Samstag, 21. März 2020

Ganz schön bescheiden

Was würden Sie auf eine einsame Insel mitnehmen? Ich weiß: In Corona-Zeiten soll man sich jeden Urlaub sparen, damit man nicht auf Steuerzahlerkosten aus der Ferne in die Heimat zurückgeholt werden muss. Doch der Corona-Virus sorgt dafür, dass wir bald alle reif für die Insel sind. Und wer weiß? Vielleicht werden auch hierzulande demnächst Ausgangssperren verhängt. Schon jetzt sorgt die durch das Virus verursachte soziale Distanzierung dafür, dass wir uns immer mehr auf die Insel unserer eigenen vier Wände zurückziehen. Unter Leute gehen und Spaß haben. Es war einmal. Also, was nehmen wir mit auf unser heimisches St. Helena? Wie gestern zu lesen, hamstern wir Deutsche in der Corona-Krise Toilettenpapier und Desinfektionsmittel. Unsere französischen Nachbarn wissen dagegen das Leben auch in der größten Krise zu genießen und setzen mit Rotwein und Kondomen eindeutige Prioritäten. Tatsächlich ist es auch in Mülheim derzeit gar nicht so einfach so etwas profanes wie Klopapier zu kaufen. Offensichtlich gibt es Mitbürger, die schon morgens die Hosen voll haben und deshalb gleich nach der Marktöffnung massenhaft Klopapier kaufen. Wird man mit einer Packung Toilettenpapier angetroffen, wird man gleich gefragt: „Wo haben Sie die her?“ Dabei steht fest: Das Corona-Virus verursacht keine Durchfallerkrankung. Aber wir müssen in unserer bescheidenen Lage wohl doch langsam aufpassen, uns nicht mit einem mentalen Dünnpfiff zu infizieren. Es kann doch nicht das Ende vom Lied sein, dass das einstige Volk der Dichter und Denker Papier und Feder fallen lässt und das Klopapier zu seinem neuen Wertpapier macht, während alle anderen Aktien in den Keller rauschen. Ein bisschen mehr französische Lebensart würde uns Deutschen da sicher guttun. Liebe und Genuss stärken allemal mehr unsere Abwehrkräfte, als die Angst, die unsere Seelen frisst und etwas für den…Sie wissen schon, ist. Erinnern wir uns gerade in schweren Zeiten lieber an Martin Luther und seine Lebensweisheit, „dass aus einem verzagten Hintern kein fröhlicher Furz kommen kann.“ 

Dieser Text erschien am 19. März 2020 in der Neuen Ruhr Zeitung

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