Frühling 1949. Im Parlamentarischen Rat zu Bonn wird das
Grundgesetz für die westdeutsche Bundesrepublik beraten und durch dessen
Präsidenten Konrad Adenauer am 23. Mai verkündet. „Soweit uns das Grundgesetz
größere Freiheit gibt, ist es uns geschenkt und nicht von uns selbst erkämpft“,
kommentiert die damals nur alle zwei Tage erscheinende NRZ. Doch ihr Mülheimer
Lokalteil nimmt andere Themen in den Blick. Da wird über die sich abzeichnenden
Bausünden beim Wiederaufbau der Stadt berichtet. Mülheims damaliger
Baudezernent Paul Essers klagt der NRZ sein Leid: „Das Stadtbild soll Herz und
Gemüt ansprechen. Doch beim raschen Wiederaufbau sind zu wenig Bau- und
Handwerkskunst und zu viel Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit am Werk. Die
Bauaufsicht steht den Bauherrn gerne mit Rat und Tat zur Seite. Aber die Leute
sind immer böse, wenn sie daran gehindert werden, Dummheiten zu begehen.“
Derweil fordert ein Dr. K. in einem Leserbrief an die
Lokalredaktion, dass die Mittel aus dem Notopfer für das durch die sowjetische
Blockade eingeschlossene West-Berlin in den Wohnungsbau investiert werden
müssten, sobald die Blockade beendet sein werde. Wie sich die Zeiten nicht
ändern. Die Diskussion über den Sinn des Solidaritätszuschlag für den Aufbau
Ost lässt grüßen.
Im Frühjahr 1949 machen sich die Mülheimer Hoffnungen, dass
im Uhlenhorst eine Filmproduktion angesiedelt werden könnte. Doch der Hauch von
Hollywood weht in Mülheim vorbei, weil sich keine internationalen Geldgeber
finden und das drei Jahre zuvor gegründete Land Nordrhein-Westfalen nicht
bereit ist, mit einer Anschubfinanzierung in die Bresche zu springen.
Über ein filmreifes Happyend berichtet dagegen ein
Zuwanderer aus dem rumänischen Siebenbürgen, der im Krieg ein Bein und seine
Eltern verloren, aber nach einer langen Odyssee in Mülheim eine neue Heimat und
bei den späteren Mannesmann-Röhrenwerken einen Arbeitsplatz und eine
Werkswohnung gefunden hat. „Jetzt schaue ich wieder mit Hoffnung in die
Zukunft. Denn ich lebe in Mülheim, in einer sauberen Stadt mit aufgeräumten Straßen“,
beschließt der Neu-Mülheimer seine Erfolgsgeschichte.
Dieser Text erschien in der Neuen Ruhrzeitung vom 9. April 2019
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