Zugegeben, Mülheim an der Ruhr (168
000 Einwohner) ist
nicht im Maßstab 1:1 mit dem 42
000
Einwohner zählenden Monheim am Rhein zu vergleichen. Dennoch wirft der
Vergleich der Wahlergebnisse in den beiden Städten die Frage auf: Wie viel Monheim stect in Mülheim? Wie ist es
einem jungen Bürgermeister und seiner erst 1998 gegründeten Partei Peto
gelungen, in einer Stadt die einst von SPD und CDU abwechselnd mit absoluten
Mehrheiten regiert wurde, zwei Drittel der Ratsmandate zu gewinnen und bei der
Bürgermeisterwahl ein Ergebnis zu erreichen, das man sonst nur von den
staatlich gelenkten Kommunalwahlergebnissen in der DDR
kannte?
Monheims
gerade atemberaubend wiedergewählter Bürgermeister Daniel Zimmermann möchte
seiner Mülheimer OB-Kollegin Dagmar Mühlenfeld, die 2009 mit 43,1 Prozent der
Stimmen wiedergewählt wurde und im Bürgerbarometer der NRZ zuletzt eine
Zustimmung von 38 Prozent bekam, keine Ratschläge geben. Aber er lässt keinen
Zweifel daran, dass seine Partei Peto (lateinisch: Ich fordere) und er auch
deshalb so eindrucksvoll wiedergewählt worden sind, weil sie nicht nur
gefordert, sondern auch die Wünsche der Bürger erfüllt haben „Die Wähler wählen aber nicht in der Rückschau. Sie wählen
die, denen sie zutrauen, die Probleme der nächsten Jahre zu lösen." Zumindest
bei größeren Projekten, wie Umbauten in der Innenstadt, der Entwicklung eines
Inklusionskonzeptes oder der Erneuerung eines Stadtviertels setzen Zimmermann
und Peto auf frühzeitige Bürgerworkshops und Zukunftswerkstätten. „Wir sind
sehr fleißig und sehr präsent, immer nah dran am Bürger und immer in Gespräch
mit ihnen, weil wir von den Expertendiskussionen weggekommen sind, die bei den
Bürgern nicht ankommen“, beschreibt Zimmermann seinen
Politikansatz.
War es schwer für ihn, seinen pragmatischen
und ideologiefreien Politikstil gegen alte Parteiseilschaften in Rat und
Verwaltung durchzusetzen? „Eigentlich hat es uns geholfen,
dass wir zwischen allen politischen Lagern standen und ideologisch nicht
festzulegen waren“, erinnert sich Zimmermann. Auch von Lobbyisten, die bei ihm
auf der Matte standen, um ihre Anliegen durchzudrücken kann er „nichts
Spannendes berichten.“ Dass Peto und er mit ihrer pragmatischen Politik „auf
gar nicht so großen Widerstand“ stießen, hat aus seiner Sicht vor allem damit
zu tun, „dass wir im Rat nicht einfach alles wegstimmen, weil wir die Mehrheit
haben, sondern auch unterschiedliche Positionen zusammenführen, abgleichen und
aufgreifen. Natürlich gibt es in Monheim genauso
wie in Mülheim Amtsleiter mit Parteibuch und politischen Verbindungen. „Ich
habe einfach über alle Verwaltungshierarchien hinweg, Mitarbeiter eingeladen,
sich frühzeitig in Planungen einzubringen und deutlich gemacht, dass wir nur an
der Sache orientiert diskutieren. Und ich habe über alle Parteigrenzen hinweg
festgestellt, dass die Mitarbeiter froh sind, wenn sie sich auf einer solch
sachbezogenen Ebene einbringen können.“ Deshalb spürt der Bürgermeister heute
auch parteiübergreifend „gewachsene Loyalitäten“, weil alle Rathaus-Mitarbeiter
wissen, „dass mir ihre Parteizugehörigkeit gleichgültig ist, solange die
Leistung stimmt.“
Mit 23 ist der frisch gewählte SPD-Ratsherr
Rodion Bakum der jüngste Stadtverordnete im Mülheimer Rat, während er in der
Monheimer Peto-Fraktion nur knapp unter dem Altersdurchschnitt von 25 Jahren
läge.
