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Pastor Constant Leke |
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Mülheim an der Ruhr ist
multikulturell. Hier leben Menschen aus mehr als 100 Nationen zusammen. Da
passt ein katholischer Pastor aus Kamerun ins Bild. Seit fast zwei Jahren
leitet Pastor Constant Leke nicht nur die Styrumer Gemeinde St. Mariae Rosenkranz,
sondern auch die englischsprachige kamerunische Gemeinde des Bistums, die ihre
Gottesdienste in der Styrumer Marienkirche feiert und die französischsprachige
Gemeinde, für die St. Gertrud in Essen zur Heimat geworden ist. Im Gespräch mit
dem Neuen Ruhrwort berichtet der 36-jährige Geistliche von seinen Erfahrungen
als Seelsorger in Deutschland.
??? Sie wurden vor zwei Jahren vom
Bischof ihrer Heimatdiözese Mamfe nach Mülheim geschickt, um hier in St. Mariae
Rosenkranz die Nachfolge Pastor Norbert Dudek anzutreten, der als Pfarrer nach
St. Marien in Schwelm wechseln musste. Obwohl sie vorher noch nie in
Deutschland waren und kein Wort Deutsch sprachen, beherrschen Sie, dank
intensiver Sprachkurse, inzwischen nicht nur die englische und französische,
sondern auch die deutsche Sprache. Wie gut fühlen Sie sich in Ihrer neuen
Gemeinde integriert?
!!! Ich fühle mich hier inzwischen
sehr wohl und habe keine Probleme mehr. Der Anfang war schwer und die
Integration in die Gemeinde ging zunächst nur sehr langsam Schritt für Schritt
voran. Doch je besser ich die für mich schwere deutsche Sprache sprechen und
verstehen kann, ist auch meine Integration in die Gemeinde gewachsen, weil ich
jetzt mit ihnen sprechen und sie verstehen kann.
??? Als Seelsorger arbeitet man vor
allem mit dem Wort. Fällt es Ihnen heute leicht in deutscher Sprache zu
predigen oder ein seelsorgerisches Gespräch zu führen?
!!! Mein Deutsch ist noch nicht
perfekt und ich arbeite jeden Tag daran, dass es noch besser wird. Ich kann
inzwischen deutsch predigen und auch meine Lesungen in deutscher Sprache
halten. Meine Predigten schreibe ich immer noch in englischer Sprache und
übersetze sie dann ins Deutsche. Das funktioniert ganz gut, vor allem dann,
wenn ich betont langsam spreche. Ich habe auch kein Problem mehr damit, Tauf,-
Trau- und Trauergespräche zu führen. Das Feed Back, das ich bekomme, zeigt mir,
dass die Leute mich auch dann verstehen, wenn mein Deutsch noch nicht perfekt
ist. Aber es gibt auch einige Gemeindemitglieder, die sich für ein Gespräch
über ihre speziellen persönlichen Anliegen einen deutschen Priester wünschen,
der natürlich besser deutsch spricht, als ich das kann.
??? Zu welchem Ergebnis kommen Sie,
wenn Sie ihre Erfahrungen als Seelsorger in Kamerun und Deutschland miteinander
vergleichen?
!!! Die Lebenswirklichkeit in
Kamerun ist eine ganz andere, als in Deutschland. Sie haben kein Problem mit
dem Glauben. Denn Afrika ist ein sehr glaubensstarker Kontinent. Die Menschen
in Kamerun haben aber ein Problem damit, dass viele von ihnen an die Existenz
des Teufels glauben und deshalb davon ausgehen, dass bei den schlechten Dingen,
die ihnen im Leben widerfahren, egal, ob sie krank sind oder nachts nicht
schlafen können, der Teufel sein Hand im Spiel gehabt hat. Dann kommen sie zum
Priester und bitten ihn, für sie zu beten. In Deutschland habe ich noch von
niemandem gehört, dass er an die Existenz des Teufels, der für ihre Probleme verantwortlich
sein könnte. In Deutschland sind die Menschen aber nicht sicher in ihrem
Glauben an Gott. Viele Menschen sagen mir in Gesprächen, dass sie nicht sicher
sind, ob Gott überhaupt existiert.
??? Woher kommen diese
Glaubenszweifel?
!!! Die Gesellschaft in Deutschland
ist sehr stark säkularisiert. Viele Kinder wachsen ohne Religion und Gottesdienste
auf. Sie sind von der Kirche getrennt oder gehen nur selten in die
Gottesdienste, so dass ihr Glaube von Anfang an nicht stark ist. Außerdem geht
es den Menschen in Deutschland, anders, als den Menschen in Kamerun materiell
sehr gut. Sie haben weniger materielle Probleme. Deshalb denken sie nicht so
viel an Gott. Das ist eine menschliche Erfahrung. Wer wohlhabend wird und keine
existenziellen Probleme hat, denkt und glaubt weniger an Gott. Dagegen können
Krankheit und Not Menschen zum Glauben an Gott bringen.
??? Aber auch in Deutschland haben
Menschen Probleme und nicht alle sind hier wohlhabend.
!!! Ja, natürlich. Aber sie glauben
nicht an Gott, sondern an Fachleute, die ihre Probleme lösen. In Deutschland
sind viele Menschen depressiv. Aber sie gehen mit ihren Problemen zu einem
Psychologen und nicht zu einem Priester. In Kamerun gehen die Menschen mit
solchen seelischen Problemen immer zuerst zu einem Priester.
