Es gibt Menschen, denen muss man einfach dankbar sein. Denn
sie zeigen einem, dass man abenteuerliche Dinge erleben kann, die man nicht für
möglich gehalten hätte. So ein Mensch begegnete Mutter und mir gestern in Person
eines Taxifahrers, der uns nach dem Einsteigen und der Angabe unserer Zieladresse
mit der Frage überraschte: „Wie soll ich denn dahinfahren?“ Diese Frage
überraschte uns umso mehr , als der Taxifahrer sie im Angesicht seines Navigationsgerätes
stellte. Statt die Zieladresse in sein Navigationsgerät einzugeben, wollte er
uns eine Route schmackhaft machen, die uns durch die halbe Stadt geführt hätten.
Auch wenn ich Verständnis dafür habe, das längere Fahrten für Taxifahrer
lukrativer sind als kürzere und die Verkehrsführung in der Innenstadt legendär
ist, ging mir dieser Geschäftssinn doch etwas zu weit. Denn Start und Ziel der
Taxi Fahrt lagen in der Stadtmitte.
Gott sei Dank bin ich ortskundig und konnte
den gar nicht so gut orientierten Mann hinter dem Steuer durch die Straßen der
Innenstadt lotsen, so dass uns der Aufschlag für eine unfreiwillige Stadtrundfahrt
erspart blieb. Dafür, dass er meine Rollator-gestützte Mutter und mich vor
unserer Haustür auf der Schlossstraße absetzen sollte, hatte der unfreundliche
Taxifahrer kein Verständnis. „Den Strafzettel bezahlen Sie!“, ließ er mich
wissen. Ich willigte ein, um unseren Start nicht noch weiter hinauszuzögern. Auch
wenn ich dem Taxifahrer, der keine Werbung für seine Dienstleistung machte, schon
für sein unfreundlichen Ton und seine ignorante Inkompetenz gerne einen Strafzettel
ausgestellt hätte. Als Innenstadt-Bewohner sehe ich täglich immobile Menschen,
die selbstverständlich von ihren hoffentlich freundlicheren Taxifahrern vor der
Arztpraxis oder vor ihrer Haustür abgesetzt werden und nicht zu unnötigen und schmerzenden
Umwegen gezwungen werden. Immerhin konnten wir uns mehr schlecht als recht
darauf einigen, dass der überforderte Taxifahrer Mutter, mich und ihren
Rollator am Übergang zwischen Wallstraße und Kohlenkamp absetzte, so dass es
bis zur Haustür nur noch einige erträgliche Meter weit war. Dem Taxifahrer wünschten
wir gute Fahrt und gute Besserung. Und uns wünschten wir auf den letzten Metern
unseres Heimweges bei der nächsten Taxifahrt einen freundlicheren und kompetenteren
Taxifahrer wie wir ihn in Mülheim schon oft kennengelernt haben.
Dieser Text erschien in der Neuen Ruhrzeitung vom 3. August 2019
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