Samstag, 20. April 2019

Ansichten eines Clowns


Ein Freund überraschte mich jetzt mit der Einladung zu seinem rund Geburtstag. Die Einladung selbst überraschte mich nicht. Doch die Tatsache, dass das Geburtstagskind, das inzwischen auch zu den reiferen Menschenkindern gehört, seinen besonderen Ehrentag in einem Zirkuszelt und im Rahmen eines Mitmachzirkus feiern möchte überraschte mich dann doch.

Vielleicht wächst ja mit zunehmenden Alter die Sehnsucht nach der immer länger zurückliegenden Kindheit, in der man sich arglos für Zirkus begeistern konnte, weil man noch keine Ahnung davon hatte, welchen Zirkus man im Laufe seines Lebens noch erleben und welche Drahtseilakte man noch zu vollführen haben werde.

Jetzt sitze ich hier, ich armer Tropf und mach mir einen Kopf. Spontan neige ich ja eher zur Clownerie als zur Akrobatik. Denn ich habe noch die sorgenvollen Worte meines Sportlehrers im Kopf, der mir bei anspruchsvollen Leibesübungen riet: „Nimm dir Zeit und nicht das Leben!“

Zu Bruchlandungen und Verrenkungen fragen Sie meinen Arzt oder Apotheker. Da ist mir der Clown schon lieber, der sich und andere zum Lachen bringt, auch wenn ihm manchmal zum Weinen ist, weil er nicht erst seit Joachim Ringelnatz weiß, dass Humor der Knopf ist, der verhindert, dass uns der Kragen platzt. Genau diesen heilsamen Humor wünsche ich uns allen, damit wir im Angesicht so vieler lächerlicher, aber leider nicht humorvollen und unterhaltsamen Clowns und Akrobaten im kleinen und großen Zirkus der Weltgeschichte, dass Lachen und die Lebensfreude nicht verlernen. 

Dieser Text erschien am 20. April 2019 in der Neuen Ruhr Zeitung

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