Dienstag, 20. August 2019

Ohne Worte

Gestern musste ich beim Blick in die NRZ einsehen: Ein Bild sagt mehr als 1.000 Worte. Im Mantelteil unserer Zeitung stachen mir geich 2 Fotos prominenter Politiker ins Auge . Auf der Seite „Politik & Meinung“ erblickte ich unseren Bundesfinanzminister Olaf Scholz, der, laut Überschrift, die SPD retten will. Doch sein nachdenkliches Gesicht und sein ungewisser Blick ins Nirgendwo strahlte so gar keinen Tatendrang und keine Aufbruchstimmung aus. 2 Seiten weiter stand unter der Rubrik „Tagesthema“ CDU-Chefin und Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer nicht minder nachdenklich und fragend dreinschauend im Wald bei ihren mit Gewehr im Anschlag posierenden Soldaten. Beim Betrachten beider Bilder fragte ich mich unwillkürlich, ob da zwei Hauptdarsteller im falschen Film vor der Kamera standen.


Der Gesichtsausdruck beider Spitzenpolitiker vermittelte mir mehr Fragen als Antworten, mehr Unsicherheit als Entschlossenheit. 
Natürlich sind die beiden Schnappschüsse aus dem politischen Tagesgeschäft zweier Minister nur eine Momentaufnahme. Und doch wurde mir bei ihrer Betrachtung als Staatsbürger etwas mulmig in der Magengrube, weil sie auf mich Den Eindruck von Unentschlossenheit und Ratlosigkeit machten. Auch wenn mir diese Gefühle in meiner ganz eigenen Alltagspolitik selbst nicht fremd sind, spüre ich sie bei den Menschen, die von Amts wegen über unser aller Schicksal mitentscheiden müssen, doch nur sehr ungern. Aber vielleicht sehe ich ja auch den Wald vor lauter Bäumen nicht. Vielleicht hat sich der Bundesfinanzminister während seines Fotoshootings ja auch nur gefragt: „Was hat meine Frau nochmal gesagt? Was sollte ich heute mitbringen?“ Und vielleicht hat seine Kabinettskollegin Annegret Kramp-Karrenbauer sich auch nur die Frage gestellt: „Habe ich eigentlich den Ofen ausgestellt, bevor ich das Haus verlassen habe?“ Wie dem auch sei. Den beiden Herrschaften mit dem fragenden Blick, bleibt in unser aller Interesse zu wünschen, dass sie die richtigen Antworten auf die Fragen finden, die die Nation bewegen, damit am Ende nicht für uns alle der Ofen aus ist und wir Schwarz oder Rot sehen müssen. 

Dieser Text erschien am 20. August 2019 in der NRZ

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