Als der 2014 heiliggesprochene Konzilspapst Johannes XXIII. 1963 starb, war Michael Janßen drei Jahre alt. Und doch hat das Charisma des Angelo Giuseppe Roncalli, der als Papst das II. Vatikanum eröffnete und damit die Türen und Fenster der Katholischen Kirche öffnete, um frische Luft und reformbereite Aufbruchstimmung hineinzulassen so beeindruckt, dass es ihn zu seiner Berufswahl inspirierte. Als Janßen 20 Jahre nach dem Ende des II. Vatikanischen Konzils (1985) zum Priester geweiht wurde, gab es in Mülheim noch 16 Pfarrgemeinden und 15 Pfarrer. Heute betreuen Janßen und sein Amtsbruder Christian Böckmann noch drei Pfarrgemeinden. Doch Janßen, der seit 2004 Pfarrer von St. Mariae Geburt und seit 2008 Stadtdechant ist, macht sich keine Illusionen. Die Zukunft der Mülheimer Stadtkirche sieht er in einer Pfarrgemeinde, die auf dem Kirchenhügel verwaltet wird und deren Kirche nur einer von vielen "christlichen Orten" in der Stadt sein wird,
"Wir müssen als Christen mittendrin in der Stadt sein. Und wenn wir von unserer Frohen Botschaft überzeugt und begeistert sind, werden wir auch andere Menschen davon überzeugen und sie dafür begeistern", glaubt Janßen. Ist das nicht nur frommer Zweckoptimismus angesichts des demografischen und sozialen Wandels, der die Zahl der Mülheimer Katholiken in Janßens 40 Priesterjahren von mehr als 60.000 auf weniger als 40.000 hat schrumpfen lassen.
Angesichts seiner seelsorgerischen Gespräche, die er auch mit den Menschen führt, die aus der Katholischen Kirche ausgetreten sind, bleibt Janßen optimistisch. Auch in seinen Gesprächen mit jungen Menschen spürt er "eine große Sehnsucht nach Halt und Orientierung für ein sinnvolles Leben." Auch ausgetretene Katholiken bestätigen ihnen immer wieder, dass ihr Kirchenaustritt mit dem priesterlichen Missbrauchskomplex in der katholischen Kirche, aber nicht mit ihrem Glauben an die Frohe christliche Botschaft zu tun habe.
Anders, als während des II. Vatikanischen Konzils (1962-1965) sieht Janßen die katholische Kirche nicht im Frühling, sondern im Herbst, also in einer Übergangszeit, in der die Felder beackert und besät werden müssen, ohne dass man die Früchte seiner Arbeit sehen oder ernten könnte. Jesu Gleichnis vom Sämann lässt grüßen.
Zu beackern gibt es auch in der kleiner gewordenen Stadtkirche, daran lässt der inzwischen 65-jährige Janßen keinen Zweifel, auch weiterhin jede Menge. Die "priesterzentrierte Kirche", "die sich an Gebäude klammert, die sie sich nicht mehr leisten kann", sieht er an ihrem Ende. Die von der christlichen Ökumene und dem interreligiösen Dialog geprägten Gegenwart und Zukunft gehöre qualifizierten Laien im kirchlichen Haupt- und Ehrenamt und dem "überfälligen Diakonat der Frau." Auch "verheirateten Männern, die sich in Ehe und Familie bewährt haben", sollte man nach seiner Ansicht den Zugang zum katholischen Priesteramt ermöglichen.
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