Prof. Dr. Jacob Joussen
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Als Leiter des neuen Institutes für kirchliches
Arbeitsrecht an der Ruhr-Universität Bochum bearbeitet Prof. Dr. Jacob Joussen
mit seinen Mitarbeitern ein Thema, von dem in Deutschland etwa zwei Millionen
Arbeitnehmer betroffen sind. Im Gespräch mit dem neuen Ruhrwort stellt er das
neue Institut vor.
??? Wie sind Sie zu Ihrer Aufgabe gekommen?
!!! Ich habe Theologie und Rechtswissenschaften studiert und
beschäftige mich bereits seit über zehn Jahren mit dem kirchlichen Arbeitsrecht
und habe dabei erkannt, wie wichtig die Forschung auf diesem Gebiet ist, weil
die christlichen Kirchen 1,5 bis 2 Millionen Menschen beschäftigen und damit,
nach dem Staat, der zweitgrößte Arbeitgeber in Deutschland sind.
??? Macht ein eigenes kirchliches Arbeitsrecht Sinn?
!!! Ich meine schon. Wie im öffentlichen Dienst und in
Wirtschaftsbranchen gibt es auch im kirchlichen Dienst Besonderheiten, die sich
im Arbeitsrecht niederschlagen müssen. Für die Kirche entscheidend ist die
Tatsache, dass sie ihre Arbeit aus ihrem christlichen Verkündigungsauftrag
heraus leistet.
??? In wieweit kann eine kirchliche Einrichtung von seinen Mitarbeitenden eine christliche Gesinnung und Lebenspraxis verlangen?
!!! Auch weltliche Arbeitgeber können von ihren
Arbeitnehmern Loyalität verlangen. Das Grundgesetz gibt den Kirchen hier mit
der in seinem Artikel 4 garantierten Religionsfreiheit einen noch etwas
größeren Freiraum, der auch von der jüngsten Rechtsprechung des Europäischen
Gerichtshofes im Kern nicht eingeschränkt worden ist. Das macht auch Sinn, weil
die Dinge sonst auseinanderlaufen würden, wenn kirchliche Dienste, wie zum
Beispiel die Caritas oder die Diakonie die aus ihrem christlichen
Verkündigungsauftrag resultierende Arbeit nicht mehr leisten könnten, wenn ihre
Mitarbeitenden diesen Verkündigungsauftrag nicht auch selbst bejahen und
mittragen würden.
??? Wie ist Ihr Institut personell und finanziell ausgestattet?
!!! Das Institut ist Teil meines vom Land NRW finanzierten
Lehrstuhls an der Ruhr-Universität Bochum, an dem zurzeit 12 Mitarbeiter tätig
sind, die sich natürlich nicht nur mit Arbeitsaufträgen rund um dieses Thema
beschäftigen. Darüber hinaus ist mir aber eine 51-Prozent-Stelle zugesagt
worden, die mit dem Arbeitsschwerpunkt kirchliches Arbeitsrecht befasst sein
wird.
??? Worin sehen Sie die Existenzberechtigung Ihres
Institutes???
!!! Darin, die Besonderheiten des kirchlichen Arbeitsrechtes
fundiert zu erklären, von dem in Deutschland 2 Millionen Menschen betroffen
sind. Wenn es in Deutschland derzeit 50 Lehrstühle zum Arbeitsrecht gibt, muss
es auch einen universitäres Institut geben, an dem man sich mit den besonderen
Bestimmungen des kirchlichen Arbeitsrechtes beschäftigt, um einem in unserer
Gesellschaft weit verbreiteten Unverständnis entgegenzuwirken. Diese Unkenntnis
äußert sich zum Beispiel in Presseanfragen an die Evangelische Kirche, warum
eine geschiedene und wieder verheiratete Erzieherin in einer katholischen
Kindertagesstätte ihren Arbeitsplatz aufgeben muss.
??? Was würden Sie empfehlen, wenn Sie mit einem Gutachten
zur Reform des kirchlichen Arbeitsrechtes beauftragt würden?
!!! Ich würde eine größere Stringenz und eine bessere Außendarstellung
der kirchlichen Arbeitsrechtspraxis empfehlen. Während die katholische Kirche
von ihren Mitarbeitenden nur eine grundsätzliche Zustimmung zu dem, was sie tut
und lehrt, einfordert, verlangt die evangelische Kirche eine
Kirchenmitgliedschaft, setzt sie in der Praxis aber nicht immer und überall
durch.
??? Was steht auf der aktuellen Agenda Ihres Institutes?
!!! Ich arbeite beratend am Transformationsprozess des
kirchlichen Tarifrechtes mit und bin Mitherausgeber der Fachzeitschrift für
Mitarbeitervertretung (ZMV). Anders, als die katholische Kirche, haben sich
viele evangelische Landeskirchen bereits auf den Weg gemacht, ihr Arbeitsrecht
in das allgemeine Tarifrecht zu überführen, während die katholische Kirche noch
am 3. Weg der christlichen Dienstgemeinschaft festhält, in der sie ihre
Tarifverträge nicht mit Gewerkschaften, sondern mit den kircheninternen
Mitarbeitervertretungen aushandelt. Außerdem planen wir mit
Kooperationspartnern eine Fachtagung zu den aktuellen Forschungsschwerpunkten
des kirchlichen Arbeitsrechtes, die Anfang 2019 stattfinden soll.
Zur Person: Der Rechtswissenschaftler Prof. Dr. Jacob
Joussen wurde 1971 in Duisburg geboren. An der Ruhr-Universität Bochum lehrt er
seit 2010 bürgerliches Recht sowie deutsches und europäisches Arbeits- und
Sozialrecht. Seit 2015 ist Joussen Ratsmitglied der Evangelischen Kirche in
Deutschland. Er hat unter anderem Bücher über das Arbeits- und Tarifrecht, über
das kirchliche Arbeitsrecht, über das Schuldrecht und über das Teilzeit- und
Befristungsgesetz geschrieben.
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