Donnerstag, 8. März 2018

Nicht jede Farbe macht schöner


Als die Mülheimer Christdemokratin Helga Wex als Nachrückerin für den verstorbenen Altkanzler Konrad Adenauer 1967 in den Bundestag einzog, würdigte das Nachrichtenmagazin Der Spiegel "die quirlige Dame aus Mülheim" als einen "weiblichen Farbtupfer" in dem vom "grauen Männer-Zwirn dominierten Parlament".

Doch auch die leider (1986) viel zu früh verstorbene Frau Wex, die mit ihren Ideen für eine partnerschaftliche und gleichberechtigte Gesellschaft, Farbe in die Politik brachte, würde sich sicher wundern, wenn sie heute so manche Geschlechtsgenossin durch die Straßen ihrer Wahlheimat gehen sähe.

Denn längst begnügen sich viele Damen und auch einige Herrn nicht mehr mit schwarz, rot, braun oder blond, wenn es darum geht Farbe in ihre Haare zu bringen. 

Violett, grün, gelb, rosa sind längst keine Seltenheit mehr. Jan Kiepura, der 1935 den Schlager "Ob blond, ob braun, ich liebe alle Frau'n" sang, würde angesichts heutiger Farbenkombinationen immer öfter die Höflichkeit des Sängers vorziehen und schweigen.


Ja. Ich höre schon die kritischen Einwürfe der Rot sehenden modebewussten Trendsetter. „Diese Kulturkritik an der Farbenfreude hat doch sicher eine graue Maus oder gar ein Schwarzseher verfasst.“

Ich muss zugeben. Auch bei der Haarpracht lässt sich über Geschmack streiten. Was der eine als Ausdruck individueller Orginalität in die Haare schmieren lässt. lässt dem anderen als Farbenschock die Haare zu Berge stehen.

Aber warum soll es auf dem Kopf so vieler Mitmenschen anders zugehen, als in unserer kleinen und großen Welt, in der es sicher nicht nur mir manchmal zu bunt wird. Immerhin macht die zuweilen haarsträubende Farbenpracht auf so manchem Kopf deutlich, dass wir nicht schwarz sehen müssen. Denn solange es Menschen gibt, die Geld übrig haben, um sich ihre schönen blonden, grauen. schwarzen, braunen oder roten Haare mit allem aufzumotzen, was die Farbpalette hergibt, kann die Armut in unserem Land noch nicht allzu fortgeschritten sein. Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie ihren Friseur oder ihren Psychiater.

Dieser Text erschien am 8. März 2018 in der Neuen Ruhr Zeitung

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