Der Name ist Programm. Wer mit der U18 an der Haltestelle Heißen Kirche aussteigt, hat es nicht weit zu den beiden Kirchen des Stadtteils. Vom U-Bahnhof sind es nur wenige Schritte bis zur 1878 eingeweihten Evangelischen Kirche und zur katholischen Kirche St. Joseph.
Die katholische Gemeinde St. Joseph, die seit 2006 zur Stadtpfarrei St. Mariae Geburt gehört, hat heute mit einem Gemeindefest an der Honigsberger Straße den 125. Geburtstag ihrer Kirche.
Als das Gotteshaus 1897 eingeweiht wurde, gehörten 800 katholische Christen zur Gemeinde, die sich nicht von ungefähr unter das Patronat des Hl. Joseph stellte, dem Schutzheiligen der Arbeiter und Handwerker.
Damals wurde die seit 1878 eigenständige und erst 1910 eingemeindete Landbürgermeisterei Heißen noch von ihren Zechen Wiesche, Rosenblumendelle und Humboldt geprägt. Um 1900, auf dem Höhepunkt der Industrialisierung gab es in Mülheim 3000 Bergleute, die hier den Lebensunterhalt für ihre Familien verdienten. Viele waren in der Colonie Wiesche, der heutigen Siedlung Mausegatt/Kreftenscher zu Hause.
Auch wenn die Corona-Pandemie, der demographische Wandel und die Missbrauchsfälle in der katholischen Kirche auch das Gemeindeleben in St. Joseph gebeutelt haben, zeugen zum Beispiel ihre Frauengemeinschaft, ihr Offener Familienkreis, Pfadfinder, ihre Schulpatenschaft mit Kolumbien und ein Mittagstisch für Bedürftige von dem, was man früher einmal katholisches Milieu genannt hat.
Pfarrgemeinderat Johannes Kretschmann eine katholische Kirche, "deren Bischöfe kein Wasser predigen, selbst aber Wein trinken." Er wünscht sich aber auch differenziert denkende katholische Christen im Bistum Essen, die die liberale und reformbereite Grundhaltung des Ruhrbischofs Franz-Josef Overbeck anerkennen und nicht aus der Kirche austreten, weil sie die entgegengesetzte Haltung des Kölner Erzbischofs Rainer Maria Kardinal Woelki kritisieren.
Als glaubwürdige Impulsgeber für eine zukunftsfähige katholische Kirche, sieht Kretschmann nicht nur den Kölner Priester und Sozialarbeiter Franz Meurer, sondern auch den Priester, Arbeiterführer und Widerstandskämpfer, Dr. Otto Müller (1870-1944). Als Sohn eines Volksschullehrers in Heißen geboren und aufgewachsen, gehörte der Theologe und Sozialwissenschaftler als junger Priester zu den roten Ruhrkaplänen. Der Seelsorger, der seinen Kampf gegen Hitler mit seinem Leben bezahlen musste, hat St. Joseph in seinem Testament St. Joseph bedacht. Auch deshalb erinnert seit 1965 ein Kirchenfenster in St. Joseph an den Präses der westdeutschen katholischen Arbeiterbewegung.
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