??? Hat die Kirche in Deutschland
hier etwas falsch gemacht, wenn Menschen mit seelischen Problemen lieber zum
Psychologen, als zum Priester gehen?
!!! Ich denke, das Grundproblem ist
der fehlende Glaube an die Existenz Gottes. Denn auf diesem Glauben basiert
alles. Und erst dieser Glaube und das daraus wachsende Gottvertrauen, wird
Menschen in Lebenskrisen auch dazu bringen, den seelsorgerischen Rat eines
Priesters zu suchen und seine Hilfe anzunehmen.
??? Aber es gibt ja nicht nur die
Glaubenden und die Ungläubigen, sondern auch die Zweifelnden, die glauben
wollen.
!!! Ja, und die kann man nur
erreichen, wenn man auf sie zu geht und mit ihnen ganz konkret und offensiv mit
ihnen über die Grundlagen des christlichen Glaubens spricht und ihnen die
Hoffnung vermittelt, die uns als Christen im Leben trägt. Ich tue das, in dem
ich in Einzelgesprächen, aber auch in Familien und Gruppen über ihren und
meinen Glauben spreche. Aber, dass ist nicht immer leicht und braucht vor allem
viel Zeit. Man darf nicht glauben, dass ein oder zwei Gespräche ausreichen
würden, um Menschen vom Glauben an Jesus Christus zu überzeugen.
??? Warum tun sich die Menschen in
Ihrer Heimat Kamerun so viel leichter zu glauben?
!!! In Kamerun ist die Kirche noch
sehr jung und sehr stark. Viele Menschen leben in Dörfern und in starken
gewachsenen Traditionen. Es gibt kein Problem mit dem Respekt vor Eltern und
Priestern. Deshalb tun sich die Menschen leichter damit, zu glauben, was ihnen
Autoritätspersonen, wie ihre Eltern oder ihr Priester sagen. Ganz anders ist
das in dem stark technisierten und industrialisierten Deutschland. Hier glauben
die Menschen an die Wissenschaft und die Technik. Hier wird jeder und alles in
Frage gestellt.
??? Sind die materiell ärmeren
Menschen in Kamerun am Ende glücklicher, als die im Weltmaßstab vergleichsweise
reichen Deutschen?
!!! Ich glaube, dass die meisten
Menschen in Kamerun glücklicher sind, als in Deutschland, obwohl sie materiell
betrachtet wesentlich weniger haben. Das liegt daran, dass die meisten Menschen
in Kamerun innerhalb Dorfgemeinschaft leben, in der sie ihre Nachbar kennen und
leicht miteinander in Kontakt kommen. Es gibt christliche Nachbarschaftgruppen,
die sich einmal in der Woche treffen, um gemeinsam zu beten und in der Bibel zu
lesen. Der Unterschied besteht darin, dass die Menschen in Kamerun nicht so
viel arbeiten wie in Deutschland. Das Leben in Kamerun ist einfacher als in
Deutschland und die Menschen haben mehr Freizeit, um sich zu treffen und
gemeinsam etwas zu tun. In Deutschland sind viele Menschen sehr einsam. Es ist
aber auch schwer, mit Nachbarn in Kontakt zu kommen. In unseren
Gemeindegruppen, die sich auch nach den Gottesdiensten treffen, um zum Beispiel
gemeinsam zu frühstücken, sehe ich vor allem ältere Frauen, aber nur wenige
ältere Männer.
??? Was haben Sie als Priester und
Seelsorger aus Kamerun in Deutschland gelernt?
!!! Ich habe gelernt, dass die
Menschen hier keine langen Gottesdienste mögen, in denen nicht nur viel
gesungen, sondern auch getanzt wird, weil sie wenig Zeit dafür haben. Und ich
habe gelernt, das Priester hier keine unangefochtenen Autoritätspersonen sind
und deshalb stärker auf Menschen zugehen und nicht alleine bestimmen, sondern
mit ihnen zusammenarbeite müssen. Das hat auch Vorteile, weil es so weniger
Distanz zwischen dem Priester und seiner Gemeinde gibt und in der
Zusammenarbeit so etwas, wie ein Teamgeist entstehen kann.
Als Pastor
von St. Mariae-Rosenkranz hat Constant Leke untere anderem ein Gospelchor und
das Hilfswerk Mamfe Charity gegründet, das mit Blick auf Schulbildung und
Gesundheitsversorgung bedürftige Kinder und Jugendliche in seinem kamerunischen
Heimat-Bistum Mamfe unterstützt.
Auch der
Erlös seines Buches „Der Himmel auf Erden“, in dem Pastor Leke auf 56 Seiten
seine Erfahrungen in Deutschland beschreibt, kommt Mamfe Charity zugute. Sein Buch ist für 10 Euro bei Burglind Werres
(Rufnummer 0177/9276974 oder E-Mail: burglind_we@yahoo.com) zu
bestellen. Wer Mamfe Charity unterstützten möchte und Gospel mag, sollte am 18.
September um 19 Uhr das Konzert des Gospelchores IN HIS PRESENTS in der
Pfarrkirche St. Barbara (am Schildberg 84) in Mülheim-Dümpten besuchen. Weitere
Informationen im Internet unter www.barbarakirche.de oder
telefonisch im Pfarrbüro unter 0208/71313 sowie bei Burglind Werres.
Dieser Text erschien am 25. Juli 2015 im Neuen Ruhrwort