Kinder sieht man im Ringlokschuppen Ruhr eher selten. Doch an diesem Wochenende begeisterte die französische Compagnie Defracto mit ihrer Jonglage- und Klangshow „Flaque“ ein generationsübergreifendes Publikum, das die Zuschauertribüne im Kulturzentrum zwischen Schloss Broich und Müga bis auf den letzten Platz füllte. Der mit Bravo-Rufen gewürzte Applaus der kleinen und großen Zuschauer, die sich vom „neuen Zirkus“ á la francaise über gut 60 kurzweilige Minuten in Bann schlagen ließen, war entsprechend spontan und ausgelassen.
Flaque, auf Deutsch Pfütze. Der Name der Show steht für die Selbstironie, mit der die großartigen und clownesken Kleinkünstler, Guillaume Martinet, Eric Longequel und David Maillard an ihr Jonglage- und Klangwerk gehen. „Die machen ja nur Quatsch“, ruft ein Kind in den Raum. Ja. Genau das machen Eric, Guillaume und David. Aber sie tun es auf eine einfach geniale Weise, der man sich als Betrachter der skurrilen Szenerie nicht entziehen kann und will.
Das Bühnenbild im Ringlokschuppen, eine mit weißem Klebeband eingerahmte und von Scheinwerfern beleuchtete schwarze Fläche, ist ebenso minimalistisch wie die Zutaten der Zirkusshow. Drei Männer, von denen sich einer, David, als Tontechniker zunächst nur im Hintergrund hält, werfen sich kleine weiße Gummibälle zu, jonglieren mit ihnen und laufen, fallen oder stolpern dabei durch die Tiefe des Bühnenraumes, der wie eine Mischung aus Sport- und Spielplatz anmutet. „Wir haben hier ideale Rahmenbedingungen für unsere expressive Jonglage-Choreografie“, wird Guillaume Martinet nach der Show sagen.
Die beiden Jongleure, Eric und Guillaume, tollen wie spielende Jungs über die Bühne. Zwischenzeitlich jagen und jonglieren sie sich auch einmal um die Zuschauertribüne herum. Ihr Bewegungen, das Stehen, Springen, Hinfallen, liegen bleiben, dass sich gegenseitig in die Arme greifen oder das sich gegenseitig ein Beinstellen, dass sich Festhalten und Verbiegen, wirkt zunächst wie zufällig, unbeholfen und ungewollt. Doch je länger die Show dauert, desto tollkühner werden ihre Bewegungen und ihre Jongliermanöver. Je länger man ihnen zuschaut, desto mehr erkennt man das ihre zufälligen Mätzchen eine hart erarbeitete und einstudierte Choreografie sind. Diese Choreografie wird durch die aus einem Lautsprecher eingespielten Beats flankiert, getaktet und strukturiert.
Auch wenn Tontechniker David zwischendurch Bälle auffängt, die die beiden Jongleure Eric und Guillaume übereifrig über den Bühnen- und Spielfeldrand geworfen haben , ist das natürlich auch Teil der Show, genauso wie der Hingucker, als Eric und Guillaume sich nicht mehr mit ihren kleinen weißen Gummibällen begnügen, sondern auch mit dem Notebook ihres Tontechnikers jonglieren. „Bitte, zuhause nicht nachmachen“, mahnt Eric nach dem letzten Applaus. Und Guillaume gibt zu: „Im Laufe unserer Show haben wir auch schon 15 bis 20 Mal unser Notebook gecrasht!“ Doch diesmal bleibt alles heil und der PC-Doktor muss nicht eingreifen.
Am Rande notiert
Zwei Stimmen aus dem Publikum: „Mir hat die Show gut gefallen. Die Künstler haben mit viel Komik ihre eigene Wirklichkeit auf die Bühne gezaubert. Man merkt, dass die Choreografie gut einstudiert ist und den Akteuren eine enorme Körperbeherrschung abverlangt“, sagt Monika Storp. „Das war Superklasse. Ich habe die Botschaft der Jonglage- und Klangshow so verstanden, dass es im Leben vor allem auf Freundschaft und Zusammenarbeit, aber auch um die Fähigkeit geht, hinzufallen und dann wieder aufzustehen und immer wieder weiterzumachen“, resümiert Angela Laczny. Die französische Compagnie Defracto tritt mit ihrer von Laure Caillat produzierten Show Flaque weltweit auf. Erreich- und buchbar ist sie per E-Mail an: defracto.cie@gmail.com. Zslot Káldy, der in der Produktionsleitung des 1994 eröffneten Ringlokschuppen Ruhr für das Tanzprogramm verantwortlich ist, lernte die Compagnie und ihre Show durch Mundpropaganda und Festivalauftritte kennen.
Dieser Text erschien am 15. Dezember 2019 in NRZ und WAZ
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