Montag, 9. Dezember 2019

Sonntagserfahrung

Der Bezirksverband der Mülheimer Kolpinggeschwister brachte mich am gestrigen Sonntag ungewohnt früh in Fahrt. Als Innenstadtpflanze und Gemeindemitglied in St. Mariae Geburt bin ich sonntags Spätaufsteher. Dort wird Gott sei Dank erst um 11.30 Uhr Gottesdienst gefeiert. Doch diesmal zog es mich pressetechnisch und interessehalber nach St. Theresia vom Kinde Jesu in die Heimaterde. Denn dort feierte der Bezirksverband der Kolpingfamilien ab 9.45 Uhr mit Gottesdienst und Gedenkstunde seinen 60. Geburtstag. Also musste ich früher aufstehen und sputen, um U-Bahn und Bus rechtzeitig zu erreichen. Doch dem glücklichen Busfahrer, der die beiden anderen Fahrgäste und mich am Sonntagmorgen von Heißen-Mitte nach Heimaterde brachte, hatte es gar nicht eilig und ließ sich viel Zeit für ein Haltstellengespräch unter Kollegen. Doch plötzlich erkannte er mit einem Blick auf die Uhr: „O, schon drei Minuten über die Zeit“! Er entschuldigte sich mit einem so entwaffnenden Lächeln bei seinen Fahrgästen, dass sie ihm ob seiner selbst verursachten Verspätung nicht böse sein konnten und wollten. So kam ich gestern also verspätet zu meinem dienstlichen Gottesdienst. Doch ich sah ein einsehen, dass es für einen Christenmenschen im Angesicht der Sonntagsruhe und der Ewigkeit lächerlich wäre, sich über drei Minuten Verspätung aufzuregen. Und so habe ich gestern, dem Busfahrer der Ruhrbahn, dem lieben Gott und dem Gesellenvater Adolph Kolping sei Dank, eine wichtige Erfahrung in Sachen Gelassenheit machen dürfen. Sie ermahnt und ermutigt mich auch für den Alltag der heute beginnenden Woche, mir mit mehr Ruhe Zeit und nicht durch unnötige Hetze das Leben und die Freude daran zu nehmen. Machen Sie es doch auch so.

Dieser Text erschien am 9. Dezember 2019 in der NRZ

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