"Ich habe eine soziale Ader", sagt Felix Hillmann über sich selbst. Seit einem Jahr gehört der 30-jährige Gesundheits- und Krankenpfleger, der zuvor in einer Klinik gearbeitet hat, zum Team der an der Brunshofstraße ansässigen Pflege Behmenburg.
Wenn Hillman nicht gerade an seinem Schreibtisch sitzt und die Datenbank mit den Pflegeprofilen der Kunden des ambulanten Pflegedienstes, aktualisiert, ist er in seinem kleinen Dienstwagen in Holthausen und Heißen unterwegs, um Menschen in ihrem Alltag zu helfen, die sich selbst, krankheits- und altersbedingt nur noch eingeschränkt helfen können."Wenn ich in der Frühschicht arbeite, beginnt mein Arbeitstag um 6 Uhr und dauert bis 12 oder 13 Uhr. Und wenn ich in der Spätschicht unterwegs bin, beginne ich meine Tour um 16 Uhr und beende sie um 21 oder 22 Uhr. Im Schnitt betreue ich pro Tour zwischen 20 und 30 Kunden", berichtet Hillmann.
Ohne Planung geht es nicht
Immer wieder freitags bekommen Hillmann und seine Kollegen ihre Tourenpläne für die kommende Woche und ziehen sich aus der Datenbank des Pflegedienstes die Profilbögen der Kunden, die sie besuchen und versorgen werden.
"Die meisten Kunden, die ich besuche, kenne ich mit der Zeit. Aber es kommen natürlich auch immer wieder neue Patienten hinzu. Dann ist das Navigationsgerät im Auto schon sehr hilfreich. Die Zeiten, in denen die älteren Kollegen noch mit dem Stadtplan auf Tour gingen, sind vorbei", erzählt Hillmann.
Weil er zu den dreijährig examinierten Gesundheits- und Krankenpflegern im Team gehört, kümmert sich Hillmann vor allem um die Kunden, die nicht nur gewaschen und angezogen oder mit einem Frühstück versorgt werden müssen, sondern einer medizinischen Behandlungspflege bedürfen. Das bedeutet: Hillmann reicht Medikamente, misst Blutdruck und Blutzucker. Er gibt Spritzen und zieht Stützstrümpfe an.
Fit für den Tag
Zu den Erfolgserlebnissen seines Arbeitsalltags zählt Hillmann die hochbetagten Menschen, die mit seiner Hilfe wieder so fit für den Tag werden, dass sie am Stock oder am Rollator nach seinem Besuch zu einer kleinen Runde um den Häuserblock aufbrechen. Wenn es seine Zeit zulässt, nimmt sich Hillmann auch Zeit, um sich die eine oder andere Lebensgeschichte anzuhören. Was insbesondere viele hochbetagte Menschen in ihrer Kindheit und Jugend erleben mussten, macht dem Nachgeborenen immer wieder deutlich, "wie privilegiert wir heute in Frieden und Freiheit leben können." Aber auch die Pflege "von Kunden, die erst in ihren Vierzigern oder Fünfzigern sind", machen den vitalen Früh-Dreißiger dankbar für seine eigene Vitalität.
Anders, als in seiner Krankenhauszeit hat es Hillmann bei den Patienten des ambulanten Pflegedienstes mit "Menschen zu tun, die sich in der Regel mit ihrem Handicap und mit ihrer Pflegebedürftigkeit bereits abgefunden und arrangiert haben." Außerdem musste Hillmann in der ambulanten Krankenpflege "lernen zu improvisieren und mich auf die unterschiedlichen häuslichen Bedingungen einzustellen." Denn verstellbare Pflegebeten, barrierefreie Badezimmer und rollstuhlgerechte breite Türen wie sie in Kliniken Standard sind, findet er bei weitem nicht in allen privaten Haushalten vor. Außerdem gibt es dort auch keine Materiallager, in denen etwa Verbandsmaterial, Spritzen, Pflaster oder Medikamente griffbereit liegen. Hillmann muss bei seinen Patientenbesuchen deshalb immer im Auge behalten, was demnächst beim Hausarzt neu verschrieben oder in der Apotheke besorgt werden muss.
Wenn seine Tagestour zu Ende geht, tankt er seinen Dienstwagen auf, damit dem nächsten Kollegen auf seiner Pflegetour Kraftstoff nicht ausgeht. Seinen eigenen Kraftstoff für einen oft auch belastenden Arbeitsalltag zieht Felix Hillmann aus Gesprächen mit Kollegen und Freunden, aber auch aus seiner Reiselust als Globetrotter.
Wenn man Hilfe braucht
Johanna und Horst de Vrese (88 und 92 Jahre alt) werden seit einem Jahr morgens und abends von Felix Hillmann betreut. Sie brauchen Hilfe bei der Körperpflege und beim An- und Auskleiden. Darüber hinaus nehmen sie den hauswirtschaftlichen Dienst der Behmenburgs in Anspruch. "Das war ein Lernprozess für uns. Wir haben ein halbes Jahr gebraucht, um uns daran zu gewöhnen, dass jetzt täglich fremde Menschen bei uns ein- und ausgehen und zu akzeptieren, dass wir auf Hilfe angewiesen sind", sagt der ehemalige Bergmann Horst de Vrese. Auch wenn zeitaufwendige Notfälle bei der Pflegetour schon mal dazu führen, dass sie länger als vereinbart auf die ambulanten Helfer warten müssen und auch nicht alle Kollegen gleich gesprächig und zugewandt sind, hat Johanna de Vrese viel Verständnis für die Herausforderungen des ambulanten Pflegealltages. "Es ist sehr schwer, sich auf immer wieder auf neue Menschen und ihre Probleme einstellen zu müssen und auch wir sind nicht jeden Tag gleich gut drauf. Die beiden hochbetagten Eheleute sind den ambulanten Pflegern dafür dankbar, dass sie mit ihrer Hilfe weiterhin zu Hause leben können.
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