Wie kommt ein Steinmetzmeister aus Eppinghofen, der die
Mülheimer Bürgerinitiativen von 2004 bis 2014 als Sachkundiger Bürger im
Sozialausschuss vertrat, auf die Idee ein hohes Ho der Mülheimer
Kommunalpolitik zu schreiben? Ein Gespräch mit dem Buchautor und ehemaligen Sachkundigen Bürger der MBI Martin Mueller.
Frage: Wie sind Sie auf die Idee gekommen, ein biografisches
Handbuch der Mülheimer Kommunalpolitik in den vergangenen 70 Jahren zu
schreiben?
Antwort: Ich habe mich eigentlich schon früh für Politik
interessiert. So stieß ich unter anderem auf die biografischen Handbücher des
Deutschen Bundestages und des nordrhein-westfälischen Landtags. Die fand ich
spannend und dachte mir: So etwas müsste es doch auch für die Mülheimer
Kommunalpolitik geben und begann mit meinen Nachforschungen. Das war vor gut
fünf Jahren.
Frage: Was findet der kommunalpolitisch interessierte Leser
in Ihrem stadtparlamentarischen Handbuch?
Antwort: Es beginnt mit einer Darstellung der politischen
Parteien, die seit 1946 zur Kommunalwahl angetreten sind. Es folgt eine
Gegenüberstellung der verschiedenen Kommunalwahlergebnisse. Auch die Wahlergebnisse
der 1975 eingeführten Bezirksvertretungen und der seit 1999 angehaltenen
Oberbürgermeisterwahlen werden dargestellt. Mit Blick auf die erste
Kommunalwahl nach dem Krieg habe ich das Wahlverhalten der Mülheimer im März 1933
und im Oktober 1946 miteinander vergleichen. Dabei zeigte sich, dass die CDU
die Stimmen auf sich ziehen konnte, die vor 1933 auf die konservative Zentrumspartei
entfallen waren. Auch bei den Stimmenanteilen der Sozialdemokraten und der
liberalen Parteien der Weimarer Republik und der 1946 neugegründeten FDP
zeigten sich interessante Wählerwanderungen und Kontinuitäten. Das Buch
schließt mit einem Wer ist wer? der Mülheimer Kommunalpolitiker.
Frage: Konnten Sie zu jedem Stadtverordneten und zu jedem
Bezirksvertreter biografische Angaben finden?
Antwort: Das ist mir bei 580 von insgesamt 600 erfassten Mandatsträgern
gelungen.
Frage: Wo haben Sie die biografischen Daten zu den
Ratsmitgliedern gefunden?
Antwort: In der Lokalpresse, im Amtsblatt, in
Wahlwerbeinformationen, aber auch in stadtgeschichtlichen Darstellungen wie
etwa dem 1983 von dem Mülheimer Journalisten Franz Rolf Krapp herausgegebenen
Buch: „Mülheim nach 1945“!
Frage: Wie hat sich die Zusammensetzung des Stadtparlamentes
seit der ersten Kommunalwahl nach dem Kriege verändert?
Antwort: Bis zum Verbot der KPD in Westdeutschland (1956)
saßen neben Sozial- und Christdemokraten auch Freie Demokraten und Kommunisten
im Stadtparlament. Bei der ersten Kommunalwahl wurde die CDU zur stärksten
Partei. Zwischen 1948 und 1994 war dies die SPD. Die FDP in der es immer wieder
Spaltungstendenzen gab und die 1952 mit 20 Prozent der Stimmen ihr bisher
bestes Kommunalwahlergebnis erringen konnte, war bis zum Einzug der Grünen
(1984) die dritte Fraktion im Stadtrat. Und seit der Aufhebung der kommunalen
Fünf-Prozent-Hürde und dem Einzug der Mülheimer Bürgerinitiativen (1999) wird
der Stadtrat immer bunter. Das macht die Kommunalpolitik nicht leichter, aber
spannender und demokratischer. Die Zeiten des Durchregierens sind vorbei.
Frage: Was können Sie über die soziale Zusammensetzung des
Stadtparlaments und deren Entwicklung sagen?
Antwort: Man kann auf jeden Fall feststellen, dass der
Stadtrat in Sachen Frauenanteil immer schon minderbemittelt war. Das hat mit der
klassischen Rollenverteilung und nicht damit zu tun, dass Frauen weniger Lust
auf Kommunalpolitik hätten als Männer. Bei den Frauen im Stadtparlament handelt
es sich meistens um junge Frauen oder um ältere Frauen, deren Kinder aus dem
Haus sind. Auch der Anteil der Arbeiter und Betriebsräte im Stadtparlament ist
immer kleiner geworden, was auf den wirtschaftlichen und gesellschaftspolitischen
Strukturwandel zurückzuführen ist.
Wo gibt's das Buch
Martin Müllers Buch: 70 Jahre Kommunalwahlen in Mülheim an
der Ruhr – Ergebnisse und die gewählten Mandatsträger, ist im Tredition-Verlag
erschienen. Das 298-Seitige Buch ist für 14,50 Euro im Buchhandel erhältlich.
Der Druck des Buches wurde von der Bürgermeister-Schiemer- Stiftung gefördert.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen