirche zum Event werden?

Gerald Hillebrand: Großveranstaltungen liegen im Trend und Viele finden es toll, ihren Glauben so zu leben, auch wenn das nicht die einzige Form ist. Wenn wir zu besonderen Pfingstfesten mit Gottesdiensten und anschließendem geselligen Beisammensein in die Freilichtbühne, in die MüGa oder in den Witthausbusch einladen, spricht das die Menschen an. Der werk- und sonntägliche Gottesdienst gehört leider für viele Menschen nicht mehr zu ihrem Leben, Sie suchen und finden aber den Weg in die Kirche, wenn sie ein persönliches Anliegen, wie etwa Taufe, Trauung oder Beerdigung haben, bei dem sie seelsorgerisch und liturgisch begleitet werden möchten.

Michael Janßen: Auch alte Formen, wie Wallfahrten erleben heute eine Renaissance. Denken Sie an die vielen Pilger auf dem Jakobsweg, die auf der Suche nach sich selbst und einem sinnvollen Leben sind. Ähnliche Phänomene erleben wir bei Weltjugendtagen, Kirchentagen oder in der ökumenischen Gemeinschaft von Taizé. Aber sowas kann man nicht täglich machen, genauso, wie man auch nicht jeden Tag einen Festtagsbraten essen kann.

Not lehrt Beten. Was hat die Corona-Not die Kirchen gelehrt?

Michael Janßen: Wir haben in der Corona-Pandemie unsere ökumenische Telefonseelsorge ausgebaut, weil wir gesehen haben, wie wichtig diese individuelle Form der Seelsorge ist. Wir haben aber auch gute Erfahrungen mit der Wiederbelebung der urchristlichen Hauskreise und Hauskirchen erlebt, die wir als pastorale Gemeinde-Mitarbeitende mit liturgischen Texten unterstützen konnten.

Gerald Hillebrand: Wir haben gelernt, dass zusätzliche Kommunikationskanäle wichtig sind. Die Telefonseelsorge ist zum Beispiel auch per Mail oder Chat erreichbar und das wird vermehrt von Menschen unter 50 Jahren genutzt. Und natürlich haben wir unsere Präsenz im Internet ausgebaut. Denken Sie an unsere Livestream-Gottesdienste oder an Sonntagsgrüße, die Gemeinden per Video ins Netz stellen und per Mail an ihre Gemeindemitglieder versenden. Und wir haben angesichts der knappen Personaldecken im kirchlichen Hauptamt erkannt, dass wir mehr ehrenamtliche Mitarbeitende und interessierte Gemeindemitglieder zum seelsorgerischen Gespräch zu befähigen. Denn jede gute Begegnung und jedes gute Gespräch kann Seelsorge sein. 


Angesichts der Corona-Pandemie- und der Flüchtlingskrise betonen Stadtdechant Michael Janßen und Superintendent Gerald Hillebrand die wichtige Rolle professioneller und gut vernetzter Arbeit von Diakonie und Caritas, die Menschen hilft, neue Hoffnung zu schöpfen.


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Sonntag, 17. April 2022

Blick nach Westen

 Auch wenn der politische Blick sich jetzt vor allem auf den Krieg in der Ukraine und damit nach Osten richtet, ist der Blick nach Westen, in unser Nachbarland Frankreich nicht weniger wichtig. Dort entscheidet sich an 24. April die Präsidentschaftswahl zwischen dem liberalen Amtsinhaber Emanuel Macron und seiner rechtsextremen Herausforderin Marine Le Pen, die bereits in der Stichwahl von 2017 Macrons Gegnerin in der Stichwahl war.

Der Blick in Mülheims Partnerstadt Tours zeigt: Auch hier hatte Marcron im ersten Wahlgang am 10. April die Nase vorn, allerdings mit 30,1 Prozent denkbar knapp. Bemerkenswert: In Tours landete nicht Le Pen, sondern der Linkspopulist Jean Luc Melenchon mit 29,9 Prozent auf Platz 2, während Marine Le Pen mit 13.2 Prozent der Stimmen nur auf Platz 3. Rechnet man die 6,6 Prozent ihres rechtsextremen Konkurrent Eric Zemour dazu, so erhielt das rechtsextreme Lager in Tours am 10. April fast 20 Prozent.

Nachdenklich muss stimmen, dass in Tours, wie im Landestrend, traditionelle Parteien, wie die Sozialisten oder die konservativen Republikaner mit Ergebnissen zwischen 2 und 5 Prozent zu Splitterparteien abgestiegen sind.

Auch in Deutschland haben die traditionellen Volksparteien Union und SPD bei der letzten Bundestagswahl weniger als 50 Prozent der Stimmen erhalten. In den 1970er Jahren konnten sie immerhin noch fast 90 Prozent der Wählerinnen und Wähler hinter sich vereinen, und das bei Wahlbeteiligungen zwischen 80 und 90 Prozent.

Interessant ist, dass sowohl der Linkspopulist Melenchon als auch die Rechtspopulistin Le Pen vor allem mit dem Thema sozial Gerechtigkeit gepunktet haben. Wenn man Le Pens Rede nach dem ersten Wahlgang gehört hat, hatte man zuweilen den Eindruck, dass hier eine Sozialistin spreche. 

Allerdings wird man mit dem Wissen um Le Pens Vergangenheit und Herkunft den Verdacht nicht los, dass hier jemand Kreide gefressen hat, um wählbar zu werden,


Zählt man die Stimmen von Melenchon und Le Pen zusammen, so habendie meisten Franzosen für ein sozialpopulistisches Programm gestimmt. Das zeigt: Der soziale Zusammenhalt der Gesellschaft ist nachhaltig gestört, Das haben die Gelbwesten-Proteste gezeigt. Und das haben jetzt auch die aktuellen Proteste an der Pariser Universität gezeigt. Hier haben Studierende ihrem sozialen Frust Luft gemacht und damit deutlich gemacht, dass sie sich weder von Macron, noch von Le Pen vertreten fühlen und die Stichwahl am 24. April als eine Wahl zwischen Pest und Cholera ansehen.

Das Beispiel Frank mahnt. Deutschland und Frankreich haben vergleichbare politische Probleme.

Die soziale Schere öffnet sich immer weiter. Immer mehr Menschen können mit ihrem Arbeitseinkommen oder mit ihrer Rente ihre materielle Existenz nicht mehr sichern, während eine Minderheit immer reicher wird. Wer politischen Extremismus ernsthaft bekämpfen und die Erosion der politischen Mitte verhindern will, muss für mehr soziale Gerechtigkeit sorgen und nicht nur davon reden.

Denn nur wenn sich Menschen in ihrem Alltag als Teil unserer Gesellschaft erleben und eben nicht sozial abgehängt und abgeschrieben werden, werden sie sich dauerhaft an lebensnotwendige soziale, rechtliche und politische Spielregeln halten. Nur dann werden sie zur Wahl gehen und eine wie auch immer staatstragende und politisch konstruktive Partei wählen.

Freitag, 15. April 2022

Wünsche wagen

 Wie und warum engagiert sich der Mülheimer Peter Brill ehrenamtlich im ASB-Team des Wünschewagens? Ein Gespräch, das gut in die Kar- und Osterwoche passt.
Warum unterstützt die Werbegemeinschaft Saarn mit ihrem Lauf für die Liebe diesmal den Wünschewagen des Arbeitersamariterbund Ruhr?
Peter Brill: Ich selbst bin in Saarn zuhause und habe gute Kontakte zur Werbegemeinschaft und den Saarner Kaufleuten, von denen einige auch schon den ASB-Wünschewagen mit Spendenaktionen unterstützt haben, für den ich mich seit einigen Jahren ehrenamtlich als Organisationshelfer und als Begleitperson engagiere.
Warum sind Sie im Team des spendenfinanzierten Wünschewagen aktiv?
Peter Brill: Ich habe das in den Niederlanden entstandene und dann über Israel auch nach Deutschland gelangte Projekt schon vor einigen Jahren kennengelernt, als ich noch für die Arbeiterwohlfahrt tätig war, und es als hoch sinnvolles Angebot für von Mensch zu Mensch erlebt habe. Das ehrenamtlich arbeitende Wünschewagen-Team, das aus einer Begleitperson, einer ausgebildeten Pflegefachkraft und einem ausgebildeten Rettungssanitäter besteht, erfüllt schwerkranken Menschen in ihrer letzten Lebensphase bisher unerfüllt gebliebene Wünsche, in dem es sie gut behütet zu ihrem ganz persönlichen Wunschziel bringt. Deshalb lautet das Motto des Wünschewagens auch: „Letzte Wünsche wagen!“
Welche Ziele werden zum Beispiel angesteuert?
Peter Brill: Das sind ganz unterschiedliche Ziele. Das kann ein Fußballstadion und das Spiel des Lieblingsvereins sein. Das kann eine Fahrt zum Meer oder in die Berge sein. Das kann aber auch der Besuch einer Zirkus- oder einer Musical-Vorstellung sein. Das kann aber auch ein letzter Besuch in der eigenen Wohnung oder bei Freunden und Familienangehörigen sein.
Wie oft ist der Wünschewagen unterwegs?
Peter Brill: Durch die Corona-Pandemie haben sich die Fahrten sehr reduziert. Vor der Pandemie hatten wir jedes Jahr mehr als 100 Fahrten. Und jetzt steigen die Anfragen auch wieder deutlich an.
Entstehen den Fahrgästen Kosten?
Peter Brill: Nein. Alle Kosten: Vom Sprit bis hin zu Eintrittskarten oder manchmal auch notwendigen Übernachtungen zahlt der ASB  Ruhr aus seinem Wünschewagen-Spendentopf. Das gilt auch für eine weitere Begleitperson des eigenen Vertrauens, die die Fahrgäste des Wünschewagens mitnehmen dürfen.
Welche Stimmung herrscht an Bord des Wünschewagens?
Peter Brill: Es herrscht sehr oft eine erstaunliche heitere Gelassenheit. Unabhängig von ihrem Alter haben wir es mit Fahrgästen zu tun, die sich mit der Tatsache ihres baldigen Todes abgefunden haben und sich jetzt ganz auf die Erfüllung und das Erleben ihres Wunsches konzentrieren.
Erleben Sie auch Trauriges?
Peter Brill Das gehört dazu: Wenn wir z.B. einen Fahrgast im Hospiz abholen wollen und er in der vorangegangenen Nacht gestorben ist.
Was motiviert Sie als ehrenamtlicher Begleiter?
Peter Brill: Mir gefällt, dass ich bei diesem Ehrenamt sehr direkt und sehr persönlich etwas für Menschen tun kann. Ich kann hier auch selbst bestimmen, wann und wie oft ich ehrenamtlich aktiv sein möchte. Aber vor allem habe ich auf den Fahrten des Wünschewagens starke Menschen kennengelernt, die uns zeigen, was im Leben wichtig und was nicht wichtig ist und was es bedeutet, den Tag zu nutzen. 
INFOS: Zum fünften Mal lädt die Werbegemeinschaft Saarn am 1. Mai zum Lauf der Liebe durch die Saarner Ruhrauen. Diesmal kommt der Reinerlös des Benefizlaufes dem spendenfinanzierten Wünschewagen des Arbeitersamariterbundes (ASB) zugute. Für 15 Euro sind die Benefizläufer dabei. Zur Auswahl stehen Laufstrecken zwischen zweieinhalb- und zehn Kilometer. Für ein Rahmenprogramm ist gesorgt. Musikalisch mit von der Partie ist die Band Mondays on the Backporch. Außerdem werden Kunstwerke des Mülheimer Künstlers Peter Torsten Schulz zugunsten des spendenfinanzierten Wünschewagens versteigert. Wer am Lauf der Liebe teilnehmen möchte, kann sich bei der Werbegemeinschaft Saarn über deren Internetseite: www.meinsaarn.de: anmelden. Kontakt zum Wünschewagen kann man telefonisch unter der Rufnummer 0201-870010 oder per E-Mail an: wuenschewagen@asb-ruhr.info aufnehmen.

Dienstag, 12. April 2022

Wir Glücksspieler

 Es ist Frühling. Da sprießen nicht nur die Blätter und Blüten an den Bäumen. Da erreichen uns auch papierene Blätter mit farbenfroh und bebilderten Botschaften an unser politisches Bewusstsein. Plakativ am nächsten Laternenmast hängend oder als kompakter Handzettel im Briefkasten. Da lassen uns freundlich und vertrauenerweckend dreinschauende Damen und Herren aller politischen Couleur wissen, dass Sie nur unser Bestes wollen. Sie wollen dafür sorgen, dass wird das Morgen gewinnen, damit unsere Zukunft kein Zufall ist. Sie lassen uns wissen, dass sie aus Erfahrung gut sind, die Millionäre schröpfen wollen, um Kinderarmut zu bekämpfen und schlicht alles das machen werden, was zu tun ist. Wenn so viel Gutes uns wird beschert, ist das einen Gedanken wert. Wir fragen uns, was wir tun müssen, damit all diese guten plakativen Worte zu praktischen Taten werden. Wir müssen, so erfahren wir,  bei der Landtagswahl am 15. Mai auf unserem Stimmzettel nur das Kreuz an der richtigen Stelle machen.

