Donnerstag, 3. März 2022

"Wir müssen uns wieder aufraffen!"

 Am Rosenmontag, der keiner war, traf sich die Mülheimer Woche mit dem Präsidenten des Hauptausschusses Groß-Mülheimer Karneval, Markus Uferkamp, zu einem Gespräch über die Perspektive des Mülheimer Karnevals.


Es ist Rosenmontag und der Zug kommt nicht! Wie fühlt sich das an?
Uferkamp: Sehr traurig, zumal wir optimale Wetterbedingungen für einen schönen Zug gehabt hätten. Seit 1958 gibt es in Mülheim einen Rosenmontagszug. Er ist schon öfter ausgefallen. Zweimal wegen Sturm und einmal wegen des Irakkrieges. Jetzt ist er schon zweimal wegen Corona ausgefallen und jetzt kommt noch der Krieg in der Ukraine dazu.

Was bedeutet das für die Motivation der mehr als 1000aktiven Karnevalisten?
Uferkamp: Die Motivation ist das ganz große Problem. Nicht nur der Rosenmontagszug ist ausgefallen, auch die Trainings- und Wagenbaustunden. Das soziale Leben der Gesellschaften, einschließlich ihrer Sommerfeste hat nicht stattgefunden. Das ist wie mit einem Jungen, der im Fußballverein zwei Jahre auf der Reservebank sitzt.
Aber wir müssen und können uns jetzt wieder aufraffen und motivieren. Das wird auch klappen, sobald die Corona-Kontaktsperren wieder aufgehoben werden.

Am Karnevalsfreitag gab es mit einem Rosenmontagswagen und Kamelleregen an vier Mülheimer Grundschulen einen Probelauf.
Uferkamp: Wir konnten insgesamt 1500 Kindern eine Freude machen und sie für jeweils 45 Minuten ihre Angst vor Corona und Krieg vergessen lassen. Und die Resonanz war auch entsprechend positiv, so dass wir überlegen, am Karnevalsfreitag 2023 eine vergleichbare Aktion anbieten werden.

Der Kölner Rosenmontagszug fand als Friedensdemonstration statt. Eine gute Idee?
Uferkamp: Ja. Das war ein großartiges Zeichen, dass uns zeigt, wie flexibel der Karneval sein kann und wie er auch in diesen Zeiten sinnvoll gelebt werden kann. Daran sieht man, dass Köln eine Karnevalshochburg ist.

Nach Aschermittwoch ist vor dem 11.11.
Uferkamp: So ist es. Und deshalb werden wir jetzt auch recht schnell in die Planung der nächsten Session einsteigen. Bei einer Vorsitzenden-Konferenz und einer Klausurtagung werden wir die Weichen stellen. Die Rosenmontagswagen müssen neu- und umgebaut werden. Garden und Musikzüge treffen sich wieder zu ihren Übungsstunden. Wir werden Sommerfeste veranstalten und auch an anderen Mülheimer Außenveranstaltungen teilnehmen, um der Bürgerschaft zu zeigen: "Wir sind noch da. Und wir sind aktiv." Das am 11.11.2021 proklamierte Stadtprinzenpaar, Tamara und Kevin Bongartz, wird uns auch 2022/2023 als närrisches Regenten-Paar zur Verfügung stehen. Das Kinderprinzenpaar der Roten Funken, dass wir in dieser Session Corona-bedingt leider nicht proklamieren konnten, wird im Rosenmontagszug 2023 mit einem eigenen Wagen mitfahren, ebenso wie das dann neu proklamierte Kinderprinzenpaar aus der KG Aunes Ees. 

Karneval 2022/2023: Wer soll das bezahlen?
Uferkamp: Ich bin froh und dankbar, dass unsere Sponsoren uns die Treue gehalten haben. Nur beim Forum gab es durch den dortigen Umbruch Probleme. Aber ich bin zuversichtlich, dass wir auch dort wieder auftreten können, wenn sich die Situation im Forum wieder normalisiert hat und an die in frühere Zusammenarbeit anknüpfen können. Auch der 80-köpfige Förderkreis des Mülheimer Karnevals ist stabil. Sechs neue Kandidaten, die wir spätestens in der kommenden Session zu Ehrensenatoren ernennen wollen, stehen bereit. Leider unterstützt die Stadt das karnevalistische Brauchtum nicht so, wie wir uns das wünschen würden. Es gibt keine jährlichen Zuwendungen aus dem Kulturetat. Bisher blieb es bei einer einmaligen Coronahilfe in Höhe von 15.000 Euro.

Hat der Karneval auch einen sozialen Mehrwert?
Uferkamp: Karneval ist ein soziales Projekt, das Menschen aus unterschiedlichen Gruppen zusammenarbeiten lässt, die sonst nicht zusammenkommen würden. Das wird uns auch den Neustart erleichtern, wenn wir nicht zurück, sondern gemeinsam nach vorne schauen und anpacken. Unsere Jugendarbeit gibt Jugendlichen einen festen Halt in unserer Gesellschaft. Als Karnevalisten bringen wir die Lebensfreude dort hin, wo sie nicht alltäglich ist, zum Beispiel in Pflegeheime, Krankenhäuser und beschützende Einrichtungen für Menschen mit Behinderung.

Zur Person: Markus Uferkamp ist 51 Jahre alt. Der Stadtprinz der Session 2009/2010 führt den 1957 gegründeten Hauptausschuss Groß-Mülheimer Karneval seit 2017. Zuvor war der selbstständige Gerüstbauer dessen stellvertretender Vorsitzender und Senatspräsident.

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