Sonntag, 25. Mai 2025

Erinnernswert

 Radrennfahrer hatten bei mir bisher nicht den besten Ruf. Ich verband sie und ihren Sport vor allem mit Doping. Auch die sogenannten Radfahrer, die auf der Rennstrecke des Lebens nach oben buckeln und nach unten treten, taugen nicht als Vorbilder.

Ganz anders der dreifache Giro-di-Italia und zweifache Tour-de-France-Sieger Gino Bartali, den ich jetzt durch einen Deutschlandfunkbeitrag des Berliner Sportjournalisten Tom Mustroph kennengelernt habe. Er hat uns die menschlich großartige Geschichte des zwischen 1930 und 1953 aktiven Radrennfahrers, der 1914 geboren und 2000 verstorben ist.

Der Italiener aus der Toskana gewann während seiner Karriere mehr als 100 Rennen. Doch seinen menschlich größten Erfolg erfuhr sich Bartali in keinem Radrennen, sondern in den Kriegsjahren 1943/44 Kurier einer jüdisch-katholischen Untergrundbewegung um den florentinischen Bischof und Kardinal della Costa gefälschte Pässe transportierte, mit denen 800 verfolgte Juden auf dem faschistischen Italien vor der deutschen Wehrmacht fliehen konnten, die den Norden Italiens besetzt hatten, nachdem die Amerikaner auf Sizilien gelandet waren.

Weil er damals auch eine jüdische Familie versteckte und sie so vor dem Tod im Holocaust bewahrte, ernannte ihn die Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem postum 2013 zum "Gerechten unter den Völkern." Bartali lehnte zeitlebens jede Ehrung ab. Als gläubiger Christ wollte er seinen humanitären Einsatz nicht "wie einen Orden ans Revers heften", sondern in seiner Seele bewahren.

Seinen Spitznamen "der radelnde Mönch" spielte auf seine Religiosität an. Den er gehörte der Laiengemeinschaft des Karmeliterordens an. Nachdem sein jüngerer Bruder Guilio 1936 an den Folgen eines Radrennunfalls  gestorben war, zog sich Bartali zwischenzeitlich aus dem Radrennsport zurück und suchte in einem Karmeliter-Kloster Ruhe und Trost. Nur der Überzeugungskraft seiner damaligen Verlobten und späteren Ehefrau Adriana war es zu  verdanken, dass Gino Bartali seine Karriere als Radprofi  auch für das Andenken seines tödlich verunglückten Bruders Giulio fortsetzte. Und nachdem er nach dem Ende seiner Karriere 1953 eine Fahrradfabrik gründete stifte die ersten drei der von ihm hergestellten Räder stiftete er dem damaligen Papst Pius XII. für bedürftige Kinder und Jugendliche. Kein Wunder also, dass auch die italienische Musiklegende.  Tom Mustrophs DLF-Beitrag über Gino Bartali hören Sie hier Und Paolo Contes musikalische Hommage an Gino Bartali hören Sie hier

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