Was gibt es Demokratischeres als ein Bürgerfest? In Styrum heißt es Familienfest und das passt auch. Denn wie man jetzt sehen konnte, feierten viele Familien mit ihren Kindern mit. Nicht nur das Wetter, sondern auch der Ort des Geschehens, Schloss Styrum und sein Park waren märchenhaft. Programm und Preise stimmten, auch dort, wo es am Grillstand der Roten Funken um die Wurst ging.
Nicht nur dem Vorsitzenden des Bürgerbusvereins gefiel die Atmosphäre des Festes, das von Bürgern (aus mehr als 40 Organisationen und Institutionen) ehrenamtlich für Bürger gemacht war. "Man sieht hier, dass unser Stadtteil bunter wird. Aber das muss man annehmen und die Menschen, die neu zu uns gekommen sind, mit einnehmen, sagt Klaus-Dieter John. Sein Verein, in dem 21 Bürger jährlich 6000 Bürger von A nach B fahren, wo die Ruhrbahn nicht hinkommt, spricht ebenso wie das Familienfest im Schlosspark für den starken Styrumer Bürgersinn.
Aristokratie im Schloss Styrum. Das war gestern. Heute gehen hier Menschen, wie du und ich aus und ein, vor allem auch die, die sich trauen und deshalb, seit 2021 von MST-Mitarbeiterin Manuela Bellenbaum betreuten Schloss Styrum heiraten. Sich an seinem Hochzeitstag mal wie ein König und eine Königin fühlen. Wer möchte das nicht. Genau das haben auch Erich Heinsers Mutter Sigrid Rhoelen und ihr Ehemann Erich am 2. August 1954 erlebt, als sie ihre Hochzeit mit ihrer Familie auf Schloss Styrum und in seinem Park feiern konnten.
Erich Heinsers gleichnamiger Vater und seine Frau Sigrid waren zwar keine Aristokraten. Aber der damalige Hausherr des Schlosses, der letzte Generalbevollmächtigte des Industriellen Heinrich von Thyssen, Wilhelm Roelen, war schon so etwas, wie ein Wirtschaftsaristokrat. Nach seinem Tod am 22. Mai 1958 wurde deshalb auch seine Trauerfeier standesgemäß auf Schloss Styrum begangen. Da kam alles, was in Politik und Wirtschaft Rang und Namen hatte. Wilhelm Roelens Enkel Erich, der mit seiner Frau Birgit am Familienfesttag an einer Schlossführung mit Beate Fischer vom Geschichtsverein mit von der Partie war, lieferte mit einer Sonderausgabe der Bergbauzeitung "Der Kumpel" den bildreichen Beweis für die illustrere Trauergesellschaft, die sich im Mai 1958 auf Schloss Styrum einfand und dabei unter anderem die Trauerrede des Bundeswirtschaftsministers und späteren Bundespräsidenten Heinrich Lübke hörte.
"Damals war die ganze Moritzstraße mit Luxuslimousinen zugeparkt, die von den Styrumern eifrig fotografiert wurden", weiß Fotograf und Filmemacher Reiner Komers den Schlossgängern, um Fischer und Heinser zu berichten. Komers arbeitet in einem der sieben Styrumer Schlossateliers, die der Kulturbetrieb der Stadt seit der Landesgartenschau Müga 1992 Kunstschaffenden zur Verfügung stellt.
Damals wurde das Schloss Styrum, in dem 1960, auf Geheiß der Familie Thyssen Westdeutschlands erste Altentagesstätte eingerichtet worden war. Diesen Begegnungsort betreibt heute der Styrumer Nachbarschaftsverein, der auch einen Fahrdienst für Senioren anbietet.
Beim historischen Rundgang mit Beate Fischer vom Geschichtsverein erfährt man, dass Johann Schönnebeck, ein Landwirt aus Eppinghofen dass gräfliche Schloss, samt Park anno 1861 kaufte und für sein bodenständiges Gewerbe nutzte. Der letzte Graf Ernst Maria von Limburg-Styrum war schon 1809 verstorben. Seine Macht und die seiner Vorfahren war da schon verflossen. Denn mit dem Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation ging 1806 die Herrschaft der Grafen von Styrum zu Ende. Deren Geschichte, man staunt, lässt sich bis ins Jahr 1067 zurückverfolgen.
"Styrum war mit einer Grundfläche von 50 Hektar die kleinste reichsunmittelbare Herrschaft des Heiligen Römischen Reiches und es war zwischen 1550 und 1750, neben dem Zisterzienserinnenkloster Saarn, Mülheims einzige katholische Enklave", weiß Beate Fischer.
Wer im ansonsten evangelisch gewordenen Mülheim katholisch bleiben wollte, zog entweder zu den Grafen nach Styrum oder zu den Nonnen nach Saarn. Auch wer aus weniger frommen Gründen aus der Herrschaft Broich verschwinden wollte und musste, konnte bei den Grafen in Styrum Asyl finden.
Die Tatsache, dass der Styrumer Junggraf Moritz anno 1659 seinen Broicher Standesgenossen Carl Alexander im Suff und im Streit erschoss, zeigt, dass auch die guten alten Zeiten manchmal alles andere als gut waren. Aber das ist schon wieder eine ganz andere Geschichte.