Die Nachricht schlug mir beim Samstagseinkauf auf den Magen.
Der Metzger meines Vertrauens, der mich schon als Knirps mit der einen oder
anderen Gratis-Scheibe Fleischwurst versorgt hat, schließt sein Fleischerei
Fachgeschäft an der Leineweberstraße zum Ende des Monats. Zum Abschied gab es
am Samstag schon mal vorab ein Küchenmesser. Doch den Fleischwurstkranz, dessen
Pelle man mit diesem Messer aufschneiden kann, muss ich als Eingeborener der
Innenstadt ab August woanders einkaufen. Mit dem Fleischereifachgeschäft Pieper
schließt zum Monatsende die letzte Metzgerei in der Innenstadt. Damit ist so
manches Dorf lebensmitteltechnisch besser aufgestellt als die City der
Großstadt Mülheim. Hinter der Theke hört man von den freundlichen Fleisch
Fleischereifachverkäuferinnen, die immerhin schon neue Arbeitsplätze außerhalb
der Mülheimer Innenstadt gefunden haben, dass das Umfeld nicht mehr gestimmt
habe. Das Straßenpflaster vor der Tür, auf dem selbst Hunde nur noch ungern auf
ihr Herrchen und sein Mitbringsel aus der Metzgerei warten, spricht Bände
davon, dass es für die Innenstadt und ihre Bewohner schon länger um die Wurst
geht.
Wenn uns Innenstädter künftig die Fleischeslust überkommt,
müssen wir also in den nächsten Supermarkt, der auch nicht immer eine Fleischtheke
im Angebot hat. Dann heißt es entweder: „Raus aus der Innenstadt!“ oder: „Welche
Packung darfs denn sein?“ Wer alt und nicht mehr mobil ist, muss als armes
Würstchen zu Hause bleiben und darauf hoffe, dass ihm ein freundlicher Hans
Wurst ein gutes Stück Fleisch von seiner Einkaufstour mitbringt. Ein
Pflaumen-August könnte auf die Idee kommen: Machen wir doch aus der Not eine
Tugend und werden Vegetarier oder noch besser: Wir legen in der Innenstadt
Äcker und Beete und bauen unsere Lebensmittel künftig selber an. Da wird für
das eine oder andere Schwein oder Rindvieh auch noch ein Platz frei sein. Urban
Gardening und Ferien auf dem Bauernhof liegen ja voll im Trend und sind zudem
noch co-2-neutral. Alle reden von der Klimawende. Wir machen sie.
Dieser Text erschien am 22. Juli 2019 in der Neuen Ruhrzeitung
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