Das Erfolgsgeheimnis der Monheimer
Peto-Politik sieht der Medizinstudent darin, „dass sie ideologisch nicht
festgelegt, sondern pragmatisch ist.“ Der junge Ratsherr, der gerade mit
Anwohnern der Charlottenstraße über das Problem eines verdreckten Spielplatzes
gesprochen hat, weiß, „dass die Leute nichts davon halten, wenn wir uns im
Rathaus die Köpfe heiß reden, sondern erwarten, dass wir die Probleme vor ihrer
Haustüre lösen.“ Wie Zimmermann glaubt Bakum, dass Kommunalpolitiker „vor allem
Interesse an Menschen und Neugier auf neue Entwicklungen
brauchen und nach vielen Jahren im
Politikbetrieb oft in der Gefahr sind, zu sagen: Das geht nicht. Das haben wir
immer schon so gemacht. Da kann ja jeder kommen.“
Und so sieht die Politik von Peto in Monheim aus:
Senkung der Gewerbesteuern und Ansiedlung neuer Firmen mit
Hilfe von Flächenrecycling. Dadurch konnten die Steuereinnahmen gesteigert und
neue Arbeitsplätze geschaffen werden. Monheim ist derzeit schuldenfrei und hat
die Gebühren für Kindertagesstätten und Offene Ganztagsgrunschulen abschaffen.
Aufbau einer Frühförderung für Kinder (Moki) und Einstellung
zusätzlicher Erzieherinnen.
Neubau der Musikschule und Umbau des Busbahnhofes, aber
Verzicht auf den Bau einer wirtschaftlich nicht zu betreibenden Stadthalle.
Erarbeitung eines Inklusionskonzeptes, das sich nicht nur
auf Schulen, sondern auch auf Senioren und Zuwanderer bezieht. Der
Seniorenbeirat wird durch einen Generationenausschuss ersetzt.
Umbau der Innenstadt: Neues Straßepflaster, Einrichtung
eines Kreisverkehrs, Bau eines kleinen Einkaufszentrums und AQufkauf
leerstehender Immobilien durch die Stadtentwicklungsgesellschaft und
kostendeckende Vermietung an Gastronomen.
Die Kommunalwahlergebnisse im Vergleich
Am 25. Mai 2014 gingen in Mülheim nur 50,35 Prozent der Wähler
zur Wahl, obwohl beim Bürgerbarometer 80 Prozent der Befragten die Absicht
geäußert hatten, zur Wahl gehen zu wollen. 31,5 Prozent stimmten für die SPD
(17 Sitze), 27,2 Prozent für die CDU (15 Sitze), 10,1 Prozent für die MBI (5
Sitze), 5,3 Prozent für die FDP (3 Sitze), 10,9 Prozent für die Grünen (6
Sitze), 5,2 Prozent für die AFD (3 Sitze), 4,1 Prozent für die Linke (2 Sitze),
1,7 Prozent für die Piraten (1 Sitz), 0,9 Prozent für das Bündnis für Bildung
(1 Sitz)
Bei der Bürgermeisterwahl in Monheim gingen 56,2 Prozent der
Wähler zur Wahl und bestätigten Bürgermeister Daniel Zimmermann mit 94,6
Prozent im Amt. Bei der Ratswahl in Monheim machten 56,3 Prozent der
Wahlberechtigten von ihrem Wahlrecht Gebrauch und stimmten zu 65,6 Prozent für
die Partei des Bürgermeisters Peto, die CDU erhielt 17,8 Prozent der Stimmen
und die SPD 8,9 Prozent. 4,3 Prozent der Wähler entschieden sich für die Grünen
und jeweils 1,6 Prozent für FDP und Linke. Das brachte Peto 26, der CDU 7, der
SPD 3, den Grünen 2 und FDP und Linken je einen Sitz.
Dieser Text erschien am 29. Mai 2014 in der Neuen Ruhr Zeitung