Gegenwart ist die Fortsetzung der Geschichte. Im deutschen Fall ist es eine über weite Strecken eine tragische und dunkle Geschichte, die zum Beispiel anhand der NS- und der SED-Diktatur zeigt, wohin politischer Extremismus und der damit verbundene absolute Machtanspruch einer Partei und ihrer Ideologie führen kann. Bei einer Ausstellungseröffnung im Haus der Stadtgeschichte hat Dr. Axel Smend darauf hingewiesen, dass nicht nur eine Diktatur, sondern auch eine Demokratie "wiederständisches Denken und Handeln" braucht, wenn es darum geht ihren Kern, die Bewahrung der Menschenwürde, siehe Artikel 1 des Grundgesetzes, zu bewahren. Was der Jurist Axel Smend meint, ist der Unterschied zwischen Legalität und Legitimität.
Nur weil eine bestimmte Ideologie und ihr daraus resultierendes Handeln und Denken vielleicht gesellschaftsfähig und politisch mehrheitsfähig und am Ende sogar legal zur Rechtsnorm erhoben wird, muss sie noch lange nicht legitim sein. Auch wenn die NS- und die SED-Diktatur nicht 1:1 miteinander zu vergleichen sind, so haben sie doch gemein, dass sie den Widerstand von Menschen hervorgebracht haben, die gegen jeden Mainstream der Inneren Stimme ihres Gewissens gefolgt sind.
Zu diesen Menschen gehörte auch Axel Smends Vater Günther Smend. Er wurde als Generalstabsoffizier des Heeres zum Mitglied und Mitwissers des Militärischen Wiederstandes um den Grafen von Stauffenberg, dessen Leben aktuell im Haus der Stadtgeschichte dargestellt wird. Der 1912 geborene und zwischen 1924 und 1932 in Mülheim aufgewachsene Generalstabsoffizier, wurde nach dem gescheiterten Hitler-Attentat verhaftet, verurteilt und hingerichtet, weil er im Angesicht der NS-Verbrechen versucht hatte, seinen Vorgesetzten, den Generalstabschef Kurt von Zeitzler, für eine Unterstützung des Umsturzes zu gewinnen.
Noch zehn Jahre nach dem gescheiterten Attentat auf Adolf Hitler wurde Axel Smend 1954 von seinem Schuldirektor als "Sohn eines Verräters" bezeichnet. Tatsächlich haben Günther Smend und andere Menschen, die, wie zum Beispiel die von den Nationalsozialisten ermordeten Stadtverordneten Fritz Terres, Otto Gaudig und Wilhelm Müller mit ihrem vergeblichen, aber deshalb nicht weniger mutigen und ethisch richtigen Widerstand gegen die menschenverachtende NS-Ideologie ein bis heute wirksames Beispiel gegeben, an das die deutsche Nachkriegsgesellschaft zum Beispiel mit ihrem 1949 in Kraft getretenen Grundgesetz anknüpfen konnte, in dem stärkenden Bewusstsein, dass nicht alle Deutsche zwischen 1933 und 1945 Mitläufer, Gefolgsleute und Handlanger der NS-Diktatur und ihrer Verbrechen war.
Der ebenfalls zum Militärischen Widerstand gehörende Generalmajor Henning von Tresckow hat dies schon im Juli 1944 erkannt, als er in einem Brief an den Grafen von Stauffenberg schrieb:
"Das Attentat muss erfolgen. Koste es, was es wolle. Sollte es nicht gelingen, so muss trotzdem in Berlin gehandelt werden. Denn es kommt nicht mehr auf den praktischen Zweck an, sondern darauf, dass die deutsche Widerstandsbewegung vor der Welt und vor der Geschichte unter Einsatz des Lebens den entscheidenden Wurf gewagt hat. Alles andere ist daneben gleichgültig."
In seinem Sinne sagt Axel Smend heute zurecht, "dass wir dem 20. Juli 1944 ebenso positiv gedenken können, wie dem Volksaufstand in der DDR am 17. Juni 1953 oder dem Fall der Berliner Mauer am 9. November 1989."