13. März 1920: Vor 100 Jahren versucht der deutschnationale
Politiker Wolfgang Kapp mithilfe der vom General Walther von Lüttwitz angeführten
Marinebrigade Ehrhardt die gewählte Regierung der Weimarer Republik weg zu putschen.
Auch in Mülheim kommt es daraufhin am 15. März zu einem Generalstreik. 2000
Arbeiter bewaffnen sich. Sie wollen den Umsturz stoppen. Doch auch nachdem die
Putschisten am 17. März aufgeben, geht der Kampf der Roten Ruhrarmee weiter. 600
Mülheimer Arbeiter schließen sich den Rotgardisten an. Am 20. März übernimmt
ein aus Kommunisten, Unabhängigen Sozialdemokraten und Sozialdemokraten
gebildeter Aktionsausschuss die Macht und ruft vom Rathausbalkon die
Räterepublik aus. Der Aktionsausschuss ruft Arbeiter aller Parteien und
Konfessionen dazu auf „für Sozialismus und freies Menschentum“ sowie „für das
Ende der Lohnknechtschaft zu kämpfen.“ Oberbürgermeister Paul Lembke wird
entmachtet und die Polizei entwaffnet. Der Stadtkämmerer muss den mit 760
Gewehren, 68 Karabinern, 2050 Handgranaten und 21 Maschinengewehren bewaffneten
Rotgardisten Wehrsold zahlen. An der Kaiserstraße kommt es zu Kämpfen zwischen
den in der Kaserne stationierten Soldaten des Freikorps Schulz, das aufseiten
Putschisten steht und mit der Reichswehr am 5. April die Räterepublik der Roten
Ruhrarmee blutig beenden wird.
Nachdem es zu gewalttätigen Übergriffen, Plünderungen und
vereinzelten Erschießungen gekommen ist, verlassen die Sozialdemokraten am 23.
März den Aktionsausschuss. Am gleichen Tag verhandeln Vertreter der Roten
Ruhrarmee in Bielefeld mit Vertretern der Reichsregierung ein
Waffenstillstandsabkommen. Die Regierung sagt den Räterepublikanern von der
Ruhr eine Amnestie für die Rotgardisten, eine Bestrafung der Kapp-Putschisten
und die Sozialisierung der dafür geeigneten Industriebetriebe zu. Doch die
Mülheimer Räterepublikaner fühlen sich an das Waffenstillstandsabkommen nicht
gebunden. Sie haben an den Verhandlungen nicht teilgenommen und wollen ihre
Waffen deshalb nicht niederlegen. So kommt es am 5. April zum Einmarsch der Reichswehr
und des zwischenzeitlich nach Wesel abgezogenen Freikorps Schulz. Das besteht
aus ehemaligen Soldaten des Mülheimer Infanterieregimentes 159. Tags darauf
verkündet die Mülheimer Zeitung: „Das Ende der Kommunistenherrschaft.“ Den materiellen
Schaden der März-Unruhen beziffert Oberbürgermeister Lembke in einem Bericht an
den Regierungspräsidenten auf insgesamt drei Millionen Reichsmark.
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