Dieser Text erschien am 14. März 2020 in der NRZ
Samstag, 14. März 2020
Blick in den Rückspiegel
Schulnoten sind relativ. Das wurde mir jetzt klar, als der
Historiker Horst A. Wessel im Haus der Stadt-Geschichte über die in den 1920er
Jahren vollbrachte Erdumfahrung der Mülheimer Industriellentochter Clärenore Stinnes
berichtete. Bei seiner anekdotenreichen Reise durch die Zeit ließ Wessel seine Mitreisenden
unter anderem auch wissen, dass ausgerechnet die Frau, die mit ihrem Auto und
ihrem treuen und vielseitigen Gefährten Carl-Axel Söderström die halbe Welt bereiste,
als Luisenschülerin im Fach Erdkunde eine Fünf gehabt hatte. Man sieht: Auch
Lehrer sind Menschen und können sich irren, wenn sie versuchen, gleich eine ganz
Schulklasse junger Leute auf ihrem Lebensweg in die richtige Richtung zu lenken.
Also, liebe Schülerinnen und Schüler, die ihr am Montag in die Zwangsferien
geschickt werdet, lasst euch von keiner 5 auf dem Zeugnis, davon abhalten, an
euch zu glauben und immer wieder durchzustarten. Das Beispiel unserer flotten
Mülheimer Vorfahrin Clärenore Stinnes zeigt uns allen, die wir täglich durch
die Schule des Lebens gehen, dass man auch mit einer 5 in Erdkunde (oder in einem
anderen Fach) wie eine 1 in der Welt bestehen kann. Dafür muss man seinem
eignen inneren Kompass folgen und Copiloten an seiner Seite haben, die den
manchmal leeren Tank mit neuem Selbstvertrauen und neuer Kraft auftanken. Und
auch das schreibt uns das Beispiel der als Frau ihrer Zeit immer wieder
ausgebremsten Clärenore Stinnes ins lebenslange Hausaufgabenheft. Wenn unsere
Gesellschaft 1 und 1 nicht zusammenzählen kann und Menschen mit ihren
Potenzialen links liegen lässt, haben wir uns alle verrechnet. Dann verfahren wir
uns zwangsläufig in die nächste Sackgasse oder auf den nächsten Holzweg. Dabei hätten
wir doch alle zusammen das Zeug zur Siegerstraße und zur Überholspur des Lebens.
Wir müssten nur gemeinsam durchstarten. Dann kämen wir auch schneller an Ziel
und würden nicht so oft gegen die Wand fahren.
Dieser Text erschien am 14. März 2020 in der NRZ
Dieser Text erschien am 14. März 2020 in der NRZ
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