In einem Punkt geben die Fraktionschefs Dieter Wiechering
(SPD), Wolfgang Michels (CDU), Peter Beitz (FDP) Lothar Reinhard (MBI) und die
wirtschaftspolitische Sprecherin der Grünen, Brigitte Erd, dem Mann aus der
Wirtschaft recht. Mülheims Verkehrsinfrastruktur, vor allem Straßen und Brücken
sind dringend investions- und reparaturbedürftig. „Es hätte gar nicht so weit
kommen dürfen, dass wir jetzt an vielen Stellen bis auf die Felgen herunter
gekommen sind“, räumt Beitz ein. Und seine Ratskollegin von den Grünen
erweitert die Perspektive. „Bei der Verkehrsinfrastruktur dürfen wir nicht
alles auf die Straße bringen, sondern müssen darüber nachdenken, wo sich
Transporte und Verkehr, etwa im Hafen auf die Schiene und den Wasserweg
verlagern lassen.“ MBI-Mann Reinhard macht deutlich, dass die Verkehrsführung
und die Baustellen in der Innenstadt ausgesprochen wirtschaftspolitisch
kontraproduktiv seien.
Beim Thema Dialog mit der Wirtschaft räumt nur die grüne
Ratsfrau einen Nachholbedarf ein. Sie sagt aber auch: „Dafür braucht es aber
auch die Eigeninitiative der Wirtschaft. Wir laufen niemandem hinterher.“
Ebenso, wie die grüne Ratsfrau haben auch die Kollegen von FDP und MBI die
Erfahrung gemacht, dass die großen Unternehmen eher mit CDU und SPD oder direkt
mit der Oberbürgermeisterin als mit ihnen sprechen. „Wir müssen uns vor allem
um die kleineren und mittleren Unternehmen kümmern. Die Großen kümmern sich um
sich selbst“, betont Reinhard.
„Wir sind permanent mit der Wirtschaft im Dialog“,
unterstreicht dagegen CDU-Fraktionschef Michels. Wie der Christdemokrat,
berichtet auch Sozialdemokrat Wiechering von gesellschaftlichen Ereignissen,
Betriebsbesuchen oder Informationsgesprächen, bei denen der Kontakt mit der
Wirtschaft gepflegt und der kleine Dienstweg beschritten wird, wenn es zum
Beispiel vom Parkplatz über Bauvorhaben bis zum Kreisverkehr im Hafen um
planungsrechtliche Weichenstellungen geht.
„Bei der Wirtschaftsförderung sind wir mit Mülheim &
Business gut aufgestellt“, glaubt Wiechering. Er bedauert aber ebenso wie
Brigitte Erd, dass die Mülheimer Wirtschaft inzwischen nur noch nichtzahlender
Gesellschafter der Wirtschaftsförderung ist und die Stadt deren Kosten allein tragen
muss. „Die Wirtschaft sollte nicht nur fordern, sondern auch liefern“, findet
Erd. Während man in Mülheim darüber diskutiere, den Kaufhof mit Steuermitteln
umzubauen oder abzureißen, so Erd, hätten in Gelsenkirchen-Buer Unternehmer auf
eigene Kosten ein ehemaliges Kaufhaus mit neuem Leben gefüllt.
Wiechering und Michels sehen in Mülheim vor allem einen
Mangel an Freiflächen für Unternehmensansiedlungen, weisen in diesem
Zusammenhang unter anderem auf das Mannesmanngelände und den Flughafen hin.
Reinhard würde am liebsten das Fallwerk Jost verlagern und
damit eine neue Freifläche im Hafen schaffen, während Erd davor warnt „grüne
Freiflächen im Außenbereich platt zu machen“ und stattdessen einen Dialog über
mögliche Nutzungsalternativen für leerstehende Gewerbeimmobilien anregt.
Beitz, der bedauert, dass der Unternehmerverband in diesem
Jahr keine Podiumsdiskussion zur Kommunalwahl durchführt, ist sich mit Reinhard
einig, dass eine gute kommunale Wirtschaftspolitik auch darin bestehen muss,
das Ausufern großer Märkte zu stoppen, um den noch existierenden Einzelhandel
in den Ortszentren zu stützen. Von der Stadtverwaltung wünscht sich der liberale Kommunalpolitiker, der als Unternehmensberater auch selbst Mitglied des Unternehmerverbandes ist mehr Verständnis für die Belange kleiner und mittlerer Gewerbetreibender.
Dieser Text erschien am 23. Mai 2014 in der Neuen Ruhr Zeitung
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