Ernst van Megern hat seine reichen Lebenserinnerungen
für seine Familie und die interessierte Nachwelt
aufgeschrieben.
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Doch dann kam mit dem deutschen Überfall auf Polen am 1. September 1939 der Krieg. „Viele Menschen wurden damals vom Krieg völlig überrascht“, erinnert sich van Megern. Ausgerechnet im besetzten Polen, unweit der deutsch-polnischen Grenze, gleich hinter Chemnitz, erlebte der damals Achtjährige auf dem Kotten einer Angestellten seiner Mutter seinen letzten unbeschwerten Kinderurlaub mit dem Streicheln diverser Tiere und Wanderungen.
Im Sommer 1943 flohen van Megern und seine Mutter aus dem von Bomben zerstörten Mülheim nach Baden-Baden. Dort besuchte Ernst die Schule und wurde Mitglied der Jungvolkes. Die der Hitler-Jugend vorgeschaltete Kinder-Organisation der NSDAP sorgte mit Geländespielen und Sport dafür, dass es dem Nachwuchs im Sommer nicht langweilig wurde. Gleichzeitig sollten van Megern und seine Klassenkameraden spielerisch an den militärischen Drill gewöhnt werden.
„Nach dem Krieg war von Urlaub keine Rede mehr. Wir hatten Hunger und waren mit dem Überleben beschäftigt“, erinnert sich van Megern an die Sommer seiner Jugend. Als Schüler des heutigen Otto-Pankok-Gymnasiums, das damals noch staatliches Gymnasium hieß, streunte er während der Sommerferien mit seinem besten Freund Hans Terkatz durch die Stadt. Wenn das Taschengeld reichte, gab es Eis und Swing-Musik im Eiscafé Agnoli an der Schloßstraße. Der schattige Witthausbusch, das Styrumer Freibad und der Ruhrschleusenkanal am Wasserkraftwerk Raffelberg sorgten für willkommene Abkühlung.
Mit Gerda an den Gardasee
In den Sommerferien 1956 und 1957 erlebte Ernst van Megern, der nach einer Kaufmannslehre bei der Friedrich-Wilhelms-Hütte an der Universität Köln Wirtschaftswissenschaften studierte, die ersten Sommerurlaube mit seiner Verlobten und späteren Frau Gerda. Mit dem Zug und mit dem Ford-Eifel des Vaters ging es in Richtung Süden, einmal an den Gardasee und später nach Baden-Baden. „Damals öffnete sich für uns die Tür zu einer neuen Welt“, sagt van Megern und strahlt. Unvergessen bleiben ihm die ersten Spaghetti und die erste Melone seines Lebens, aber auch die Tatsache, dass die italienischen Gastgeber, anders, als ihre Kollegen in Deutschland, kein Problem damit hatten, dem jungen Paar ein gemeinsames Zimmer zu vermieten. „In Deutschland galt damals noch der sogenannte Kuppeleiparagraf, der es Hoteliers bis 1973 verbot, ein Zimmer an unverheiratete Paare zu vermieten“, erinnert sich van Megern noch heute mit einem Kopfschütteln an die verklemmten 50er Jahre. Die Sexuelle Revolution ließ auf sich warten. Also keine Frühlingsgefühle in den Sommerferien mit der Liebsten? Nein. Denn wo ein Wille ist, war auch schon im Sommer 1957 ein Weg. Van Megern schlich sich abends heimlich in das Zimmer seiner Verlobten, mit der er ab 1960 (bis zu ihrem Tod) 51 glückliche Ehejahre erleben sollte. Am anderen Morgen schlich er sich ebenso heimlich in sein eigenes Zimmer zurück. Dort zerwühlte er dann seine Bettwäsche, damit das Zimmermädchen auch ja nicht auf die Idee käme, dass er nicht in seinem eigenen Zimmer übernachtet habe.Dieser Text erschien am 11. August 2018 in der NRZ
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