Gestern war Nikolaustag. Ich erinnere mich, dass ich als
Kindergartenkind, von Kindertagesstätten war damals noch keine Rede, einen
echten Kulturschock erlitt, als uns unsere Kindergärtnerin in ihrem
pädagogischen Eifer darüber aufklärte, dass Sankt Nikolaus schon lange tot sei.
Meine Mutter, die mich täglich um 12 Uhr in Empfang nehmen musste, weil der
Kindergarten damals pünktlich schloss und keine Rücksicht auf vielbeschäftigte
und berufstätige Mütter nahm, musste mich erst mal wieder seelisch aufbauen,
weil ich mir doch vom Nikolaus ein Telefon gewünscht hatte. Das Telefon, es war
noch kein Handy und kein Smartphone, sondern eines mit Drehscheibe und ohne
Anschluss oder Flatrate, stand am Nikolausmorgen dann doch vor unserer Haustür,
weil Sankt Nikolaus vielleicht nicht mehr unter den Lebenden weilt, aber legendär
genug ist, um bis heute Menschen mit seinem Vorbild zu inspirieren, die in
seinem Geiste handeln und Kinderherzen höherschlagen lassen. Als ich dann ein Jahr
später als Erstklässler meine strenge Klassenlehrerin aufklärte, dass der
Nikolaus schon lange tot sei, von dem sie behauptete, er werde uns am Nikolaustag
in seinen Sack stecken, wenn wir nicht artig seien, hatte meine Mutter die
Bescherung und musste bei Frau Knecht Ruprecht zum Rapport antreten, weil ihre Sohn
das (un)pädagogische Konzept und die Autorität seiner Klassenlehrerin untergraben
hatte. Damals lernte ich fürs Leben, dass man sich nicht immer beliebt macht,
wenn man die Wahrheit sagt, auch wenn man recht hat, aber deshalb noch lange
nicht recht bekommt.
Dieser Text erschien am 7. Dezember 2019 in der NRZ
Dieser Text erschien am 7. Dezember 2019 in der NRZ
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