Das ist zu schön, um wahr zu sein. Ein Kreuz an der richtigen Stelle, und schon wird uns das Kreuz mit allem Drangsal unseres irdischen Daseins genommen. Ein Wunder, denkt der Christenmensch  in uns. Wir müssen alle nur daran glauben. Doch dann erinnern wir uns an unseren Glauben, mit dem richtigen Kreuz auf unserem Lottoschein über Nacht zum finanziell sorgenfreien Millionär zu werden. Dass ist ein Wunder, dass den Meisten von uns bisher nicht zuteil geworden ist.

Das ist wohl ein Traum, der zu schön ist, um wahr zu sein. Und trotzdem versuchen wir  es immer wieder mit unserem Kreuz auf dem Wahl- und auf dem Lottoschein unser Leben zum Besseren zu wenden. Das wundert nicht. Denn die Hoffnung stirbt zuletzt.


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Montag, 11. April 2022

Demokratie ist schön, macht aber auch Arbeit

 Den Frühlingsempfang der Dümptener CDU nutzte CDU-Landtagskandidat, Stadtrat Heiko Hendriks, um sich im Haus Auf dem Bruch mit einer nachdenklichen Rede unter dem Vorzeichen der Corona-Pandemie und der Ukraine-Flüchtlings-Krise der interessierten Öffentlichkeit vorzustellen.

„Kann man in Zeiten, wie diesem überhaupt Wahlkampf machen“, fragte sich der Kommunalpolitiker und Unternehmensberater. Die rhetorische Frage beantwortete er sich selbst, in dem er betonte: „Man muss sogar Wahlkampf machen, um deutlich zu machen, dass der Angriffskrieg Putins auch ein Angriff auf die Demokratie sei.“

Die aktuelle Doppelkrise, so Hendriks, habe unsere Gesellschaft „in eine unangenehme Klammersituation“ gebracht, in der AFD und Linke sich mit ihrem Auftreten politisch disqualifiziert hätten. Umso mehr sei unsere Gesellschaft „auf einen fairen Ideenwettbewerb zwischen den demokratischen Parteien angewiesen“, um ihre aktuellen Herausforderungen bewältigen zu können.


Seine Partei empfahl der Christdemokrat „als eine verlässliche politische Kraft, die seit 2017 12.000 neue Polizeibeamte eingestellt und den Kampf gegen die organisierte Clan-Kriminalität verstärkt hat.“ Außerdem, so Hendriks, stehe die CDU für ein differenziertes und auf Wahlfreiheit beruhende Bildungssystem ein, „das der Tatsache Rechnung trägt, dass die Menschen gleichwertig, aber auch unterschiedlich sind.“


Die infolge des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine gewachsene Einsicht, dass unser Land langfristig von Gas- und Öllieferungen aus Russland unabhängig werden müsse, sieht Henriks auch als Antrieb für ein umweltverträglicheres Konsumverhalten und eine größere Akzeptanz für die konsequente Umsetzung der Energiewende, hin zu erneuerbaren Energiequellen, wie Windkraft und Photovoltaik.


Auch bei der Versorgung der Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine, von denen fast 700 inzwischen Mülheim erreicht haben, sieht der CDU-Landtagskandidat, der von 2012 bis 2017 bereits dem Landtag angehört hatte, die Notwendigkeit eines langen Atems und eines einfühlsamen Umgangs mit vom Krieg traumatisierten Menschen. Mit der Sozialdezernentin Dr. Daniela Grobe, die in ihrer Funktion als Vorsitzende des kommunalen Krisenstabes, die aktuellen Probleme und Bemühungen darstellte, die sich bei der Versorgung und Betreuung der Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine ergeben, war sich Hendriks einig: „Wir haben es hier mit Menschen aus allen Generationen und gesellschaftlichen Schichten zu tun, die sich im Moment weniger als Flüchtlinge, denn als Gäste bei uns sehen und die so schnell wie möglich in ihre Heimat zurückkehren möchten.“ Hendriks schloss seine Ausführungen mit dem Appell: „Nehmen Sie Ihr Wahlrecht wahr. Denn dass ist ein Privileg, um das uns viele Menschen in anderen Teilen der Welt beneiden.“


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Junge Schule

 Schülerinnen und Schüler machen Schule. Das nahm die Schülervertretung an der Willy-Brandt-Schule in Styrum an einem von ihr organisierten ...